Manufaktur in Wattens

3D-Planungsmethoden in Konzeption, Entwurf, Ausführungsplanung und Fertigung

Das Architekturbüro Snøhetta entwickelte für den Kristall- und Schmuckhersteller Swarovski eine Manufaktur, die als Hybrid aus Werkhalle, Kommunikationsraum und Präsentationsfläche wichtiger Fertigungs- und Repräsentationsort für das österreichische Unternehmen ist. Dabei setzten die Architekturschaffenden im Innenraum auf Naturhölzer sowie helle Oberflächen und pointieren mit Messing, buntem Glas und Textilien. Bei Konzeption, Entwurf, Planung und Produktion kamen digitale Methoden zum Einsatz, die das international arbeitende Büro auch am Innsbrucker Standort einsetzt.

 Die Nordfassade ist vollflächig verglast und bringt diffuses Nordlicht in die Innenräume. Die Südfassade weist hingegen nur ein schmales Lichtband auf.
Der Manufaktur vorgeschaltet ist das Gebäude Campus 311. Von hier aus kann über eine Verbindungsbrücke im 1. OG der lichtdurchflutete Neubau erschlossen werden.
Die Architekten setzten im Innenraum auf Naturhölzer und helle Oberflächen und pointieren mit Messing, buntem Glas und Textilien.

Der Manufaktur vorgeschaltet ist das Gebäude Campus 311, ein neues Bürohaus in den Mauern einer alten Werkhalle. Über eine Verbindungsbrücke im ersten Obergeschoss kann der lichtdurchflutete Neubau für Fertigung und Präsentation erschlossen werden. Das Erschließungsgeschoss ist als im Dach eingehängte Holzplattform ausgeführt. Eine großzügige Freitreppe führt hinunter in die Werkhalle und bildet zusammen mit dem Café im Erdgeschoss einen zentralen Begegnungs- und Kommunikationsort. Darüber hinaus sind in den tribünenartigen Einbau Büros, Schau- und Präsentationsräume integriert.

Zenithlicht aus 135 Öffnungen für optimale Arbeitsbedingungen

Bei der Kristallbearbeitung ist ein möglichst hoher Tageslichtanteil in der Bearbeitung essenziell. Denn nur unter Sonnenlicht entfaltet das Glas sein komplettes Spektrum an Lebendigkeit und Farben aus den Lichtstrahlen, die sich immer wieder in den geschliffenen Facetten brechen. Für das Architektenteam stand daher diese Notwendigkeit an oberster Stelle beim Entwurf des „Kristallateliers“. Die formale Notwendigkeit, möglichst viel Licht in den Innenraum zu bringen, bedingte zugleich den wichtigsten ästhetischen Aspekt im Gesamtentwurf: Aus 135 Tageslichtöffnungen, sogenannten Kassetten, formiert sich die Decke über dem multifunktionalen Innenraum. Die Verbundglaselemente sind auf der Außenseite mit einer Sonnenschutzbeschichtung, innen mit einer Streufolie versehen. Damit bildet das einfallende diffuse Licht eine wichtige Tageslichtquelle in dem Manufakturgebäude. Hinzu kommen die verglaste, langgestreckte Nordfassade sowie schlanke Lichtbänder auf der Südseite des Gebäudes im Erd- und Untergeschoss.

Dachkonstruktion mit integrierter Haustechnik

Der Innenraum ist stützenfrei gestaltet. Die Kassetten aus einer weiß lackierten Stahlkonstruktion im Raster von 6x3 m sind leicht verdreht und folgen damit dem trapezförmigen Grundriss. In die Dachkonstruktion ist die gesamte Haustechnik integriert. Zusätzlich wurden Akustikpaneele eingefügt, die eine mühelose Kommunikation in der Werkhalle begünstigen, auch bei laufendem Betrieb der Maschinen. Die Versorgungsleitungen für die Produktion sind in einer Doppelbodenkonstruktion im Erdgeschoss integriert.

Durch die Aufnahme der technischen Versorgungsleitungen in die Struktur des Gebäudes können bei wechselnden Standards oder Produktionsanforderungen die Prozesse und Maschinen entsprechend der neuen Anforderungen flexibel arrangiert werden.

3D-Planung und BIM für alle Phasen

Der Bauherr forderte die BIM-Methode für das Projekt ein. Snøhetta Architekten planten in der Konzeptionsphase mit einem NURBS-basierten (Non-Uniform Rational B-Splines) 3D-Modellierungsprogramm und wechselten anschließend zur BIM-Planungssoftware, die für die Entwurf- und Ausführungsplanung zum Einsatz kam. Die Modellierungstiefe reichte bis zum LOD 400. Komplexe Formen, etwa die Schrägen der Freitreppe, erstellte das Architekturbüro mit der Modellierungssoftware, da diese umfangreichere Möglichkeiten bei der Freiformmodellierung bietet. Anschließend wurden diese Formen manuell im BIM-Planungsprogramm nachgezeichnet.

Aus wirtschaftlichen Gründen wurden die meisten Details zeichnerisch in 2D entwickelt – die Modellierung in 3D wäre hier zu zeit- und kostenaufwändig gewesen. Dennoch hatte BIM einen hohen Stellenwert bei Planung und Realisierung. Die geometrische Komplexität und die aufwändige Haustechnik in der Dachebene waren hiermit einfacher zu bewältigen und übersichtlicher abzubilden.

BIM-orientierte Planung bis in die Fertigung hinein

Das Planungsteam setzte auf kollaborative Arbeitsprozesse zwischen den Partnern. An den Statiker übergaben die Architekten eine Datei aus dem BIM-Planungsprogramm, dessen Planung kam dann als 3D-DWG-Datei retour. Der TGA-Fachplaner arbeitete mit einem Datensatz, der aus 2D- und 3D-Daten aus dem BIM-Planungsprogramm bestand, und übergaben eine 3D-DWG-Datei mit ihrer Fachplanung an die Architekten. Mit der anschließenden 3D-Datenübernahme in die Gesamtplanung ließ sich die nötige Planungsgenauigkeit im Projekt erreichen.

Detaillierte Planungsinformationen flossen ebenfalls in den gesamten Stahlbau ein. Dabei wurden vor allem die komplexen Ausführungsdetails der Decken und der trapezförmigen Lichtkuppeln in 3D modelliert. Diese wurden direkt an die ausführenden Firmen übergeben. Deren Werkplanungen sind dann anschließend in das Gebäudemodell eingefügt worden. -tw

Bautafel

Architektur: Snøhetta, Innsbruck
Innenarchitektur: Snøhetta, Innsbruck; Carla Rumler, Swarovski Wattens
Projektbeteiligte: ATP Architekten Ingenieure, Innsbruck (Elektro- und TGA-Fachplanung); Baumann + Obholzer, Innsbruck (Statik); Spektrum, Dornbirn (Bauphysik); Revit, München (BIM-Planungssoftware in Entwurf und Ausführungsplanung: Autodesk Revit); Rhino, Barcelona (3D-Modellierungssoftware in Entwurfsphase: Rhinoceros 3D)
Bauherrschaft: D. Swarovski, Wattens
Fertigstellung:
2018
Standort: Wattens bei Innsburck, Österreich
Bildnachweis: David Schreyer, Tirol

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