Modulare Häuser mit gedruckter Tragstruktur

Projekt Madre Natura in Onani/Sardinien

Die Vergangenheit der Gemeinde Onani auf Sardinien ist geprägt vom Schaffen des einheimischen Künstlers Constantino Nivola, der um 1950 mit seinen Skulpturen aus Zementguss Weltruhm erlangte und zu dessen Ehren 1990 das Nivola Museum für moderne Kunst in Orani entstand. Dieser verstand Kunst als Gemeinschaftsgut und wollte sie zeitlebens für alle Menschen zugänglich machen. Diesem partizipativen Gedanken sehen sich ebenso die Architekturschaffenden von Mask Architects verpflichtet und entwickelten auf dieser Grundlage unweit des Nivola Museums das experimentelle Wohnprojekt Madre Natura.  

Die Wohnskulpturen sind als Kombination aus Wohn- und Lebensraum sowie sozialen Räumen geplant und können enger oder weiter voneinander entfernt sein – damit wird Nähe oder bewusste Distanz im Zusammenleben erzeugt.
Das Grundgerüst der Häuser bildet ein 3D-gedrucktes Exoskelett-Konstruktionssystem aus Stahl, das alle Funktionen des Gebäudes trägt und verbindet.
Dieses besteht aus einer zentralen hohlen Stütze, die zu einem Drittel ihrer Länge in den Boden eingelassen ist, sowie verschiedenen organischen Verzweigungen, die die drei Stockwerke des Gebäudes tragen und verbinden.

3D-gedruckte Tragstruktur aus Stahl

Nicht nur bei der Grundidee, auch bei der außergewöhnlichen Formgebung der Wohnskulpturen ließen sich die Entwerfenden von Nivolas Schaffen inspirieren: Die weißen, herzförmigen Häuser ahmen die berühmte La Madre-Skulptur des Bildhauers nach. Das Grundgerüst der modularen Kapseln bildet ein 3D-gedrucktes Exoskelett-Konstruktionssystem aus Stahl – Exosteel genannt –, das alle Funktionen des Gebäudes trägt und verbindet. Dieses besteht aus einer zentralen hohlen Stütze, die zu einem Drittel ihrer Länge in den Boden eingelassen ist, sowie verschiedenen organischen Verzweigungen, die die drei Stockwerke des Gebäudes tragen. Umlaufende Begrenzungsrahmen auf jeder Etage fungieren als Unterkonstruktion, an der die hellgrauen, organisch geformten Fassadenpaneele aus hochfestem Beton montiert werden.

In Einklang mit der Natur

Die Häuser liegen verteilt auf verschiedenen Ebenen im terrassierten Gelände und fungieren als sozialer Wohn- und Lebensraum. Die besondere, teils offene Form der Module ergibt sich aus den klimatischen Verhältnissen vor Ort: Da der Wind hier sehr stark sein kann, sind auf beiden Seiten der Wohnmodule Öffnungen eingebracht, durch er hindurchgelassen wird. Darüber hinaus wird mit dieser offenen Architektur die Verbindung von gewachsener Natur und erstellter Bauskulptur unterstrichen.

Modulare Kapseln mit autarker Energieversorgung

Die Module wurden so entwickelt, dass sie jederzeit erweiterbar sind. In der Mitte jedes Gebäudes befindet sich die zentrale Energieversorgung, die autark funktioniert. Der sogenannte Energieturm ist mit Photovoltaikpaneelen versehen, die Sonnenenergie in Strom umwandeln. Die Spitze ist als Windturbine konzipiert, die den anfallenden Wind vor Ort zusätzlich in Energie umwandelt. Im unteren Teil des Energieturms befinden sich die Wasser- und Energiespeicher.

Bei Madre Natura wird es keine internen Treppen geben; vielmehr sollen die Bewohnerinnen und Bewohner die Etagen über das natürliche Terrain der Umgebung sowie über Treppen im Außenraum erschließen. Das Erdgeschoss (A-Ebene) ist dabei immer für das Wohnen vorgesehen; neben dem Schlaf- und Wohnraum wird auf dieser Ebene ein Arbeitsbereich, Badezimmer sowie Lagerflächen bereitgestellt. Die B-Ebenen sind als Sozialetagen ausgewiesen, die je nach Anforderung flexibel genutzt werden können; so kann die gesamte Ebene als Gemeinschaftsraum dienen oder bei Bedarf etwa um weitere Schlafräume erweitert werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, drei Module auf der B-Ebene zu verbinden, sodass ein sehr großer Gemeinschaftsraum entsteht, der beispielsweise für Veranstaltungen genutzt werden kann. Den Abschluss bildet stets eine Panorama-Ebene, von der aus die Umgebung erlebbar wird.

3D-Metalldruck-Technologie

Bei der für den Druck der Exosteel-Konstruktion vorgesehenen Technologie des Robotic Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) von MX3D handelt es sich im Wesentlichen um einen Schweißroboter (Roboterarm von KUKA), der so programmiert ist, dass er wiederholt geschmolzenes Metallmaterial Schicht für Schicht aufträgt und dadurch präzise in die gewünschte Form bringt. Das Unternehmen MX3D hat die Möglichkeiten seiner WAAM-Technologie bereits durch den 3D-Druck einer Brücke aus Edelstahl im Zentrum von Amsterdam demonstriert. Für das Madre Natura Projekt wird aktuell noch nach Investoren gesucht, die die finanziellen Mittel für die Umsetzung bereitstellen.

Entwurf: MASK Architects, Olbia / Sardinien; 3D-Druck: MX3D, Amsterdam

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