Opus Moderne

Opus Moderne

Martin Lehnen

Die Wand aus glatt geschaltem Sichtbeton.
Zur Dichotomie von puristischer Ästhetik und artifizieller Herstellung, untersucht an exemplarischen Bauten von Le Corbusier, Louis Kahn und Tadao Ando.
Wasmuth Verlag, Tübingen/Berlin 2016
212 Seiten, 83 meist farbige Abbildungen, Klappenbroschur

Preis: 35 EUR

ISBN 978-3-8030-0785-8

Glatt geschalte Sichtbetonwände gelten bei Bauwerken der Moderne als Ausdruck einer puristischen Ästhetik. Der Kölner Architekt Martin Lehnen setzt in seiner Publikation, die in weiten Teilen auf seiner Dissertation im Fach Kunstgeschichte an der Universität Köln beruht, der ungekünstelten Wirkung der Wände den Aufwand entgegen, der für ihre Erstellung nötig ist.

Anhand von drei Beispielen – dem Carpenter Center von Le Corbusier, dem Salk Institute von Louis Kahn und der Langen Foundation von Tadao Ando – untersucht er, in welchem Verhältnis der Architekt und die Bauausführenden standen, welche gestalterischen Leitlinien von den Entwerfern stammen und welche heute sichtbaren Spuren sich aus dem Bauprozess und den entsprechenden Abstimmungen ergaben. Die Gespräche mit ehemaligen Bauleitern und die Analyse von alten Planunterlagen fördern dabei so manche Überraschung zutage. So proklamiert Le Corbusier für das Carpenter Center etwa eine Vereinfachung in der Konstruktion, da die Stützen seiner Pilzdecke angeblich ohne Kapitelle auskämen. Tatsächlich wurden diese lediglich in Decke und Bodenaufbau integriert, sodass sie für den Betrachter nicht mehr sichtbar sind. Kompakt und mit umfangreichen Quellenangaben ist das Buch eine Bereicherung für alle, die sich intensiver mit den Entstehungsprozessen der drei vorgestellten, baukulturell bedeutenden Bauwerke auseinandersetzen wollen.

Etwas irritierend ist Lehnens Projektauswahl, da er zwei Bauwerken, die in den 1960er-Jahren in den USA fertiggestellt wurden, die 2004 in Neuss errichtete Langen Foundation von Tadao Ando entgegensetzt. Etwas klarer wird dieser Ansatz, wenn man erfährt, dass Letztere aufgrund der guten Zugänglichkeit der Daten aus der Bauzeit die Grundlage seiner Recherchen war, und er die beiden älteren Bauten erst später in seine Forschungen aufgenommen hat. Der Vergleich der Entwurfshaltungen der drei Protagonisten, den er an das Ende seines Buches setzt, bleibt dennoch unbefriedigend. Die Unterschiede, die er zwischen den westlichen Altmeistern Le Corbusier und Kahn im Gegensatz zum Japaner Tadao Ando ausmacht, können sowohl in der Epoche als auch im kulturellen Kontext verankert sein. Zudem bleibt die Frage offen, ob eine puristische Ästhetik unmittelbar mit Konstruktionsehrlichkeit verbunden sein muss – oder ob dieser Aspekt bei der Betrachtung nicht besser außen vor bleiben sollte.

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