Lei House in Tonglu

Bed and Breakfast in einem Landhaus mit Bruchsteinfassade

Während die chinesischen Städte in den letzten Jahrzehnten einem extremen Wachstumsdruck ausgesetzt waren, blieben die ländlichen Gebiete, die oft noch von traditioneller Landwirtschaft geprägt sind, davon weitgehend verschont. Den Einfluss der urbanen Zivilisation auf solche Ansiedlungen zeigt beispielhaft das Lei House im ostchinesischen Dorf Shanyinwu. Die Siedlung gehört zum Kreis Tonglu und ist von der Millionenstadt Hangzhou nicht allzu weit entfernt.

Anders als die Nachbarhäuser ist der dreigeschossige Bau, den Zhang Lei von AZL Architects aus Nanjing plante, ein schlichter Quader mit einem bepflanzten Flachdach.
Mit seinen dicken Mauern und eher kleinen Fenstern erscheint das Lei House ein bisschen wie eine Festung.
Im Kontrast dazu steht ein würfelförmiger transluzenter Pavillon im Vorgarten.

Viele Häuser im Dorf wurden in der letzten Dekade umgebaut und renoviert. Als charakteristisch bezeichnet Zhang Lei von AZL Architects aus Nanjing einen „neuen ländlichen Stil”, der vor allem durch die Abwesenheit von identitätsstiftenden Merkmalen und lokal verwurzelten Bauweisen geprägt ist. Das Wohnhaus nach seinem Entwurf, in dem die Besitzerin Frau Lei nicht nur selbst wohnt, sondern auch Gästezimmer für Reisende anbietet, steht auf einem rund 200 Quadratmeter großen Grundstück am Hang. Anders als die Nachbarhäuser ist der dreigeschossige Bau ein schlichter Quader mit einem bepflanzten Flachdach. Auffallend ist auch die heterogene Bruchsteinfassade: Ihre Kleinteiligkeit und Farbnuancen stehen im Kontrast zur klaren Kubatur.

Die tief sitzenden quadratischen Fenster an der südlichen Eingangsseite richten sich zum Tal und einem Wasserreservoir. Mit seinen dicken Mauern und eher kleinen Fenstern erscheint das Lei House ein bisschen wie eine Festung. Einen gegenteiligen Eindruck erweckt der würfelförmige transluzente Pavillon im Vorgarten: Dessen gerasterte Fassade besteht aus quadratischen, teilweise konkaven Modulen, die mittels 3D-Druck hergestellt wurden. Manche Module haben kleine oder größere kreisförmige Öffnungen. Tagsüber nehmen die hellen Kunststoffelemente die Färbung des Himmels auf und reflektieren das Licht. In der Dämmerung setzt künstliche Beleuchtung den Kubus mit einer Kantenlänge von drei Metern wie eine Laterne in Szene.

Den zentralen Hauseingang mit einer Glastür, die in einer breiten Nische positioniert ist, markiert ein schmaler Betonsturz. Es folgt ein hohes Foyer mit der Treppe ins Obergeschoss. Linkerhand öffnet sich ein geräumiger Speise- und Wohnraum, geradeaus findet sich eine Sitzgruppe mit offenem Übergang zur Küche. Das private Schlafzimmer mit Bad ist hinter der Treppe angeordnet und damit separiert. In den oberen Etagen befinden sich die Gasträume mit jeweils eigenem Bad und WC. Im ersten Obergeschoss ist die weiterführende Treppe rückwärtig angeordnet, sodass an der Südseite der zweiten Etage Platz ist für einen zusätzlichen Schlafraum. Bis zur begrünten Dachterrasse führt die Treppe – Tageslicht gelangt durch Oberlichter tief ins Gebäude.

Schieferbruchstein aus Resten lokaler Produktion
Die Bruchsteine der Fassade sind Überreste aus der Steinbearbeitung einer nahen Fabrik. Dort wird „Cyan Slate” bearbeitet, der zur Dekoration städtischer Fassaden, für Wege und Plätze verwendet wird. Das unregelmäßige, dicht gefügte Schiefermauerwerk erinnert einerseits an die lokale Bautradition der sogenannten She-Minderheit; auf der anderen Seite zeigt es einen neuen Weg des Einsatzes von Blendmauerwerk bei zeitgenössischen Landhäusern. Tatsächlich hatte die Verwendung der Steinreste am Lei House einen Preisanstieg derselben in dem Betrieb zur Folge – möglicherweise verlagern sich die Gewinne des Unternehmens künftig von der Stadt auf das Land.

Die tragenden Wände sind aus Betonhohlsteinen konstruiert, die Decken aus Stahlbeton. Das vorgeblendete Schiefermauerwerk hat gleichbleibende Tiefe und ist mit etwas Abstand vor die Betonsteinwand gesetzt. Die Bruchsteine sind so vermörtelt, dass die Ansichtsfugen frei bleiben. Die Fensterlaibungen sind betont durch knapp hervortretende Betonplatten. -us

Bautafel

Architektur: AZL Architects, Nanjing
Projektbeteiligte: Shanghai Tongji Steel Structure Technology, Nanjing (Bauausführung); Wiiboox 3D Technology, Nanjing (3D-Druck Pavillon); Archi-Solution Workshop, Nanjing (Beratung Pavillon)
Bauherrschaft: Frau Lei, Shanyinwu/Tonglu
Fertigstellung: 2017
Standort: QHP9+J8 Eshanxiang, Tonglu, Hangzhou, Zhejiang, China
Bildnachweis: Hou Bowen, Yao Li

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