Neue Methode für Gewölbekonstruktionen aus Ziegeln

Forscherteam entwickelt modulbasiertes gekrümmtes Schalentragwerk

Jahrhundertelang war es üblich, große Spannweiten mit Gewölbekonstruktionen aus Ziegeln zu überbrücken. Denn diese sind selbst bei geringen Querschnitten hoch belastbar. Aufgrund des großen Aufwands zur Erstellung und den damit einhergehenden hohen Kosten werden solche Tragwerke heute aber kaum mehr realisiert. Dies könnte sich allerdings nun wieder ändern, denn ein Forscherteam der TU Darmstadt hat ein Verfahren für die wirtschaftliche Herstellung von mehrfach gekrümmten Ziegelschalen entwickelt.

Ziel des Projekts ist es, ausschließlich aus ebenen viereckigen Modulen eine gewölbte und gekrümmte Form zu generieren.
Alle Module sind etwa einen Quadratmeter groß und bestehen aus einer identischen Anzahl an Ziegeln – weisen aber unterschiedliche Winkel auf.
Jahrhundertelang war es üblich große Spannweiten mit Gewölbekonstruktionen aus Ziegeln zu überbrücken.

Bislang musste für Schalentragwerke aus Ziegeln eine vollflächige Unterkonstruktion, ein sogenanntes Lehrgerüst, hergestellt werden, das erst nach der kompletten Fertigstellung entfernt werden kann. Denn erst mit dem letzten Stein wird ein Ziegeltragwerk voll tragfähig. Dieses Verfahren ist sehr material- und personalintensiv und somit kostenaufwendig. Eine neue, computerbasierte Methode, die auf ebenen Fertigteilen basiert, soll das nun ändern.

Das Forscherteam um Architekt Alexander Pick des Instituts für Konstruktives Gestalten und Baukonstruktion der TU Darmstadt hat im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau untersucht, wie sich Ziegelschalen wirtschaftlich herstellen lassen. Ziel des Projekts ist es, ausschließlich aus ebenen, viereckigen Modulen eine gewölbte und gekrümmte Form zu generieren. Dafür wurde ein mehrfach gekrümmtes Tragwerk mit Hilfe eines Computermodells in Module unterteilt. Alle Module sind etwa einen Quadratmeter groß und bestehen aus einer identischen Anzahl an Ziegeln – weisen aber unterschiedliche Winkel auf, um möglichst große Gestaltungsfreiheit in der Formgebung des Tragwerks zu ermöglichen. Die eher ungünstige Geometrie der Ziegelschale wurde bewusst gewählt, um die Belastbarkeit des Prinzips nachzuweisen.

In einem zweiten Schritt wagten sich die Forscher an einen Feldversuch und erstellten einen Prototyp von 15 m Länge und 11,5 cm Dicke. Die dafür eingesetzten Steine wurden den Anforderungen derart angepasst, dass sie Längs- und Querbewehrungen aufnehmen können. Hergestellt wurden sie durch die Ziegelei Deppe Backstein-Keramik. Die Ziegel wurden dann im Labor entsprechend den Berechnungen zu Modulen zusammengesetzt. Durch Verwendung dieser Fertigteile am Einsatzort konnte auf ein vollflächiges Lehrgerüst verzichtet werden. Die Module wurden lediglich auf je vier Holzstiele aufgelegt, deren Querschnitte jeweils individuell geneigt sind, und mit Schablonen in Form gehalten.

Alle Details, die Größe und Winkel der Module, die Ziegel und ihre Anordnung sowie die Unterkonstruktion wurden vorab digital ermittelt und optimiert. So konnte ein hocheffizientes Tragwerk mit extrem dünnem Querschnitt-Spannweite-Verhältnis entstehen. Mit dem neuen Verfahren wird sich künftig eine immer seltener gewordene Bauweise wieder in die heutige Architektur integrieren lassen.

Forschungsvorhaben: Institut für Konstruktives Gestalten und Baukonstruktion (KGBauko) der TU Darmstadt; Ziegelhersteller: Deppe Backstein-Keramik, Uelsen

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