_Geneigtes Dach

Hoch über den Ufern des Kootenay Sees im kanadischen British Columbia befindet sich inmitten von Nadelwäldern der Tempel des Lichts – ein Versammlungsort für die Mitglieder des Yasodhara Ashram. Die organische Gebäudeform, die an eine Lotusblüte erinnert, signalisiert den spirituellen Charakter des Bauwerks in die Ferne. Der von Patkau Architects parametrisch entworfene Zentralbau fügt sich aus Modulen mit textiler Hülle zusammen.

Seit 1963 liegt der Sitz des von Swami Sivananda Radha gegründeten Zentrums für Selbsterfahrung und Yoga an diesem abgeschiedenen Ort. Damit ist er einer der ältesten Ashrams in Kanada. 2014 wurde der Vorgängerbau von einem Feuer zerstört, das durch Funkenflug während Reparaturarbeiten ausgebrochen war. Nur das Fundament blieb damals übrig.

Parametrischer Entwurf auf historischem Fundament

Als besondere Herausforderung sahen die Planer sich mit dem Wunsch der Mitglieder des Ashrams konfrontiert, dass das alte Fundament auch die Basis für den neuen Tempel darstellen sollte. Dies resultierte zum Einen aus der tiefen inneren Verbundenheit mit dem bisherigen achteckigen Kuppelbau, aber auch aus dem erklärten Willen heraus, möglichst nachhaltig und schonend mit Ressourcen umzugehen, um das empfindliche Ökosystem der Umgebung wenig zu stören.

Der ungewöhnlich geformte Baukörper soll laut John Patkau „eine Einladung ans Licht“ darstellen. Ausgehend vom bisherigen Grundriss entstand ein Kuppelbau, der sich aus acht mehrfach gekrümmten, membranbezogenen Gitterstrukturen zusammensetzt, die – wie die Blätter einer Blüte – fächerartig ineinandergreifen. Die ungewöhnliche Formgebung machte es erforderlich, jedes der Blütenblatt-Module individuell in einem Computerprogramm zu entwickeln.

Die einzelnen Module wurden dann von einem Holzbauer mit CNC-Fräse vorgefertigt. Der Zusammenbau erfolgte im Anschluss vor Ort. Patkau Architects sehen in dem Entwurf den Prototyp für ein modulares, transportables Bausystem. Die Konstruktion ist eine Kombination aus einem Rippengewölbe und einer geschwungenen Außenhaut, wobei die vorgefertigten Verbundholzmodule zusammenwirken wie Steine in einem gemauerten Bogen.

Tageslicht und spektakulärer Ausblick

Direkt neben dem Tempel, jedoch in der Außenwirkung weitgehend verborgen, befindet sich der ebenfalls organisch geformte Empfangsbereich. Hier sind  profane Nutzräume wie Waschräume und Lagerräume für Instrumente angesiedelt. Vom Empfangsbereich kann man das Tempelgebäude über acht Türen betreten. Große Fenster im unteren Bereich füllen den Versammlungssaal mit viel Licht und bieten den Besuchern spektakuläre Ausblicke auf See und Berge.

Im Innern erinnert die steil aufsteigende Gebäudegeometrie eher an ein Windrad. Am höchsten Punkt der Kuppel befindet sich ein rundes Oberlicht, das den Blick auf den Himmel freigibt. Der Einsatz schallabsorbierende Materialien erzeugt eine gute Akustik. Ebenso legte man Wert auf die Umsetzung hoher energetischer Standards durch adäquate Dämmung, Dreifachverglasung und der Nutzung eines Erdwärmespeichers.

Dachaufbau (von außen nach innen):

• Membran aus flüssigem Polymethylmethacrylat (transparenter thermoplastischer Kunststoff) mit Glasflieseinlage
• Furniersperrholz 9 mm in zwei Lagen, mit Borsalz behandelt
• Sperrholzstreifen 19/65 mm
• Hinterlüftungsebene aus aufrechten Furnierträgern 90/150 mm
• Unterspannbahn
• Holzkassetten aus Furnierträgern 305 mm hoch, mit Zellulose gedämmt
• Dampfbremse
• zementgebundene Bauplatten

Bautafel

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