Prototyp eines Gewölbetragwerkes in Zürich

Mit Ziegeln, frei geformt und bewehrungsfrei

Gewölbe sind gebogene Decken, bei denen alle auftretenden Kräfte als Drucklast in die Auflager abgeleitet werden. Die ersten Gewölbebauten entstanden bereits im 14. Jahrhundert vor Christus. Sie wurden in der Regel aus Natursteinen oder Ziegeln über einem Lehrgerüst gefertigt. Die Entwicklung der Technik geht bis ins 21. Jahrhundert.

Die Gewölbe sind nur druckbeansprucht
Zwei Lagen Flachziegel und schnellabbindener Mörtel
Das Gewölbe ist zweifach gekrümmt

Insbesondere die Katalonier entwickelten die Technik des Ziegelgewölbes weiter: Das katalanische Gewölbe. Es kann sehr komplexe Formen annehmen und wird in der Regel aus mehreren Lagen Flachziegel unter Verwendung von schnell härtendem Mörtel über leichten Lehrbögen angeordnet. Spannweiten von bis zu 50 m können so erreicht werden.

Die Block Research Group der ETH Zürich hat bei ihrem Prototyp eines Gewölbetragwerke aus Ziegelsteinen die katalanische Bautradition mit heutigen Entwurfstechnologien verknüpft. Die Form des Gewölbes wurde mit dem sogenannten TNA-Verfahren (Thrust Network Approach) bestimmt. Mit diesem Verfahren werden dreidimensionale komplexe, druckbeanspruchte Strukturen entwickelt. Über diese Methode, welche auf der grafischen Statik basiert, können expressive Formen intuitiv entworfen und kontrolliert manipuliert werden. Die so entstehenden Gewölbe sind rein druckbeansprucht und kommen ohne Bewehrung aus. Der Prototyp als temporäres Bauwerk entstand innerhalb von sechs Wochen auf dem Campus der ETH Zürich.

Mauerwerk
Für diese Konstruktion bildet eine Lehrform aus Holz und Karton die Basis für das Errichten des frei geformten Gewölbes. Darüber wurden mehrere Lagen Flachziegel – wie bei den traditionellen katalanischen Gewölben – mit einem schnell abbindenden Mörtel flach vermauert. Die Lagen sind etwas verdreht zueinander angeordnet, wobei sich die Fugen nur kreuzen, aber nicht aufeinanderliegen dürfen. Über die Berechnung der Druckkräfte konnte die Anzahl der Schichten und die genaue Ausrichtung der Ziegel bestimmt werden. So werden die Kräfte optimal abgeleitet. Sobald der Mauerwerksverbund komplett und der Mörtel ausgehärtet ist, kann die Lehrform entfernt werden.

Mit der Entwicklung des Prototyps konnten neue Erkenntnisse für den Bau großmaßstäblicher Freigewölbe gewonnen werden. Zudem ergeben sich für die Anwendung in Entwicklungsländern durch die digitale Formfindung in Zusammenhang mit lokalen Materialien neue einfach anwendbare Bautechniken.

Bautafel

Architekten: Block Research Group, ETH Zürich; Matthias Rippmann, Lara Davis und Philippe Block, Zürich
Projektbeteiligte: Lara Davis und Tom Pawlofsky, Zürich (Konstruktion); ZZ Wancor, Regensdorf und Rigips, Mägenwil (Sponsoren)
Fertigstellung: 2011
Standort: Wolfgang-Pauli-Straße 15, 8093 Zürich
Bildnachweis: Klemen Breitfuss und Block Research Group, Zürich

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