Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart

Statement zum Stand der digitalen Technik

Rechner-Barock und Digitalmoderne – das sind nur zwei der Etiketten, die diesem Bau bereits angeheftet waren, bevor er fertig wurde. Im Mai 2006 wurde in Stuttgart-Untertürkheim das neue Mercedes-Benz-Museum eingeweiht. Es entstand nach Plänen des Amsterdamer Büros UN Studio (Ben van Berkel und Caroline Bos), die den Wettbewerb im Jahr 2002 für sich entscheiden konnten. Es gilt als eines der spektakulärsten Bauwerke der Gegenwart. Seine Planung und sein Bau sind aufs engste mit dem Gestaltfindungsprozess am Computer verbunden. Das Gebäude, dem sämtliche konventionelle Architekturmerkmale wie gerade Wände, ebene Böden oder abgeschlossene Räume fehlen, ist ein Statement zum Stand der digitalen Technik.

Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart
Der Museumsrundgang als Raumkontinuum - aus Wand wird Decke, aus Decke wird Fassade, aus Fassade wird Boden
Das gebäudehohe, rauhe Atrium weckt Assoziationen zu Autobahnunterführungen und Brückenbauwerken

Als gekrümmte Doppelhelix bezeichnen die Architekten die Grundform des Hauses im Grundriss. Damit wird auf die Geometrie der Träger menschlichen Erbguts angespielt. Der Grundgedanke des Museumsrundgangs, der von oben erschlossen wird, sind zwei Parcours, die sich immer wieder treffen und miteinander verschränken: Mythos (chronologisch) und Collection (thematisch). Ein Wechsel zwischen beiden Rundgängen ist an vielen Stellen möglich. Ähnlich wie beim New Yorker Guggenheim-Museum winden sich die Rundgänge neun Geschosse hoch von oben nach unten. Zwischen den beiden Rundgängen ist ein gebäudehohes Atrium angeordnet.

Das von HG Merz (Stuttgart) geplante Ausstellungskonzept ist von Anfang an in die Architekturpläne eingeflossen. Die Ausstellung zeigt auf 16.500 m² Fläche 160 Fahrzeuge, darunter neben Pkws und Rennwagen auch Busse und Lkws.

Beton
Neben der teilweise schwindelerregenden Formensprache besticht der Museumsbau durch seine radikale Materialität: Durch die schiere Wucht der Sichtbeton-Konstruktion erhält das Raumkontinuum seinen Halt. Der rauhe Beton kontrastiert dabei mit den polierten Metalloberflächen der Exponate und ruft gleichzeitig Assoziationen zu deren natürlichen Lebensraum wach: Bilder von Autobahnunterführungen, Brückenbauwerken, Tunnels und aufgeständerten Trassen drängen sich auf.

Die Realisierung der vielen doppelt gekrümmten Flächen stellte eine besondere Herausforderung dar. Zur Vereinfachung der Herstellung wurde ein spezielles Verfahren entwickelt, das es erlaubt, doppelte Krümmung durch planeben zugeschnittene Elemente zu erzeugen, die nur elastisch verformt in die richtige Form gedrückt wurden. Dieses Verfahren wurde insbesondere für die Schaltafeln angewandt.

Um abgehängte Decken und Rohre für die Installationen zu vermeiden sind alle Decken als zweischalige Konstruktionen ausgeführt, alle Lampen und Lüftungsöffnungen sind bündig eingebaut.

Bautafel

Architekten: Ben van Berkel und Carolin Bos (UN Studio), Amsterdam
Projektbeteiligte: HG Merz, Stuttgart (Ausstellungskonzept); Udo Walz, Stuttgart (Parametrisierung 3D-Modell); Werner Sobek, Stuttgart (Tragwerk), Transsolar, Stuttgart (Energieplanung);
Bauherr: DaimlerChrysler AG, Stuttgart
Fertigstellung: 2006
Standort: Mercedesstraße 100, Stuttgart-Untertürkheim
Bildnachweis: Daimler Crysler, Stuttgart

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