Propsteikirche St. Trinitatis in Leipzig

Erdsonden, Geothermie, Lüftung mit WRG, Photovoltaik und Regenwassernutzung

Nach 70 Jahren ist die katholische Propsteikirche St. Trinitatis wieder in die Innenstadt von Leipzig zurückgekehrt. Sie ist die mittlerweile dritte Kirche der Gemeinde. Der erste Bau wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, seine Ruine später mit Einverständnis der Kirche gesprengt. Anfang der 1980er Jahre entstand ein Ersatzneubau aus Stahl und Sichtbeton außerhalb des Stadtzentrums. Er gründete jedoch auf sumpfiges Gelände und wies schnell Baumängel auf. Dies war neben dem Zuwachs der Gemeinde nach der Wende ein weiterer Anlass für einen Neubau an zentraler Stelle – zwischen Neuem Rathaus im Norden und Wilhelm-Leuschner-Platz im Osten. Den dazu ausgelobten Wettbewerb gewannen Schulz und Schulz Architekten aus Leipzig mit dem Entwurf eines klar strukturierten Baukörpers, der sich gut ins städtische Umfeld einfügt und doch Präsenz zeigt.

Der Innenhof ist vom Ring her für Fußgänger zugänglich
Zwischen den beiden Hochpunkten Turm und Kirchenschiff soll der Pfarrhof ein zentraler Ort der Begegnung sein
Südfassade

Mit einer Gesamtnutzfläche von rund 2.600 Quadratmetern füllt die neue Propsteikirche das Grundstück in Form eines (gekappten) Dreiecks, dessen zwei lange Seiten gen Westen schmal zulaufen, gänzlich aus. Dort bildet der 50 Meter hohe Kirchturm die Spitze des Dreiecks und definiert mit dem doppelt so hohen Rathausturm auf der anderen Straßenseite eine Torsituation. Der eigentliche Kirchenbau mit Saal, Werktagskapelle und Sakristei grenzt östlich an den Peterssteinweg. An den Glockenturm schließt ein zweigeschossiger Baukörper an, der im Erdgeschoss das Gemeindezentrum und die Verwaltung, im Obergeschoss Wohnungen für Priester aufnimmt. Mit dem deutlich höheren Kirchenbau ist er über zwei brückenartige Baukörper verbunden, die einen gemeinsamen Hof seitlich fassen. Von diesem beidseitig passierbaren Innenhof aus gelangen die Besucher durch einen verglasten Eingangsbereich in den gut 14 Meter hohen und hellen Kirchensaal. Dort führt ein großes Dachfenster in 22 Meter Höhe indirektes Tageslicht auf die Rückwand des Altars, und leitet so die Blicke dorthin. 670 Menschen finden in der Kirche Platz.

Das Gebäude kragt an der Nordseite auf einer Länge von 22 Metern um 6,30 Meter über den Gehweg hinaus. In diesem Gebäudeteil befindet sich die Empore mit Orgel und Chor. Unter dem Überstand ist auf voller Länge ein 3,00 Meter hohes Fensterband angeordnet, das der Leipziger Künstler Falk Haberkorn gestaltet hat. Je nach Lichteinfall zeigt es Worte aus dem Alten oder Neuen Testament. Ein weiterer Künstler, Jorge Pardo aus Los Angeles, hat die liturgischen Orte im Inneren der Kirche entworfen. Dazu gehören Altar, Altarraumkreuz, Taufstein, Ambo (Lesepult), Tabernakel (Brotaufbewahrung) und die Sedilien (Sitze für Priester, Diakone und Ministranten).

Die Außenwände der Propsteikirche sind mit einer massiven Natursteinfassade aus Rochlitzer Porphyr in horizontaler Schichtung verkleidet. Mehr als 1.000 Tonnen davon wurden an der rund 5.000 Quadratmeter großen Fassadenfläche verbaut. Der hellrote Vulkanstein hat in Leipzig Tradition: Man findet ihn unter anderem am Alten Rathaus am Markt, am Grassimuseum oder an der Thomaskirche. Die Tragstruktur des Gebäudes besteht aus Stahlbeton. Zwischen diesem und der Porphyrfassade liegt eine 20 Zentimeter starke Dämmung aus Schaumglas.

Energiekonzept
Der Neubau gilt als besonders nachhaltig. Alle Bauteile sind deutlich stärker gedämmt, als die gesetzlichen Mindestanforderungen verlangen; teilweise sind mehrschalige Kastenfenster eingebaut. Den Heizwärmebedarf decken vorrangig erneuerbare Energien. Eine Sole/Wasser-Wärmepumpe übernimmt den größten Teil des Wärme- und Kühlbedarfs. Sie wird über 18 Erdsonden in einer Tiefe von 140 Metern und eine mitgenutzte Testsonde in 100 Meter Tiefe mit Wärme bzw. Kühle aus dem Erdreich versorgt. Die Wärme verteilt sich im Gebäude mit geringer Vorlauftemperatur über eine Fußbodenheizung. Darüber hinaus kann eine ergänzende Luftheizung den hohen Kirchenraum schnell aufwärmen. Bei Bedarf stellt eine maschinelle Lüftung mit Wärmerückgewinnung den hygienisch erforderlichen Mindestluftwechsel im Gebäude sicher.

Zwei Photovoltaikanlagen erzeugen 40% des benötigten Stroms; fallen Überschüsse an, werden sie ins Stromnetz gespeist. Eine der beiden PV-Anlagen befindet sich an der Südseite des Kirchturms. Ihre 144 Quadratmeter große Modulfläche ist wie eine Intarsienarbeit in die Porphyrfassade eingelassen. Außerdem sind auf dem Kirchendach auf einer Fläche von 333 Quadratmetern insgesamt 208 PV-Module aufgeständert, die von der Straße aus nicht sichtbar sind. Die gesamte Solarstrom-Anlage besitzt eine Nennleistung von 54 kW. Der erzeugte Strom entspricht dem statistischen Bedarf von 20 Musterhaushalten.

Ein eigener Betriebswasser-Kreislauf verringert den Trinkwasserverbrauch der Kirche. Für die WC-Spülung und die Außenbewässerung wird durchgängig Regenwasser genutzt. Eine Betonzisterne im Pfarrhof dient als zentrales Sammel- und Wasserrückhaltebecken. Ein zweiter, 28 Kubikmeteter fassender Speicherbehälter befindet sich im Kirchturm. Von ihm aus befördern solar betriebene Pumpen das Wasser zur Hofzisterne. Nur im Ausnahmefall, etwa bei großer Trockenheit, wird zusätzlich Frischwasser eingespeist.

Bautafel

Architekten: Schulz und Schulz Architekten, Leipzig
Projektbeteiligte: Seeberger Friedl Planungsgesellschaft, München und Büro für Baustatik Benno, Dominik und Mathias Förtsch, Leipzig (Tragwerksplanung); Prof. Michael Lange Ingenieurgesellschaft, Berlin und ee concept, Darmstadt (Bauphysik/Nachhaltigkeit); Peter Andres Beratende Ingenieure für Lichtplanung, Hamburg (Lichtplanung); Müller-BBM, Dresden (Akustik); Brandschutz Consult, Leipzig (Brandschutz); r+b Landschaftsarchitektur, Dresden (Freianlagen); MLT, Leipzig (HLS-Planung); Geoenergie Konzept, Leipzig (Erdwärmeanlage); Sunstrom, Dresden (Photovoltaikanlage)
Bauherr: Katholische Propsteipfarrei St. Trinitatis, Leipzig
Fertigstellung: 2015
Standort: Nonnenmühlgasse 2, 04107 Leipzig
Bildnachweis: Stefan Müller, Berlin und Claudia Hilgers, Altenbach

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