Licht- und Klanginstallation Aviary in der Dubai Mall

Berührungsempfindliche Rohre aus Borosilikatglas

Dass Bauvorhaben in Dubai häufig eine Nummer größer ausfallen als anderswo, ist hinlänglich bekannt. Neben dem derzeit höchsten Gebäude der Welt und einer dem Meer abgerungenen Insel in Palmenform können Kaufwillige eines der weltweit größten Einkaufszentren besuchen. Auf einer Gesamtfläche von 520.000 Quadratmetern versammelt die Dubai Mall nicht nur zahllose Juweliere an einem Ort, sondern bietet auch eine Kunsteisbahn sowie ein riesiges Aquarium. Neueste Attraktion und vergleichsweise klein ist die interaktive Licht- und Klanginstallation Aviary nach einem Entwurf des Bostoner Architekturbüros Höweler + Yoon.

An den Glasstelen können Besucher spielerisch verschiedenste Licht- und Klangkompositionen erzeugen
Auf Berührungen reagieren die Stelen mit Vogelgesang und bunten Lichtanimationen
Die Glasrohre sind zwischen 2,50 und 4,00 Meter hoch

Sie besteht aus insgesamt 40 berührungsempfindlichen Stelen aus Borosilikatglas, deren Höhen zwischen 2,50 und 4,00 Meter betragen und die in zwei spiralförmigen Gruppen angeordnet sind. An ihnen können Besucher spielerisch verschiedenste Licht- und Klangkompositionen erzeugen: Auf Berührungen reagieren sie mit Vogelgesang und bunten Lichtanimationen; Wischbewegungen erzeugen virtuelle Lichtbälle, die auch auf die benachbarten Glasrohre übergreifen.

Die Funktionsweise der Installation ist dem Prinzip der in Smartphones verwendeten Displays nachempfunden. Jede Glasröhre ist auf der Innenseite mit einer berührungsempfindlichen Folie, einem Lichtkern, bestehend aus vier LED Streifen, sowie einem Sockel, der die Technik beinhaltet, bestückt. Die Glasrohre sind in sich eigenständig tragende Elemente mit einer Glasdicke von neun Millimetern. Ein schlanker, eingehängter Aluminiumkern trägt die LED Schienen und einem zwischen dem Glas und der Lichtquelle angeordneten Touch Film. Das Glas muss lediglich das Gewicht der angeschlossenen LED Schienen und der beschichteten Transparentfolie tragen. Ein weiterer Diffusorfilm homogenisiert die Erscheinung der Lichtanimation. Über 96 Detektionsringe auf dem Touch Film erfassen die Berührungen auf der Glasoberfläche, leiten sie an die Computereinheit im Säulenfuß weiter, wo sie zu Licht- und Tonsignalen weiterverarbeitet werden

Glas
Neben den hohen optischen und akustischen Anforderungen waren auch sicherheitstechnische Aspekte bei Umsetzung der im Boden eingespannten Glasrohre zu berücksichtigen. Um zu untersuchen, wie sie sich im Schadensfall verhalten, erfolgten Prüfungen in Hinsicht auf außergewöhnliche Lastfälle: dem Personenanprall (Soft Impact) und dem Aufprall von harten Gegenständen oder Vandalismus (Hard Impact). Für die experimentelle Simulation eines Personenanpralls wurde das Nachweiskonzept zur Sicherstellung der Absturzsicherheit einer Konstruktion herangezogen. Da dieser Lastfall bereits in der Planungsphase berücksichtigt wurde, konnte der Kontakt innerhalb der Einspannungsebene zwischen Stahl und Glas durch eine etwa ein Zentimeter dicke Zwischenschicht aus einem speziellen Polymer verhindert werden. Gleichzeitig dämpft diese Polymerschicht die kinetische Energie im Falle eines Aufpralls. Um ein Nachbruchverhalten im Versagensfall zu erreichen, wurden alle Glasröhren im Inneren mit einer dünnen, transparenten PU-Gießharzschicht versehen.

Anhand von numerischen Simulationen und experimentellen Versuchsdurchführungen (Pendelschlagversuch) konnte nachgewiesen werden, dass die Glassäulen der kinetischen Energie eines Aufpralls aus 90 Zentimeter Fallhöhe (Aufprallstelle: ein Meter oberhalb des Bodenniveaus) widerstehen. Der Nachweis gegenüber einem harten Aufprall oder Vandalismus erfolgte durch gezielte Vorschädigung der Glasröhren oberhalb der Einspannung mit einem Hammer. Ein anschließender Pendelschlagversuch aus 20 Zentimeter Fallhöhe zeigte, dass die Glasrohre zwar umfallen, dabei aber nicht zerbrechen und damit kein gefährlicher Splitterabgang zu erwarten ist.

Bautafel

Architekt: Höweler + Yoon Architecture, Boston
Projektbeteiligte: Erik Carlson und Nicholas Joliat, Providence (Sounddesign); Arup, New York (Akustische Beratung); Knippers Helbig, New York (Tragwerksplanung); Schott, Mitterteich (Glasrohre); Hi-tec-Glas Grünenplan, Delligsen (Glasverarbeitung); TU Darmstadt, Institut für Werkstoffe und Mechanik im Bauwesen (Begutachtung der Tragfähigkeit der Glasrohre); Parallel Development, New York (Technische Realisierung); Carestream, New York (Berührungsempfindliche Folie)
Bauherr: Dubai Mall
Fertigstellung: 2013
Standort: Doha Street, Dubai, Vereinigte Arabische Emirate ‎
Bildnachweis: Höweler + Yoon Architecture, Boston

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