Orangerie d´Or in Graz/A
Klimahülle im Wintergarten
Das nun umgebaute Gewächshaus wurde Mitte des 19. Jahrhunderts im Grazer Burggarten errichtet und diente vornehmlich der Überwinterung frostempfindlicher Pflanzen. Daneben wurde es auch bereits zu seiner Entstehungszeit als Veranstaltungsraum für sommerliche Feste genutzt. Die ehemalige Vorsitzende der steiermärkischen Landesregierung wollte neben den Veranstaltungszentren in der Alten Universität und den Prunksälen der Burg auch die Orangerie - deren Lage im Park ein besonderes Ambiente garantierte - für Feste in kleinerem Rahmen umbauen. Nach der letzten Wahl wurde das ursprüngliche Konzept durch die neuen politischen Entscheidungsträger leicht geändert und so steht das Gebäude heute für musikalische "Events" und sonstige Veranstaltungen von Privatpersonen oder Firmen zur Verfügung.
Modernisierungsarbeiten
Problematischer Kernpunkt der Umnutzung war die ganzjährige Nutzung
des Hauptraums. Die mit dem Umbau betrauten Architekten von Splitterwerk, ein
junges Grazer Team, wollten ursprünglich den Auftrag sogar
ablehnen, da sie die mit der ganzjährigen Nutzung verbundenen
Eingriffe kritisch beurteilten. Insbesondere die dünnen
Fensterprofile der südorientierten Wintergartenfassade galt es nach
Meinung der Architekten und der Denkmalschutzbehörde unbedingt zu
respektieren. Der Erhalt der schlanken Ansicht der Profile war nach
den bauphysikalischen Berechnungen am besten über ein
Raum-in-Raumkonzept zu verwirklichen. Dies implizierte aber, dass
sich die Gestalt des Innenraums komplett verändern würde.
Splitterwerk löste diesen Punkt, indem ein theoretisch reversibles
Gehäuse eingestellt wurde, das nichts mit der ursprünglichen Haptik
des Raums zu tun haben würde und dennoch dem Raum ein originäres,
dem heutigem Zeitgeist entsprechendes Erscheinungsbild verschaffen
sollte. Bis auf die Doppelverglasung, die innen vor die filigrane
Fensterfront mit einem ausreichend bemessenen Luftraum als
Wärmepolster angeordnet wurde, wurden alle übrigen Wandflächen
sowie Decke und Fußboden mit einer gedämmten Vorsatzkonstruktion
versehen, deren oberste Lage bedruckte MDF-Paneele bilden.
Gegenüber den relativ kleinteiligen, äußeren Fenstern sind die
inneren Wärmeschutzfenster großteilige und besitzen entsprechend
breite Ansichtprofile. Diese innere Hülle fungiert auf Grund der
klimatischen Anforderungen als autonome Schale. Ungewöhnlich und
sicher auf den ersten Blick befremdlich ist die ästhetische
Behandlung der "Klimaschachtel". Die in einem warmen Goldton
gehaltenen Oberflächen sollen die umgebende Natur verfremdet
widerspiegeln. Das der Bauzeit entlehnte Motiv des Spiegelsaals
wird somit als ironisches Zugeständnis an die mit dem Gebäude
verbundenen Repräsentationsabsicht verstanden. Diesen doppelbödigen
Witz, der alle Konnotationen auf die K.u.K. Monarchie persifliert,
wurde zusätzlich gesteigert. Die Architekten hatten bereits bei
anderen Projekten die in der Moderne ungeliebte Ornamentik als
gestaltendes Moment eingesetzt. Auf dem goldenen Untergrund wurden
ornamentale Strukturen, die aus digitalen Arbeiten der Künstlerin
Edith Hemmrich stammen, aufgedruckt. Die auf den Mustern gedämpfte
Spiegelung schafft auf den Raumabgrenzungen eine irritierende
dritte Dimension. Wären nicht etwas anders schimmernde Türgriffe,
Einbauleuchten und Deckenstrahler, würden die Raumgrenzen in dieser
"Installation" verschwimmen.
Dieser konzeptionelle und sehr künstlerische Ansatz soll verdeutlichen, dass auch jenseits von Rekonstruktion und Restauration Wege beschritten werden können, die reversible Eingriffe im Baubestand ermöglichen, um heutige Energiekennwerte einzuhalten.
Bautafel
Architekten: Spitterwerk: Grabner & Partner ZT KEG, Graz/A
Projektbeteiligte: Mark Blaschitz, Hannes Freißmuth, Johann Grabner, Edith Hemmrich, Bernhard Kargl, Marco Emilio Perugini, Josef Roschitz (Projektteam); Fazeli&Wolfesberger (Tragwerk); Prof. Dr. Dr. Peter Kautsch (Bauphysik)
Bauherr: Amt der Steiermärkischen Landesregierung
Fertigstellung: 2005
Standort: Hofgasse 13-15 Graz/A
Bildnachweis: Paul Ott, Graz