Poppiger Pavillon in Berlin-Neukölln

Gefilterte Strahlen

Die Lage des Hotels Estrel in Berlin-Neukölln lässt sich mit „sehr verkehrsgünstig" beschreiben: Die nächste Auffahrt zur Autobahn A100 liegt um die Ecke, ebenso die Schienen der enggetakteten Stadtbahn und unmittelbar nebenan fließt der Neuköllner Schifffahrtskanal. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb gilt das Bettenhaus neben der Messe als wichtigster Kongress- und Eventbetrieb Berlins. Der jetzt schon zu den größten Hotels Europas zählende Komplex soll bis 2024 noch erweitert werden. Dann eröffnet der von Barkow Leibinger geplante neue Turm des Estrel, der Aussicht hat, bei Fertigstellung das höchste Gebäude Berlins und höchstes Hotel Deutschlands zu sein. Die jüngste Zutat der stetig wachsenden Anlage ist weitaus bescheidender, jedoch nicht minder auffällig: Auf einer Plattform zwischen dem Hotelgebäude und dem angrenzenden Kanal hat der Künstler und Designer Yinka Ilori die Intervention Filtered Rays errichtet. Der farbenprächtige Pavillon ist öffentlich zugänglich und soll Berlin dauerhaft erhalten bleiben.

Auf einer Plattform zwischen dem Hotel Estrel und dem angrenzenden Schifffahrtskanal leuchtet der farbenprächtige Pavillon.
Den Pavillon schuf der Künstler Ilori im Auftrag des Hotels.
Das für Kunstsinn bekannte Eignerehepaar des Estrels war während eines Pandemie-Lockdowns auf den britisch-nigerianischen Designer aufmerksam geworden.

Wiederverwendete Stützelemente aus dem Gerüstbau und transluzente Scheiben aus PVC

Bei dem bunten Baldachin handelt es sich um die erste permanente Struktur Iloris in Berlin. Er ist bekannt für seine knallbunte Farbpalette, wie etwa im Londoner Stadtteil Dulwich, die den von ihm entworfenen Gebrauchsgegenständen, Möbelstücken, Pavillons und Kunstobjekten gleichermaßen einen hohen Wiedererkennungswert bescheren. Der Berliner Pavillon besteht aus wiederverwendeten Stützelementen aus dem Gerüstbau und transluzenten Scheiben aus PVC. Letztere erinnern aufgrund ihrer konischen Form an Teller. Sie sind paarweise kombiniert zu Säulen geschichtet, die an Keramikisolierungen bei Hochspannungsleitungen erinnern. Sie schließen die Baldachinkonstruktion einzeln auch nach außen ab, sodass ein durchlässiger Schirm entsteht, der vor Sonnenstrahlen schützt und bunten Schatten erzeugt.


Mit der Installation will Ilori ausloten, wie das Zusammenspiel aus Architektur, Material und Farbe neue Perspektiven eröffnen kann. Durch ihre Vielfarbigkeit in Rot-, Bordeaux-, Gelb-, und Grüntönen filtern die transluzenten Scheiben das Sonnenlicht und erzeugen unter dem Baldachin eine besondere Lichtstimmung und veränderte Wahrnehmung der Außenwelt.

Lebensfroher Kontrapunkt

Ein Geheimtipp für Kunstsinnige ist das Hotel Estrel längst: Zahlreiche Kunstwerke namhafter deutscher und internationaler Kunstschaffender verteilen sich in Lobby und der Hotelanlage. Darunter Werke von Lynn Chadwick, Claudia Comte, Tony Cragg, Peter Halley, Rashid Johnson, William Kentridge, Jonathan Meese, Anselm Reyle und Erwin Wurm. Die Zusammenarbeit mit Ilori initiiert hat das Eignerehepaar Sigrid und Ekkehard Streletzki. Beim Surfen im Internet soll Letzterer während des Pandemie-Lockdowns auf den Designer aufmerksam geworden sein. Die Idee zur Zusammenarbeit soll demnach auch auf dem Wunsch fußen, der Pandemie und anderen Krisen einen lebensfrohen Kontrapunkt entgegenzusetzen. Aus diesem Grund soll der Pavillon durchgehend für die Öffentlichkeit frei zugänglich sein.

Im Juli, August und September veranstaltet das Hotel Yoga-, Meditations-, Tanz- und Kunstworkshops: eine gute Gelegenheit, um die Arbeit Iloris aus der Nähe zu betrachten. -sr

Bautafel

Architektur: Yinka Ilori, London
Bauherr/in: Estrel Hotel, Berlin
Fertigstellung: 2022
Standort: Ziegrastraße 38, 12057 Berlin
Bildnachweis: Linus Muellerschoen

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