Passivholzhaus in München

Solarthermie und passive Energiegewinne ergänzen Fernwärme

In Deutschland werden jedes Jahr rund 18.000 Neubauten in Holzbauweise errichtet. Noch handelt es sich dabei überwiegend um Ein- und Zweifamilienhäuser. Auf dem Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand wird Holz jedoch auch zunehmend für mehrgeschossige Wohnhäuser interessant. Denn der Baustoff dämmt bei gleicher Wandstärke besser als Mauerwerk oder Stahlbeton, lässt sich flexibel einsetzen und trägt zu einem angenehmen Raumklima bei.

Das Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen entstand nach Plänen des Münchner Architekturbüros Zillerplus - rund 360 Kubikmeter Nadelholz wurden für das Passivhaus verbaut
Über dem Erd- und dem ersten Obergeschoss befinden sich zwei Staffelgeschosse, die Rücksprünge auf der Ost- und Westseite des Gebäudes dienen als Dachterrassen
Die Wohnräume inklusive Balkone sind nach Süden zum begrünten Hof hin orientiert

Ein Beispiel für innovativen Holzbau findet sich im Münchner Stadtteil Schwabing. Nach Plänen des Architekturbüros Zillerplus entstand im Innenhof einer Wohnanlage ein Mehrfamilienhaus im KfW-Effizienzhausstandard 40 mit zehn Wohnungen. Das erste innerstädtische Passivholzhaus Deutschlands besitzt über dem ersten Obergeschoss ein Staffelgeschoss, dessen Rücksprung auf der Ostseite des Gebäudes als Dachterrasse dient. Das dritte Stockwerk ist ebenfalls als Staffelgeschoss ausgebildet, mit Dachterrasse im Westen.

Aufgrund der reduzierten Grundfläche der oberen Ebenen ließen sich unterschiedliche Wohnungstypen und -größen bis hin zu einer Maisonette-Wohnung realisieren. Die Wohnräume inklusive Balkone sind nach Süden orientiert und werden durch ihre teils bodentiefen Fenster mit viel Tageslicht geflutet. Im Südosten des Gebäudes sind drei übereinanderliegende Wohnungen barrierefrei ausgebildet. Der Zugang befindet sich auf der Nordseite und bietet einen ebenerdig erreichbaren, rollstuhlgerechten Aufzug, von dem aus alle Wohnungen ebenfalls barrierefrei erreichbar sind.

Durch die Möglichkeit der Vorfertigung ganzer Bauteile – ein weiterer Vorteil des Baustoffs Holz – verkürzte sich die gesamte Bauzeit des Mehrfamilienhauses auf acht Monate. Die Wandelemente wurden komplett mit Fenstern und Wärmedämmung angeliefert und konnten in nur fünf Wochen auf der Baustelle montiert werden. Wegen der geringeren Wärmeleitfähigkeit von Holz ist der Wandaufbau im Holzbau bei gleichen U-Werten wie im Massivbau zugunsten einer größeren Wohnfläche geringer dimensioniert. Der Schall- und Brandschutz hingegen muss bei Holzbauten sorgfältiger geplant und ausgeführt werden als bei Massivbauten, was sich durch die industrielle Vorfertigung und den Einsatz von computergesteuerten Maschinen in der Werkstatt jedoch leicht erreichen lässt.

Rund 360 Kubikmeter Nadelholz wurden für das Passivhaus verbaut. Dennoch verzichteten die Architekten nicht ganz auf Beton. Der Holzbau gründet auf einer Tiefgarage, die bis unter den begrünten Hof reicht. Der Erschließungskern mit Treppenhaus und Fahrstuhlschacht sind ebenfalls aus Beton, als Zugeständnis an die Verwindungssteifigkeit. Bereits in der Planungsphase waren sich der Bauherr GBW und die Architekten einig, dass aus ökologischen Gründen nur heimische Hölzer zum Einsatz kommen sollten, die durch kurze Transportwege punkten. Die Grundsubstanz des Gebäudes inklusive tragender Wände ist aus Fichte. Für die Verkleidung wurde Tannenholz aus Wäldern in Bayern und Tirol gewählt. Holzdecken aus Tanne schaffen auch im Inneren der Wohnungen eine von den Bewohnern als angenehm empfundene Atmosphäre und sorgen zudem für eine gute Raumakustik.

Heizung

Wärmehülle, Dichtigkeit und passive Energiegewinne des Mehrfamilienhauses sind nach Passivhauskriterien ausgelegt. Die großen Fensterflächen auf der Südseite garantieren solare Wärmegewinne in der Übergangszeit und im Winter.

Die Raumheizung und Trinkwassererwärmung erfolgt durch Fernwärme der Stadtwerke München. Diese gewinnen in ihren Heizkraftwerken Nord und Süd in einem Kraft-Wärme-Koppelungsprozess gleichzeitig Strom und Wärme. Als Brennstoffe werden derzeit noch Erdgas, Restmüll, Klärschlamm und Steinkohle genutzt, doch bis zum Jahr 2040 soll das Fernwärmesystem komplett auf erneuerbare Energien umgestellt sein. Die in den Heizkraftwerken erzeugte Wärme wird direkt ins Fernwärmenetz eingespeist. Von dort gelangt sie an die Wärmezentrale der bestehenden Wohnanlage, die sie über eine Nahwärmeleitung an die Heizungsunterstation des Passivhauses weitergibt. Wohnräume, Bäder und Küchen werden mittels Fußbodenheizung beheizt. Die Bäder besitzen zusätzlich einen Handtuchheizkörper. Zur Unterstützung der Trinkwassererwärmung ist auf einem benachbarten Anbau eine 15 Quadratmeter große Solarthermie-Anlage installiert. Eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung und niedrigem Stromverbrauch sorgt für gute Luft bei möglichst geringem Wärmeverlust.

Bautafel

Architekten: Zillerplus Architekten Stadtplaner, München
Projektbeteiligte: Planungsgesellschaft Dittrich, München (Tragwerksplanung), Konrad Huber Ingenieure für technische Gebäudeausrüstung, München (TGA-Planung), Müller-BBM, Planegg (Bauphysik), Bauart Konstruktion, Lauterbach (Planung Brandschutz), Bau + Umwelttechnik Oberland, Weilheim (Ausschreibung und Bauleitung Hochbau), Ohnes & Schwahn, München (Planung Freianlagen), Ambros, Hopferau (Holzbau)
Bauherr: GBW Gruppe vertreten durch GBW Management, München
Fertigstellung: 2014
Standort: Rheinstraße 14, 80803 München
Bildnachweis: Benjamin Antony Monn, München; Florian Holzherr, München; Hartmut Nägele, Düsseldorf; Simon Kratzer & GBW, München; Zillerplus Architekten Stadtplaner, München

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