Polak Building in Rotterdam

Heizen und Kühlen mit Grundwasser, Klimalamellen und PV-Module

Umdenken steht bei der niederländischen Erasmus-Universität auf dem Programm. Neben der wissenschaftlichen Forschung und Ausbildung will die Rotterdamer Uni auch zum Umweltschutz beitragen. Ihr Ziel ist es, Energie zu sparen und den CO₂-Ausstoß bis 2025 um die Hälfte zu verringern, um langfristig eine gänzliche Klimaneutralität zu erreichen. Dazu wird das unweit einer Flussbiegung der Neuen Maas gelegene Campusareal begrünt und neue Gebäude nach energieeffizienten Gesichtspunkten geplant.

Hinter der Fassade mit Dreifachverglasung stehen Studenten rund 600 Arbeitsplätze zur Verfügung
Eine Perforation in den vertikalen Lamellen an der Fassade sorgt für eine natürliche Belüftung des Gebäudes
Als erstes von zukünftig mehreren Gebäuden auf dem Campus ist das Polak Building an ein Kälte-Wärme-Speichersystem im Boden angeschlossen

Das kantige Polak Building ist Teil der ökologischen Umgestaltung. Der Entwurf für den sechsgeschossigen Neubau stammt von Paul de Ruiter Architects aus Amsterdam, denen es gelang, Nachhaltigkeits- und Unterrichtskonzept unter einem Dach zu vereinen. Denn multifunktionale Nutzbarkeit war ein weiterer Bestandteil der Bauaufgabe. Die Lehrmethode der Erasmus Universität sieht für die Studierenden das Arbeiten in kleine Gruppen vor, aber auch die Möglichkeit des selbstständigen Lernens – entsprechend sollte das räumliche Angebot sein. Die Architekten koppelten die unterschiedlichen Raumfunktionen mit der Höhe des Gebäudes: Unten ordneten sie die Gemeinschaftsflächen an, darüber werden die Nutzungen mit jedem Stockwerk individueller.

Herzstück des Hauses ist ein gebäudehohes Atrium, um die sich ein weiße Treppe windet. Im Erdgeschoss gibt es eine weitere Treppe, die nahtlos in breite Sitzstufen übergeht. Diese laden zum Verweilen ein und dienen als Treffpunkt. Wie der gesamte Boden bestehen sie aus Holz, das von Bäumen aus der Umgebung von Rotterdam stammt. Untergebracht sind im Erdgeschoss neben einem Hörsaal ein Café, der Kopierservice, aber auch ein Buchladen, ein Waschsalon und ein Friseur (!). Der eigentliche Lernbereich beginnt im ersten Obergeschoss: Hier befinden sich Seminarräume und der Lesesaal. In den Etagen darüber sind unterschiedlich große Gruppenräume und PC-Arbeitsplätze untergebracht, im obersten Geschoss Einzelarbeitsplätze. Über die Glasfassaden erhalten alle Räume viel Tageslicht. Das zentrale Atrium wird über ein 21 mal 24 Meter großes Glasdach belichtet.

Die Fassade des ingesamt 8.400 Quadratmeter großen Gebäudes ist zweigeteilt: Das Erdgeschoss bildet einen Übergangsbereich von öffentlichem Campus zur Lernlandschaft. Komplett verglast und mit abgerundeten Ecken ausgebildet, wirkt es wie ein gläserner Sockel. Die Betondecke darüber ist ein ganzes Stück herausgezogen und funktioniert als umlaufendes Vordach über der Eingangsfassade. Über dieser horizontalen Zäsur erheben sich die oberen fünf Geschosse. Auch ihre Fassaden sind großflächig verglast, werden jedoch durch vertikale Lamellen unterschiedlicher Länge strukturiert.

Energiekonzept
Die Lamellen an der Glasfassade sind nicht nur gestalterisches Element, sondern bauwerkintegriertes Teil des Klimasystems. Sie sind als hohle Metallkästen mit glatten Stirnseiten gefertigt, dienen als Blendschutz und sorgen für die natürliche Belüftung des Gebäudes. Eine Perforation an den Lamellenseiten lässt Wind hindurch und – sind die Klappen geöffnet – durch Schlitze ins Gebäude hinein. Ihre Bedienung erfolgt mechanisch durch einfach Schieben von innen.

Die Wärme- und Kälteversorgung erfolgt über ein Speichersystem, das zukünftig mehrere Gebäude auf dem Campus versorgen soll. Es nutzt Grundwasser, das über Pumpen in die Klimadecken gelangt und im Sommer die Räume kühlt, im Winter beheizt. Die Decken bestehen aus Metallelementen, auf denen Wasserrohre laufen und die wie ein großdimensionierter Radiator funktionieren. Zusammen mit dem Bodenspeicher eignen sie sich insbesondere für Niedertemperaturheizungen bzw. -kühlungen.

Einen Teil des Stroms liefern lichtdurchlässige BIPV-Photovoltaik-Glasmodule (Building-integrated Photovoltaic). Sie sind in die wärme- und sonnenschutzbeschichteten Isolierverglasungen des Atriumdaches integriert. Die Fassaden sind dreifachverglast.

Bautafel

Architekten: Paul de Ruiter Architects, Amsterdam
Projektbeteiligte:
LBP Sight, Nieuwgein (Bauphysik); Croon Wolter & Dros TBI Techniek, Rotterdam (Ingenieursdienstleistungen); Viac, Houten (Installationen); Juurlink[+], Rotterdam, und Bureau Jvant Spijker, Rotterdam (Landschaftsarchitektur); Brakel, Atmos (BIPV-Glasdach)
Bauherr: Erasmus Universität Rotterdam
Fertigstellung: 2015
Standort: Woudestein Campus, Burgemeester Oudlaan 50, 3062 Rotterdam
Bildnachweis: Jeroen Musch, Rotterdam für Paul de Ruiter Architects, Amsterdam

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