Modernisierung von Bauernhaus und Scheune M1 in Jois

Dachsteine aus Plexiglas für besondere Lichteffekte

Im Burgenland am Neusiedler See liegt die kleine Gemeinde Jois mit knapp 1.600 Einwohnern. Dort hat das Team von CP-Architektur ein altes Bauernhaus und die zugehörige ehemalige Scheune zu einem komfortablen, zeitgemäßen Wohnhaus für die private Bauherrschaft umgebaut. Dabei legten die Planer besonderen Wert auf einen Dialog zwischen alten und neuen Elementen. Das lang gestreckte Grundstück an einer Straßenkreuzung ist allseitig von einer historischen Mauer aus Bruchstein eingefasst, die teilweise die Funktion der Außenwände der beiden Bauten übernimmt. Parallel zum giebelständigen, schmalen Haupthaus, dessen Räume im Erdgeschoss wie Kettenglieder aufeinander folgen, dient ein vier Meter breiter, teils gepflasterter Grünstreifen der Erschließung. Er führt am Haupthaus samt Garten vorbei und endet vor dem Nebenhaus – der ehemaligen Scheune – im hinteren, nördlichen Teil des Grundstücks.  

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Die umfassenden Modernisierungsmaßnahmen sind außen ablesbar: Neben einer vorhandenen Dachgaube erhielt das Wohnhaus eine weitere und deutlich größere Gaube, die über die Fassade hinauskragt und sich mit klaren Konturen und einer Bekleidung aus weißen Faserzementtafeln vom Bestand abhebt. Das historische Gemäuer erhielt einen weißen Verputz, unter dem altersbedingte Unregelmäßigkeiten erkennbar bleiben. Die schmal gerahmten, modernen Holzfenster schließen bündig mit der Fassade ab, sodass im Inneren tiefe Laibungen entstehen.

Das Haupthaus hat entlang des Fußweges zwei Zugänge. Die Architekten verlegten Wohnzimmer und Küche in den hinteren, dem Garten zugewandten Gebäudeteil. Ein Gästezimmer bildet anstelle der alten Küche den Auftakt an der Straßenseite. Aufgrund des ansteigenden Grundstücks und verschiedener Unterkellerungen variiert das Bodenniveau im Erdgeschoss derart, dass die Räume untereinander durch Stufen verbunden sind. Ein Teilgeschoss mit Schlafräumen und Bädern im Dachraum wird über den ehemaligen Rauchabzug des offenen Herdes in der „Rauchkuchl“ (Rauchküche) erschlossen, in die eine Wendeltreppe eingebaut wurde. Über dem Wohnzimmer und der Küche hingegen ist der Dachstuhl einsehbar, sodass diese Räume besonders großzügig wirken. Der Erhalt historischer Elemente war den Planern wichtig. Eine Tramdecke (Holzbalkendecke) in der ehemaligen Küche ließ sich in den Umbau integrieren, und auch die einsehbaren Dachträger blieben an Ort und Stelle. Das dunkle Altholz bildet einen wirkungsvollen Kontrast zu den neuen Bauelementen aus Eichenholz wie Fenstern, Türen, Böden und Einbaumöbeln.

Die Veränderungen der ehemaligen Scheune erscheinen zunächst geringfügig, angesichts der Hülle aus sägerauen Lärchenbrettern mit offenen Fugen und einem zweiflügeligen Holztor. Aus der Fassade stößt jedoch eine schwarz umhüllte Box mit Glasfront hervor, die als Zwischengeschoss eingefügt wurde. Das gesamte Gebäude dient heute als Ort der Entspannung: Es beherbergt einen Pool mit Ruhezone und einen zusätzlichen Raum in der eingeschobenen Box. Über das große Tor sowie Faltschiebeläden unterhalb des Einschubs lässt es sich fast vollständig zum Garten öffnen. Dafür wurde die Scheune komplett entkernt – allein die Steinmauern und der Dachstuhl blieben erhalten und sichtbar. Die als „Haus im Haus“ ausgeführte Box in Holzriegelbauweise ist außen mit Dreischichtplatten aus Lärchenholz bekleidet. Die Ausgestaltung des Innenraums erfolgte mit Oregonkiefer. Durch eine minimalistische Möblierung mit Tatami-Matten entsteht eine japanisch anmutende Atmosphäre.

Dach
Das Dach im Haupthaus wurde nach dem Einbau der großen Gaube, die das Badezimmer beherbergt, mit den Bestandsziegeln lediglich neu eingedeckt, da es vom Vorgänger bereits zusätzlich gedämmt worden war. Bei dem traditionell als Kaltdach ausgeführten Satteldach der Scheune blieb der bestehende Dachstuhl komplett erhalten. Er wurde mit den alten Balken neu ausgerichtet und für die Dachsteine mit einer Schalung im Abstand von 34 cm versehen. Abschließend wurde die Dachhaut neu gedeckt. Dabei wurden in unregelmäßiger Verteilung zu zehn Prozent transparente Plexiglasdachsteine eingearbeitet. Sie führen Tageslicht in den hohen Raum und sorgen für besondere Effekte und Reflexionen auf der Wasseroberfläche des Pools.

Bautafel

Architekten: cp-architektur, Wien
Projektbeteiligte: Sara Bau, Wiesen (Baumeister); MP Holzbau, Karl (Zimmerei); Elektro Halwax, Hirm (Elektrik); Malermeister Brettner, Pottendorf (Maler); Cooling Company Martin Flicker, Tullnerbach (Klimatechnik/HLKS); Thomas Höppner, Wien (Fliesenleger); Markus Schneider Installation, Bruck/Leitha (Installateur); Fercher + Stockinger, Seekirchen (Tischlerarbeiten Fenster und Türen); Josef Prödl Tischlerei, Kirchberg/Raab (Innenausbau)
Fertigstellung: 2015
Bauherr: privat
Standort: Jois, Burgenland
Bildnachweis: Philipp Kreidl, Wien

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