Museum Folkwang in Essen

Atrien und Lichtdecken in kunstvollem Wechsel

Die Museumserweiterung an der Bismarckstraße in Essen ist das Resultat eines internationalen Wettbewerbs, den das Berliner Büro von David Chipperfield Architects gewann. Der Neubau wurde anstelle des abgerissenen Nordflügels errichtet und ergänzt den vorhandenen, denkmalgeschützten Altbau des Folkwang-Museums aus den 1960er Jahren. Mit seinen begrünten Innenhöfen lehnt sich der Anbau an die vorhandene Struktur des historischen Gebäudes an. Das neue Ausstellungsgebäude wurde im Januar 2010 offiziell eingeweiht.

Museum Folkwang in Essen
Foyer
Freitreppe zum Eingangshof

Mit einladender Geste führt eine Freitreppe von der vierspurigen Bismarckstraße zum höher gelegenen Eingang. Durch eine Glasfassade von der verkehrsreichen Straße abgeschirmt, befindet sich auf dieser Ebene neben dem eigentlichen Museumszugang das Cafe-Restaurant. Ein großzügiges Eingangsfoyer mit zentral angeordnetem Kassentresen, dient als Erschließung sämtlicher Ausstellungsräume sowie einer Museumsbuchhandlung und einer Bibliothek mit Leseraum. Die Kunstwerke befinden sich innerhalb von sechs Kuben, die sich um mehrere verglaste Innenhöfe ausschließlich auf der Erdgeschossebene gruppieren. Die Ausstellungen umfassen sowohl Sammlungen zur deutschen und französischen Malerei des 19. Jahrhunderts, zur Moderne und zur Nachkriegskunst als auch zur Kunst der Gegenwart. Ein Plakatmuseum und eine Fotografische Sammlung runden das Ausstellungskonzept ab.

Die Fassaden des gesamten Gebäudes, die durchgängig aus einer mintgrün schimmernden, transluzenten Glaskeramikhaut bestehen, geben dem Gebäude ein nahezu industriell anmutendes Aussehen. Vor einigen großflächigen Fensteröffnungen wird die durchscheinende Vorhangfassade fortgeführt, sodass Tageslicht einfallen kann.
 
Licht
Bei der Konzeption des Museums wurde besonderen Wert auf eine weitreichende Tageslichtversorgung gelegt. Auch der im Tagesverlauf wechselnde Lichteinfall in den Ausstellungsräumen wurde in der Planung nicht als Störfaktor empfunden, sondern als zentrales Entwurfskriterium in das Konzept von vornherein einbezogen. Sowohl Architekt als auch Bauherr strebten ein „Gebäude der Transparenz und des Lichtes an“, wie aus einem Interview mit David Chipperfield hervorgeht.
 
Die Ausstellungsräume verfolgen das White-Cube-Prinzip mit einer Folge aus schlicht weißen, etwa fünf Meter hohen und aneinandergereihten Räumen. Die Tageslichtversorgung erfolgt in neun von zehn Räumen von oben über mehrere, unterschiedlich große Dachlaternen mit fünfseitiger Verglasung, die das Licht in die Deckenzwischenräume einbringen. Transluzente Lichtdecken aus einer zweifach bespannten Membrankonstruktion in einem Metallrahmengerüst sorgen hier für eine exzellente, blendfreie Lichtverteilung im Raum. Der Deckenzwischenraum nimmt neben speziellen Lichtlenkelementen auch die Kunstlichtbeleuchtung auf, sodass bei Dunkelheit ein Wechsel zwischen beiden Belichtungsarten ermöglicht wird. Die Schwankungen des Tageslichtes werden in diesen Räumen durch verschließbare, horizontale Sonnenschutzbehänge ausgeglichen.

Die Tagesbelichtung des größten Ausstellungsraums erfolgt blendfrei über ein nach Norden ausgerichtetes, großflächiges Sheddach, das als Stahlkonstruktion auf den Zwischenwänden aufgelagert wurde. Eine abgehängte Membrandecke sorgt auch hier für eine gleichmäßige Verteilung des Tageslichtes im Raum. Über ein besonders wirksames Sonnenschutzsystem lässt sich dieser Raum auch vollflächig verdunkeln und ist damit variabel nutzbar.

Transparenz und natürliche Belichtung im übrigen Gebäude entstehen durch mehrere eingeschobene, begrünte Atrien, die sowohl ein Höchstmaß an Tageslicht, als auch wechselnde Ausblicke ins Freie bieten und eine bessere Orientierung im Gebäude ermöglichen sollen. Durch die verglasten Innenhöfe kann das großflächige Eingangsfoyer zu einem hohen Anteil mit Tageslicht versorgt werden. Zusätzlich befindet sich ein zweiseitig geneigtes Oberlicht oberhalb des Empfangstresens, der über das einfallende Zenitlicht besonders betont wird.

Bautafel

Architekten: David Chipperfield Architects, London/Berlin
Projektbeteiligte: Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung (Finanzierung); Zechbau, Essen (Rohbau); Pühl & Becker, Essen (Statik); Warns - Löschmann & Partner, Mülheim/Ruhr (Prüfstatik); Jaeger Akustik, Dortmund (Akustik); ISRW Klapdor, Düsseldorf (Bauphysik); W & P Gesellschaft für Projektabwicklung (Bauleitung), Pazdera, Coburg (Fassadenplanung); Arup, Berlin (Lichtplanung); Schmid, Simmerberg/Allgäu (Lichtdecken, Trennwände); Ingenieurgesellschaft für Brandschutz Hagen, Essen (Brandschutz); ifes Institut für angewandte Energiesimulation, Frechen (Gebäudesimulation); ifas Institut für angewandte Sicherheitstechnik, Mülheim/Ruhr (Sicherheitskonzept); Meinolf Hasse, Mülheim/Ruhr (Entwurf Außenanlagen); Knappmann, Essen (Außenanlagen)
Bauherr:
Neubau Museum Folkwang Essen (NMFE)
Fertigstellung: 2010
Standort: Museumsplatz 1, Essen

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