Museum Tirpitz in Blåvand

Schneisen in der Dünenlandschaft

Als bauliches Relikt einer im Zweiten Weltkrieg durch die Wehrmacht geplanten Verteidigungslinie ist die Tirpitz-Stellung an der dänischen Nordseeküste seit den 1990er-Jahren ein Ausstellungsort. Mit einem in den Dünen verborgenen Neubau erweiterten die Architekten der Bjarke Ingels Group das Museum Tirpitz. In einem spannungsreichen Kontrast von sanfter Dünenlandschaft und Beton-Brutalität wird hier, in dem kleinen Ort Blåvand, die Geschichte einer ganzen Region auf unerwartete Weise inszeniert.

Aus der Luft: Das Ausstellungshaus nach Plänen der Bjarke Ingels Group ergänzt einen Bunker und ist eingebettet in die Dünenlandschaft.
Der Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg dient seit den 1990er-Jahren als Ausstellungsort.
Die neuen Ausstellungsräume bilden einen Gegensatz zum Bestand.

Den historischen Bunker, dessen 3,50 Meter dicke Betonwände schwergewichtig aus den Sandhügeln ragen, ergänzen vier neue Ausstellungsbereiche auf insgesamt 2.500 Quadratmetern. Dass dafür 4.400 Tonnen Beton verbaut wurden, ist zunächst nicht erkennbar: Der Bau ist weitgehend ins Erdreich gebettet und überwölbt von bepflanzten Dächern. Mit der Bunkeranlage ist er unterirdisch durch einen Gang verbunden.

Im Grundriss sind vier Rechtecke gegliedert durch sich kreuzende Wege, die in einem zentralen Platz zusammentreffen. Das untere Geschoss ist Ausstellungsebene. Die Eingangsebene darüber ist deutlich kleiner und verbirgt sich unter dem sandig-begrünten Hügel. Auf einen quadratischen Platz in dessen Zentrum führen Schneisen als Zuwege aus allen Himmelsrichtungen.

Vier Ausstellungsbereiche zur Geschichte der dänischen Westküste

Die Besucherinnen und Besucher gelangen von diesem zentralen Hof in das Gebäude und über einen Steg zum Foyer. Diesem Empfangsbereich sind die untergeordneten Funktionen angegliedert. Eine Stahltreppe führt hinab zu den Ausstellungsräumen, die die gesamte Gebäudehöhe einnehmen. Durch schwenkbare Trennwände lassen sie sich von der mittleren Erschließungszone separieren oder zuschalten. So sind Einzelbesichtigungen möglich, aber auch Rundgänge.

Die Schau zum Atlantikwall, einer von den Nationalsozialisten geplanten, teilweise realisierten Verteidigungslinie entlang der europäischen Westküste, wird ergänzt durch vertiefende Informationen über die Geschichte der Region. Es gibt eine Bernsteinausstellung, Flächen für Wechselausstellungen sowie Verwaltungsräume.

Tageslicht durch in den Hügel einschneidende gläserne Fronten
Die bewachsenen Dachflächen steigen einem Hügel entsprechend allmählich an, die Fassaden entlang der Schneisen sind weitgehend verglast. Die Ausstellungsräume erhalten im Gegensatz zu den dunklen, fensterlosen Räumen des benachbarten Bunkers oberirdisch von zwei Seiten Tageslicht. Bei abendlicher Dämmerung entsteht ein atmosphärisches Leuchten in den Dünen, während der historische Betonklotz im Dunkeln bleibt.

Die verwendeten Materialien fügen sich zurückhaltend in die Umgebung: Die Dachkanten sind mit Cortenstahl eingefasst und mit Absturzsicherungen aus dem gleichen Material versehen. Hellgraue Sichtbetonelemente in Teilen der Fassade sowie Estrich auf Wegen und Rampen sorgen für einen sanften Übergang zum Dünensand.

Gläser von enormen Ausmaßen

Bemerkenswert sind die Ausmaße der Verglasungen: Mit 17 Quadratmetern, einer Höhe von sechs Metern und einem Gewicht von 1,5 Tonnen wurde hier das bisher größte einzelne Glaselement Dänemarks montiert. Die Scheiben sind mit Abstand vor der Betondecke angebracht und kommen ohne vertikale Rahmenprofile an den Stößen aus. Halteprofile sind nach Möglichkeit verdeckt, sodass ein eleganter Gesamteindruck entsteht. Am oberen und unteren Teil der Fassade bleiben sie hinter Stahlabdeckungen verborgen. Auch für einen innenliegenden Sonnenschutz bleibt ausreichend Platz.

Um eine möglichst freie Aussicht und transparente Wirkung zu erzielen, wurde im Bereich der Glasfassaden auf tragende Elemente wie Stützen verzichtet. Die vier Dachschalen verjüngen sich auf dem Weg nach oben, von 1,10 Metern im Bereich der Rückwände aus Stahlbeton auf 35 cm an den Spitzen. -ik

Bautafel

Architektur: Bjarke Ingels Group: BIG, Kopenhagen
Projektbeteiligte:
Lüchinger + Meyer Bauingenieure, Zürich (Tragwerk); Bach Landskab, Esbjerg (Landschaftsplanung); Gade & Mortensen Akustik, Charlottenlund (Akustik); Tinker Imagineers, Utrecht (Szenografie)
Bauherrschaft:
Vardemuseerne, Varde
Standort:
Tirpitzvej 1, 6857 Blåvand
Fertigstellung:
2017
Bildnachweis: Rasmus Hjortshøj, Kopenhagen; Laurian Ghinitoiu

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