Museo de Semana Santa in Hellin

Fassadenplatten aus hellgelbem Kalkstein der Region

Während zu Ostern vielerorts besinnliche Ruhe herrscht, sorgt ein Trommelmarsch im spanischen Städtchen Hellín für ohrenbetäubenden Lärm. Als Höhepunkt der Karwoche, der Semana Santa, nehmen an ihm nicht nur bis zu 20.000 Trommler teil, sondern auch zahlreiche Gläubige, die religiöse Skulpturen tragen. Den Rest des Jahres sind diese und andere christliche Figuren, die mit dem Osterfest in Verbindung stehen, im Museo de Semana Santa zu sehen, einem Neubau nach Plänen des Büros Exit Architects aus Madrid.

Von der Dachterrasse haben die Besucher einen freien Blick über die Altstadt
Die Fassade ist mit Platten aus lokalem Kalkstein sowie Teilen des Vorgängerbaus gestaltet
Klar und unaufgeregt wirkt der Neubau

Das rund 2.150 m² große Museum liegt mitten im engen Gassenlabyrinth der Altstadt nahe der Plaza de la Iglesia. Rundum befinden sich Gebäude vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Alt und neu überlagern sich auch beim Museum. Ursprünglich sollte es in einem benachbarten Haus, dem Casa del Conde, untergebracht werden, das zu diesem Zweck umgebaut werden sollte. Im Zuge der Ausführungsplanung mussten die Architekten Ibán Carpintero und Mario Sanjuán ihre Pläne jedoch verwerfen, da die Umsetzung viel zu aufwendig und teuer geworden wäre. Stattdessen entschieden sie sich für den Abriss des Altbaus, erhielten aber Segmente der alten Fassade, andere Teilstücke und Säulen. Diese wurden in den Neubau integriert, teils als dekorierendes Ornament, teils als zu erhaltendes Relikt des Vorgängerbaus.

Um das neue Museum innerhalb der vorhandenen Stadtstruktur nicht als Fremdkörper erscheinen zu lassen, orientierten sich die Architekten am Grundriss des abgerissenen Gebäudes. So grenzt der Neubau nur mit einer Ecke an den Kirchplatz, über eine schmale ansteigende Gasse erfolgt der Zugang. Durch eine Höhenstaffelung  in Längsrichtung passt sich der Museumsbau außerdem an den steilen Hang an. Auch farblich fügt er sich in das Stadtbild ein – die Fassadenverkleidung aus lokalem Kalkstein harmoniert mit den eingesetzten Spolien des Altbaus und dem Mauerwerk der benachbarten Kirche. Das verwendete Profilbauglas hingegen betont den Neubaucharakter des Museums.

Im Inneren prägen heller Sichtbeton und transluzentes Glas die weiten Ausstellungsräume. Eine gezielte Lichtführung betont die Klarheit der Gestaltung. Über mehrere Rampen gelangen die Besucher in die verschiedenen Ausstellungsebenen. Die Exponate finden auf und in hölzernen Einbauelementen Platz, die einen Kontrast zu den Betonflächen bilden, auf denen sich die raue Struktur der verwendeten Holzschalung abzeichnet.

Fliesen und Platten
Von außen ist das Museum mit Platten aus hellem Kalkstein verkleidet, der aus einem Steinbruch nahe der Stadt Hellín stammt. Der Amarillo Fósil genannte Naturstein ist von beige-gelber Farbe und weist einen leichten rosa Schatten auf. Mit seiner ruhigen gleichmäßigen Maserung und der porösen Oberfläche ähnelt er dem Sandstein. Im Gegensatz zu diesem besteht er jedoch nicht aus den Trümmern verwitterter und abgetragener Gesteine, sondern aus von Lebewesen abgelagerten Gesteinen, ist somit meist biogener Herkunft. Aus Kalkstein lässt sich relativ einfach nahezu alles fertigen, was man aus Platten schneiden kann. Er eignet sich für Bodenbeläge und Wandverkleidungen im Innen- und Außenbereich gleichermaßen.

Im Museum kamen 3 cm dicke Platten mit Längen zwischen 50 und 100 cm und Höhen von 40, 50, 55 und 60 cm zum Einsatz, die nach dem Zuschnitt geschliffen wurden. Der verwendete Kalkstein ist feuerbeständig und wasserfest, seine Druckfestigkeit beträgt 26,56 MPa (Megapascal), die Biegefestigkeit gibt der Hersteller mit 7,97 MPa an. Die Ausführung erfolgte als vorgehängte hinterlüftete Fassade: Hinter den Platten befindet sich eine Luftschicht, es folgt eine Wärmedämmung aus Polyurethan, zwischen 4 und 6 cm dick, dann die statisch tragende Wand aus Beton. An dieser sind die Kalksteinplatten mithilfe von justierbaren Einmörtelankern befestigt, die speziell für Natursteinfassaden entwickelt wurden.

Bautafel

Architekten: Exit Architects, Madrid/E
Projektbeteiligte: Alberto Palencia und José Antonio Alonso, Madrid (technische Gebäudeplanung); Indagsa, José Luis Cano, Madrid (Tragwerksplanung); Maintenance Ibérica, Madrid (Gebäudetechnik); Pefersan, Madrid (Baufirma); Pereamar, Alicante/E (Kalkstein); Halfen, Langenfeld/CH (Fassadenanker)
Bauherr: Ministerium für Infrastrukturförderung (Ministerio de Fomento), Madrid und Stadtverwaltung (Ayuntamiento), Hellín
Fertigstellung: 2011
Standort:
Calle Don Geronimo, 3, 02400 Hellín, Spanien
Bildnachweis: FG + SG – Fernando Guerra, Fotografía de Arquitectura, Lissabon/P

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