Palettenhaus

Wenig Energie, wenig Kosten, große Wirkung

Die simpelsten Konzepte sind meist auch die besten, da sie verstanden und umgesetzt werden. Viele Architekten und Planer beschäftigen sich derzeit damit, gute Konzepte für nachhaltiges Bauen zu entwickeln und auch hier kann manchmal das Simpelste das Beste sein. Eine Analogie lässt sich bei der Entwicklungshilfe finden, wo oft einfache Dinge einen enormen positiven Einfluss auf eine Situation haben können. Ein Beispiel für ein gelungenes Konzept, dass diese Überlegungen in den Bereichen Architektur und Entwicklungshilfe verbindet, ist das Palettenhaus. Entworfen wurde es von Andreas Claus Schnetzer und Gregor Pils, zwei Studenten der TU Wien, im Rahmen der European student competion on sustainable architecture gau:di. Europäische Architekturstudierende waren dazu aufgefordert worden, ein minimum house for leisure at the XXI century zu entwerfen. Die beiden Gewinner haben nicht nur ein kleines Haus für Müßiggang und Freizeit geplant, sondern eines, das verschiedene Nutzungen ermöglicht und sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellt - auf lokaler ebenso wie auf globaler Ebene.

Zum ersten Mal wurde das Palettenhaus zur Architekturbiennale 2008 in Venedig gebaut
Mit einem LKW lassen sich die Paletten auf einfache Weise transportieren
Das Baumaterial: Paletten, die nicht mehr für den Einsatz als Warenträger verwendet werden können

Die Transport-Palette ist das wesentliche Konstruktionbauteil des Hauses: sie dient als Fassaden-, Decken- und Wandelement und wird darüber hinaus als Sonnenschutz eingesetzt. Tragkonstruktion, Wärmedämmung und Installationen liegen zwischen den Paletten. Für die Errichtung eines 60 m² großen Hauses werden 800 Paletten zu je 8 Euro wiederverwertet. Als Dämmmaterialien können unterschiedlichste Stoffe verwendet werden.

Das Palettenhaus wurde im Rahmen der Architekturbiennale 2008 in Venedig zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt und bewirkte ein breites Medienecho - nicht nur in Fachmagazinen sondern auch in internationalen Wirtschaftszeitungen. Ein Vorzeigeobjekt für Nachhaltigkeit und Ökologie sei das Haus, das auf eine ressourcenschonende Bauweise aus Abfallmaterialien verweist. Die beiden Wettbewerbsgewinner erläutern ihre Grundidee folgendermaßen: Das Recyclingprodukt Palette, das üblicherweise verbrannt wird, sobald es nicht mehr als Warenträger im Transport eingesetzt werden kann, wird vom Abfallprodukt zum Baumaterial für Arm und Reich. Entstehen können neue low energy und low cost buildings.

Nachhaltig Bauen
Nach Venedig wurde der Prototyp des low energy buildings bisher in Brüssel, Wien und Linz gezeigt. Gedacht ist es als Wohn- oder Wochenendhaus in Industrieländern. Als Dämmung kommt z.B. Zellulose zum Einsatz und für die Fenster eine Wärmeschutzverglasung. Der Einsatz eines Gerätes für kontrollierte Wohnraumlüftung (zugleich Heizung im Winter und Klimatisierung im Sommer) bewirkt einen sehr geringen Heizwärmebedarf ( >24 kWh/m²a). Das Regenwasser des Daches wird als Brauchwasser für die Toiletten in einem Wasserspeicher gesammelt. Der Gesamtpreis (Materialkosten und Arbeitszeit) für ein 60 m² großes Gebäude mit 25 m² Loggia in solch einer gehobenen Ausführung liegt bei ungefähr 80.000 Euro.

In den Townships des südafrikanischen Johannesburg wird im Laufe des Jahres 2009 das erste low cost building im Rahmen eines Sozialprojektes errichtet. Als Dämmmaterial werden lokale Stoffe eingesetzt wie z.B. Stroh. Wäre ein anderer Standort gewählt worden, würden auch andere Dämmstoffe verwendet, z.B. Sand, Federn oder Erde. Die lokale Bevölkerung aus den Townships wird die beiden Planer Schnetzer und Pils, die ebenfalls vor Ort sein werden, unterstützen und die Bauweise erlernen. Auf diese Weise ist der Weg für die Hilfe zur Selbsthilfe geebnet. Der Kostenvoranschlag (Materialkosten und Arbeitszeit) für das 80 m² großes Gebäude mit 25 m² Loggia in dieser Ausführung liegt bei nur 10.000 Euro. Durchschnittlich benötigen zwei Personen etwa zwei Monate in der Vorfertigung und für die Arbeiten vor Ort ca. zehn Tage. In 4 - 5 Tagen kann das Gebäude dann wieder demontiert und transportfertig in seine Module zerlegt werden.

Die modulare Struktur des Palettenhauses ist auch der Grund für seine Flexibilität. Die standardisierte Größe der Paletten erlaubt eine eigens festgelegte Grundflächengröße und auch eine nachträgliche Veränderung bzw. Anpassung. Da Paletten grundsätzlich auf jeder Ecke eine Schrägfläche aufweisen, können Verbindungselemente montiert werden ohne die Palette zuschneiden zu müssen.

Energie- und Materialeffizienz sind die beiden Schlagwörter, mit denen dieses umfassende Projekt beschrieben werden kann. Bleibt abschließend zu sagen, dass das Palettenhaus neben seinen genannten positiven Eigenschaften auch ein äußerst ästhetisches Erscheinungsbild aufweist, welches man sich an vielen Orten dieser Erde gerne vorstellt. -ap

Bautafel

Planer: Andreas Claus Schnetzer & Gregor Pils, Technische Universität Wien (Betreuer: Prof. Karin Stieldorf und Pekka Janhunen)
Planungsbeteiligte/Sponsoren: Isover, Ludwigshafen (Glaswolle-Dämmung des Prototypen)
Ausstellungsorganisation: Cité de l'Architecture et du Patrimoine - IFA, Paris (Produktion); Jana Revedin, Venedig/Villach (Kuratorin); Grands Ateliers de l'Isle d'Abeau, Écoles Nationales Supérieures d'Architecture de Grenoble et de Saint-Etienne
Standorte: bisher in Venedig, Wien, Linz, Brüssel
Ersterstellung: September 2008
Bildnachweis: Jana Revedin Architects, Venedig/Villach (1, 2, 7, 9 und 10); Andreas Claus Schnetzer, Kronstorf/A & Gregor Pils, Ernsthofen/A (3 - 6, 8, 9 und 12 - 14)

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Im Sinne des nachhaltigen Bauens soll beim Rückbau von Gebäuden und Gebäudeteilen ein möglichst hohes Maß an Recyclingfähigkeit sichergestellt werden.

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