Rathaus Borsele in Heinkenszand

Gebäudehülle aus grünschwarz schimmernden Glasmosaikfliesen

Wie Phönix aus der Asche erstrahlt das Rathaus Borsele nach seinem Umbau in neuem Glanz. Das in den späten 1970er Jahren im niederländischen Heinkenszand errichtete Verwaltungsgebäude war nach jahrzehntelanger Nutzung dringend sanierungsbedürftig: Dach und Fassaden waren asbestverseucht und nicht mehr wasserdicht, die Haustechnik marode, der Energieverbrauch zu hoch und das Innenraumklima schlecht. Außerdem wünschte sich der Bauherr, die Gemeinde, eine flexiblere Raumaufteilung und eine Aufwertung des unansehnlichen Erscheinungsbildes des verschlissenen Hauses (Abb. 24) – und das bei einem Budget, das eine Veränderung an der Gebäudegeometrie nur begrenzt zuließ. Insgesamt also eine echte Herausforderung für die Architekten von Atelier Kempe Thill aus Rotterdam, die sie jedoch mit Bravour meisterten.

Die Gleichbehandlung aller geschlossenen Fassadenflächen hat zu einer Beruhigung des ehemals fragmentarischen Erscheinungsbild des Gebäudes geführt
De Stirnseiten der Gebäuderiegel wurden aufgebrochen und durch großzügige Glasfassaden ersetzt
Der Eingang ist als solcher jetzt auch zu erkennen

Das Gebäude besitzt eine Bruttogeschossfläche von 4.387 Quadratmetern, die sich auf zwei Etagen verteilen. Im Zentrum befindet sich die Eingangshalle, von der – einem Panopticon ähnlich – drei Büroriegel abgehen. Dach und Wände sind einheitlich mit grünschwarz schimmernden Glasmosaikfliesen verkleidet, deren Farbe sich auf die typischen, schwarzen Scheunen dieser Region bezieht. Durch die Gleichbehandlung aller geschlossenen Fassadenflächen ist es gelungen, das ehemals fragmentarische Erscheinungsbild des Gebäudes zu beruhigen und dem Rathaus einen insgesamt repräsentativen Charakter zu verleihen.

In die Fassaden eingelassen sind schmal gerahmte Senkklapp-Fenster mit Abmessungen von 1,80 x 1,60 Metern; Sonnenschutzverglasungen und Innenrollos sorgen für die notwendige Verschattung der Innenräume. Die Stirnseiten der Gebäuderiegel wurden aufgebrochen und durch großzügige Glasfassaden ersetzt. Sie bringen Licht ins Gebäude und verbinden die hier angeordneten Gemeinschaftsbüros visuell mit der Landschaft. Auch die Eingangshalle erhielt eine neue Glasfassade. Sie sorgt für eine verbesserte Erkennbarkeit des Rathauseingangs von der Hauptstraße aus.

Im Gebäudeinneren blieb die zweihüftig organisierte Bürostruktur mit einem mittig angeordneten Flur weitestgehend erhalten. Komplett umgestaltet dagegen wurde die zentrale Eingangshalle. Durch ihre Verkleinerung entstand Platz für einige neue Besprechungs- und Nebenräume sowie einen abschließbaren Empfangsbereich. Aus der vorhandenen Deckenöffnung zwischen den beiden Geschossen entwickelten die Architekten eine oktogonale Raumform. Den oberen Abschluss der Halle bildet eine Kuppel mit rundem Oberlicht, durch dessen transluzente Verglasung natürliches Tageslicht hereinfällt. Innenwände und Decken sind wie die Gebäudehülle mit Glasmosaikfliesen verkleidet. Hier allerdings wählten die Planer ein helles Grün, um möglichst viele Lichtreflexionen zu erzeugen.

Fliesen und Platten
Die Mosaikfliesen für Fassaden, Dach und Eingangshalle stammen aus China und wurden speziell für dieses Projekt hergestellt. Sie sind 20 x 20 Millimeter groß und bestehen aus Floatglas. Ihre grünschwarze bzw. hellgrüne Farbgebung erhielten sie im Glasemailleverfahren, wo eine keramische Farbschicht auf die Rückseite des Glases eingebrannt wird. Diese Schicht schmilzt innerhalb weniger Sekunden und geht eine feste Bindung mit der Glasmatrix ein.

Die hellgrünen Fliesen weisen eine glatte und damit glänzende Oberfläche auf. Die der dunklen Steinchen hingegen ist strukturiert, um zu starke Lichtreflexionen auf der Fassade zu verhindern. Zu Mosaiknetzen zusammengefügt, wurden sie auf die Unterkonstruktion der vorgehängten, hinterlüfteten Fassade geklebt (Abb. 23) und mit einem zementösen Fugenmörtel in Dunkelgrau verfugt. Die alten Backsteinwände blieben erhalten, verschwinden aber komplett hinter der neuen, gedämmten Gebäudehülle des Rathauses.

Bautafel

Architekten: Atelier Kempe Thill, Rotterdam
Projektbeteiligte: Breed, Den Haag und Grontmij Nederland, De Bilt (Tragwerksplanung); DGMR, Arnheim und Grontmij Nederland (Bauphysik); Bouwbedrijf Fraanje, s-Heer Arendskerke (Rohbau); Scheuten Glas, Venlo (Verglasungen); Keers, Mijdrecht (Vorhangfassade); Raab Karcher, Vriezenveen (Ausführung Glasmosaikfassade); Borgh, Almere (Wärmedämmung); Sto, Thiel (VHF-Fassadensystem); The Craft Kit, Aalsmeer (Glasmosaikfliesen)
Bauherr: Gemeinde Borsele, Heinkenszand
Fertigstellung: 2014
Standort: Stenevate 10, 4451 KB  Heinkenszand, Niederlande
Bildnachweis: Ulrich Schwarz, Berlin

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