Oskar-von-Miller-Forum in München

Thermische Solarkollektoren als Hingucker und Verschatter

Als internationales Begegnungszentrum soll das Oskar-von-Miller-Forum die Ausbildung begabter Ingenieure im Bauwesen fördern. An der Nahtstelle zwischen Münchner Altstadt und Universitäts- bzw. Museumsviertel gelegen, beherbergt es Räume für ausgewählte Studiengäste und Gastdozenten der Technischen Universität. Das Gebäude entstand nach Plänen des ortsansässigen Architekten Thomas Herzog und besteht aus drei Baukörpern, die U-förmig um einen zentralen Innenhof angeordnet sind.

Die Halle im Erdgeschoss bildet das Herzstück des Forums
Gläserne Doppelfassade, daneben Photovoltaik-Module vor dem Treppenhaus
Viel Glas im Innenhof

Der größte der Baukörper, im Grundriss rechteckig, orientiert sich nach Süden zum vielbefahrenen Altstadtring. Eine sechs Meter hohe Halle in seinem Erdgeschoss bildet das Herzstück des Forums: Membranfaltwände erlauben eine flexible Nutzung für Ausstellungen, Vorträge, Empfänge und andere Veranstaltungen. Über Glasfassaden öffnet sich die Halle zum grünen Innenhof. An der Südseite sorgt eine nach außen gefaltete, gläserne Doppelfassade für den notwendigen Sonnen- und Schallschutz. Sie ermöglicht außerdem die natürliche Belüftung der dahinterliegenden Gemeinschaftszonen zum Arbeiten, Kochen und Essen. Die Individualräume für Gaststudenten sind hingegen auf der ruhigen Nordseite angeordnet. Das siebte und oberste Geschoss beinhaltet Räume für Seminare und Begegnungen im kleineren Rahmen. Von der überdeckten Loggia aus gibt es einen weiten Blick nach Südosten über die Silhouette der bayrischen Metropole und an klaren Tagen bis zu den Alpen.

Die beiden kleineren Baukörper auf der West- und der Ostseite orientieren sich zum Innenhof. Öffentliche Funktionen wie ein Bistro und ein Clubraum mit Bibliothek sind im Erdgeschoss angeordnet. Darüber liegen die Büros und Besprechungsräume der Direktion bzw. Wohnungen für Gastdozenten.

Die meisten tragenden und aussteifenden Bauteile sind als Stahlbetonkonstruktion aus Fertigteilen entwickelt und bleiben sichtbar. Eine selbständige Stahlkonstruktion über dem Hauptgebäude trägt die äußere Fassadenschicht im Süden und die Fluchtbalkone im Norden, die ähnlich einer Harfe daran angehängt sind.

Künstlerische Beiträge von Sabine Kammerl, Nikolaus Lang und Rainer Wittenborn prägen das Gebäude, weisen auf die kulturelle Dimension des Hauses und bestimmen Texturen und Raumwirkung. Die beweglichen Möbel im Oskar-von-Miller-Forum sind weitgehend Originale bedeutender Designklassiker – u. a. Arbeits- und Esstische von Egon Eiermann, Leuchten von Michele de Lucchi oder Stapelstühle von David Rowland. Piktogramme von Otl Aicher dienen der Orientierung im Gebäude.

Solares Bauen
Die Beheizung des Gebäudes erfolgt über eine städtische Fernwärmeleitung, ergänzt durch thermische Solarkollektoren. So ist die gesamte Dachfläche in voller Breite mit eleganten Hochleistungs-Röhrenkollektoren überdeckt, die vom Dachgeschoss aus einsehbar sind und im Sommer auch der Verschattung dienen. Die so gewonnene Wärmeenergie wird bei Bedarf mit einer Absorptionskältemaschine umgewandelt und zur solaren Kühlung der Räume eingesetzt. Die Böden sind thermisch aktiviert und mit heimischem Naturstein bedeckt.

Lamellen mit silbergrau schimmernden Photovoltaik-Modulen schützen die großen Glasflächen des östlichen Treppenhauses im Sommerhalbjahr vor übermäßiger Wärmeentwicklung. Der auf diese Weise erzeugte Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist. Große Faltläden auf der Ostseite werden über Sensoren gesteuert und regulieren den Strahlungseingang.

Die Doppelfassade nach Süden besteht aus einer inneren Lage raumhoher, gut dämmender Isolierglasscheiben mit Lüftungsöffnungen zum Fassadenzwischenraum. Die äußere Hülle ist aus abwechselnd transparenten und transluzenten Glasscheiben mit Punkthalterungen zusammengefügt. Zwischen den Ebenen erfolgt eine vertikal durchgehende Schachtlüftung. Große Schiebeläden mit Holzlamellen im Hohlraum der Doppelfassade dienen der Verschattung; sie lassen sich über die gesamte Länge der Südfront ausfahren oder auf die Hälfte zusammenschieben. Zusätzlich zur individuell regulierbaren, natürlichen Lüftung über die Fassaden können alle Nutzungsbereiche mechanisch belüftet werden. Die Temperatur in den Zimmern der Studierenden ist durch Einzelheizkörper regelbar, eine Kühlung erfolgt über Bauteilaktivierung. -us

Bautafel

Architekt: Herzog + Partner, München
Projektbeteiligte: Drees & Sommer, Stuttgart (Projektsteuerung); Valentien + Valentien, Weßling (Freianlagen); Sailer, Stepan and Partner, München (Tragwerksplanung); Climaplan, München (HLSK), Ingenieurbüro Rösener, München (Mess- und Steuertechnik); Müller-BBM Gruppe, München (Wärmeschutz, Raumakustik und Schallschutz)
Bauherr: Gemeinnützige Urlaubskasse des Bayerischen Baugewerbes, München
Fertigstellung: 2009
Standort: Oskar-von-Miller-Ring 25, 80333 München

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