Le Corbusier und die Unité d’Habitation, Typ Berlin

Le Corbusier und die Unité d’Habitation, Typ Berlin

Hg. Marcus Nitschke

Briefwechsel 1955 – 1958
Verlag treppe B, Berlin 2021
2. erw. Auflage,
168 Seiten, 125 x 190 mm, sw-Abbildungen, Broschur

Preis: 18 EUR

ISBN 978-3-96551-012-8

Teamwork sei Geschmackssache – das ist nur eines der Bonmots von Le Corbusier, die sich in dem kleinen Buch mit Briefen und Zeitdokumenten zum Bau der Unité d’Habitation, Typ Berlin, finden. Lag es an dieser mehr als selbstbewussten Haltung des französischen Architekten – oder doch eher am mangelnden Verständnis des Bauherrn für die Würfe des Meisters, dass der Planungs- und Ausführungsprozess in einen Kleinkrieg mündete?  

Die nicht immer einfache Korrespondenz zu dem im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957 entstandenen Bauwerk steht im Mittelpunkt der Publikation, die nun in zweiter, erweiterter Auflage erschienen ist. Den Erwartungen des Künstlerarchitekten steht dabei das deutsche Regel- und Pünktlichkeitsverständnis gegenüber. Beispielhaft wird aufgezeigt, wie die unterschiedlichen Interessen von Architekturschaffenden, Bauherrinnen und Bauherren, Förderstellen und weiterer Projektbeteiligter bei Planungen aufeinanderprallen können.

In einer Zeit, in der ein schneller Austausch von Gedanken nicht möglich war, in dem alles vorausgedacht und langfristig angegangen werden musste, in der zwischen dem Verfassen eines Schreibens und dessen Ankunft Tage vergehen konnten, wurde anders kommuniziert: Le Corbusier schickte in Form von Plänen bereits verwirklichter Unité d’Habitations seine Bedingungen zur Teilnahme nach Berlin, dort rang man um eine Lösung, um die vom Meister als unumstößlich definierten Maße in den geforderten Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus zu bringen.

Der Architekt ist sich seiner Strahlkraft bewusst und lässt sich auch von den Argumenten, dass in Berlin seltener die Sonne scheine als in Südfrankreich und die Menschen durchweg größer seien, nicht beeindrucken – der Modulor ist sein Lebenswerk, das er nicht durch Beliebigkeit zunichtegemacht wissen will. Immer wieder überschlagen sich die Ereignisse, wenn etwa Le Corbusier – trotz vorheriger Absprachen – die Vorgaben ignoriert und das ganze Projekt dadurch infrage stellt. Doch auch der Bauträger ist nicht zimperlich und nimmt aus Termingründen ohne Absprache bei der Ausführung Veränderungen vor, die Le Corbusier in Rage versetzen.

In den eingestreuten Zeitungsartikeln werden teilweise auch grundsätzliche Vorbehalte geäußert, der übliche Vorwurf an den Architekten, der im Altbau lebt oder arbeitet (im Falle von Le Corbusier ist es ein korridorähnlicher Raum in einem ehemaligen Jesuitenkloster in Paris) und Wohnmaschinen entwirft, die vor allem als zweckmäßig wahrgenommen werden können, liegt in der Luft. „Es kann kaum ein Problem sein, in einer Halbmillionenstadt 1.600 Snobs zu finden, die bereit sind, jede Art von Unbequemlichkeit zu loben, um dafür in einem Hause zu wohnen, von dem die ganze Welt spricht“, heißt es in einem der Artikel.

Dass man den Ausgang der Geschichte kennt, dass am Ende mit der Unité d’Habitation, Typ Berlin, ein Kompromiss steht, dem Le Corbusier zunächst ablehnend, mit zunehmendem zeitlichen Abstand jedoch immer milder gegenüberstand, macht das in übersichtliche Kapitel gegliederte Büchlein nicht weniger unterhaltsam. -chi

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