Lilienthalhaus in Braunschweig

Membrandach aus ETFE-Folie für ein Atrium

Der Forschungsflughafen Braunschweig entwickelt sich zu einem der größten europäischen Wissens- und Technologiestandorte im Bereich Mobilität, Luft- und Raumfahrt. Neben den bestehenden Forschungseinrichtungen mit Windkanälen, Simulatoren und Prüfständen des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) entsteht ein neues Quartier. Den baulichen Auftakt der Erweiterung bildet das Besucher- und Dienstleistungszentrum Lilienthalhaus. Es liegt gegenüber dem historischen Flughafengebäude und ist – wie das ganze neue Gebiet – nach dem Luftfahrtpionier Otto Lilienthal benannt. Rüdiger Architekten entwarfen einen viergeschossigen Bau, dessen drei konvexe Fassaden ein Atrium umschließen. Das pneumatisch aufgeblasene Dach darüber erinnert an die Tragflächenform des ersten Gleitfliegers.

Rüdiger Architekten entwarfen den viergeschossigen Bau, dessen drei konvexe Glasfassaden ein überdachtes Atrium umschließen
Das pneumatisch aufgeblasene Dach über dem öffentlich zugänglichen Atrium erinnert an die Tragflächenform des ersten Gleitfliegers
Der annähernd dreieckige Grundriss scheint wie liegender Spitzbogen mit drei nach außen gewölbten Seiten

Umhüllt wird das Gebäude von einer geschosshoch verglasten Fassade, die durch gold glänzende Belüftungselemente vertikal gegliedert wird. Der annähernd dreieckige Grundriss scheint wie liegender Spitzbogen mit drei nach außen gewölbten Seiten. Die Wände des transluzent überdachten Innenhofes nehmen diese Wölbung auf. Während die drei umgebenden Gebäudeflügel Büroräume beherbergen, bildet das Atrium das Herzstück und ist öffentlich zugänglich. Hier sollen ganzjährig Veranstaltungen, Ausstellungen und Vorträge stattfinden. Ein weiterer Blickfang ist neben dem Dach eine frei stehende Wendeltreppe aus weiß lackiertem Stahl. Über sie können die Büroräume der Obergeschosse erschlossen werden. Zwei weitere Treppenhäuser befinden sich innerhalb der Gebäudeflügel. 

Die flexibel einteilbaren Büros sind über zentrale Flure erreichbar und sowohl zum Atrium als auch zum Außenraum ausgerichtet. Alle Räume verfügen über viel natürliches Tageslicht. Das Raumprogramm umfasst über Büros hinaus die sogenannte Skylounge im obersten Geschoss, die als Besprechungs- oder Veranstaltungsraum dient. Die vorgelagerte Dachterrasse bietet Ausblick auf die Start- und Landebahn des Flughafens. Ferner ist auf den 7.200 Quadratmetern Gesamtfläche ein Bereich für Start-ups untergebracht sowie ein großes Auditorium im Erdgeschoss. Neben Flughafendienstleistungen und einem Bistro findet man hier zudem die „Wissenswelt“, eine Ausstellung des DLR. Einen großzügigen Zugang zum Gebäude stellt der in der nordwestlichen Ecke platzierte Vorplatz dar, der doppelgeschossig in den Baukörper eingefügt wurde.

Dach
Für die Überdachung entwickelten die Ingenieure ein über 400 Quadratmeter großes dreieckiges Membrankissen aus 0,2 mm starker transparenter ETFE-Folie. Ebenso wie Glas bietet der Werkstoff nicht nur eine hohe UV- und Lichtdurchlässigkeit, zugleich gewährleistet er den erforderlichen Brandschutz. Das Besondere an dieser Lösung ist, dass man aufgrund der reinen Zugbeanspruchung das Dach mit einer äußerst leichten Unterkonstruktion realisieren konnte. Lediglich rautenförmig angeordnete Stahlseile, die am umlaufenden Randrohr befestigt sind, überspannen das Membrankissen. Dadurch wirkt das Tragwerk nahezu unsichtbar, was der Überdachung neben einer eleganten Optik auch Leichtigkeit verleiht. Das Konstruktionsgewicht beträgt weniger als 20 kg/m² für die gesamte Atriumsüberdachung ab Oberkante Massivbau.

Das dreilagige Membrandach, das sich zur Dreiecksspitze hin neigt, wurde auf dem Massivbau aufgeständert und abgespannt. Durch die Neigung entstanden zwischen Dach und Gebäudekante weitere geneigte Fassadenflächen. Diese wurden ebenfalls mit ETFE-Folie und integrierten Klappen realisiert, die als Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) dienen. Zur Reduktion des Wärmeeintrages durch Sonnenlicht ist die äußere Folienlage mit einem gleichmäßigen Muster bedruckt.

Das Gebäude erhielt für seine nachhaltige Bauweise das Zertifikat in Gold der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).

Bautafel

Architekten: Rüdiger Architekten, Braunschweig
Projektbeteiligte: FormTL Ingenieure, Radolfzell (Membranstatik und Konfektionierung); Ingenieurbüro Hidar, Braunschweig (Projektsteuerung)
Bauherr:
 Volksbank BraWo, Braunschweig
Standort: Lilienthalplatz 1, 38108 Braunschweig
Fertigstellung: August 2017
Bildnachweis: Hanno Keppel, Braunschweig

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