Kundenzentrum der Stadtwerke in Konstanz

Erdsonden, Wärmepumpe, Betonkernaktivierung, Photovoltaik, Lüftung mit WRG

Transparenz, Offenheit und vor allem Energieeffizienz soll das Kundenzentrum verkörpern, das sich die Stadtwerke Konstanz von ihrem Architekten Arnold Wild haben bauen lassen. Er entwarf einen Glaskubus mit Solarfassade und vorbildlichem Energiekonzept, das ihn zu einem der ersten gewerblichen Plusenergiegebäude in Deutschland macht. Nicht selten dient das Gebäude den im Haus arbeitenden Energieberatern als Anschauungsmodell für moderne Energie- und Gebäudetechnik.

Die Südfassade ist mit semitransparenten PV-Modulen bedeckt
Bei Dunkelheit erstrahlt das Kundenzentrum in bunten Farben
Die Wendeltreppe ist nur für den Notfall gedacht. Vom inneren Terppenhaus können die Besucher durch die PV-Fassade sehen

Vier Geschosse hoch, besitzt der unterkellerte Bau eine Kantenlänge von 15 m. Er wurde auf einer Teilfläche des zuvor als Kundenparkplatz genutzten Grundstückes vor der Hauptverwaltung der Stadtwerke errichtet. Wegen des schlechten Baugrunds entschied man sich für eine Gründung auf 47 duktilen Rammpfählen, die bis zu 18 m tief ins Erdreich reichen.

Auf rund 800 m² Nutzfläche bietet das Gebäude Platz für 20 Mitarbeiter. Im Erdgeschoss befindet sich der Kundenservice, im ersten Obergeschoss sind Büros angeordnet. Energieberatungen finden in den Räumen des zweiten Obergeschosses statt. Hier gibt es außerdem einen Raum, der für Ausstellungen über Energieeinsparung und regenerative Energien genutzt wird. Im Geschoss darüber befindet sich ein multifunktionaler Veranstaltungsraum. Holzverkleidete Innenwände schaffen im gesamten Gebäude eine wohnliche Atmosphäre.

Fassade mit gebäudeintegrierter Photovoltaik
Eine gläserne Doppelfassade, deren äußere Schale zu 60% transparent und zu 40% opak ausgebildet ist, umschließt das neue Kundenzentrum. Sie wurde als Pfosten-Riegel-Konstruktion mit Dreifach-Isolierverglasung in einem Raster von 3,00 m ausgebildet und besteht aus 80 großen Glasmodulen mit einer Gesamtfläche von rund 1.000 m². Automatisch geführte und reflektierende Aluminiumlamellen im Luftraum zwischen den beiden Fassaden dienen der Verschattung und leiten gleichzeitig Tageslicht in die Räume, was den Einsatz von Kunstlicht verringert.

Die Südfassade des Gebäudes ist mit semitransparenten Photovoltaik-Elementen bedeckt. Die 3,00 x 4,00 m großen Glas-Glas-Module sind Spezialanfertigungen und haben ein Gewicht von über einer Tonne. Insgesamt nehmen sie eine Fläche von 230 m² ein. Die opaken Felder der anderen drei Fassaden sind außenseitig mit Glasscheiben bestückt und innenseitig mit Akustikplatten. Im Kern befindet sich eine Wärmedämmung. Ihr U-Wert beträgt 0,11 W/m²K. Auf der Ost- und Nordfassade sind sie zudem mit LED-Lampen ausgestattet, die das Gebäude nachts in verschiedenen Farben erstrahlen lässt, während es bei Tag eher unauffällig wirkt.

Energiekonzept
Unter dem Kundenparkplatz der Stadtwerke befinden sich 13 Doppel-U-Erdsonden in 90 m Tiefe. Durch sie fließt ein Sole-Kreislauf, der Energie aufnimmt und zur Wärmepumpe transportiert.  Je nach Jahreszeit produziert die Sole-Wasser-Wärmepumpe Wärme oder Kälte. Ihre Heizleistung beträgt 12 kW, die Kühlleistung 80 kW. Die Zwischendecken aus 30 cm starkem Stahlbeton sind thermisch aktiviert, d.h. über die Decken wird im Winter geheizt und im Sommer gekühlt. Im Erd- und dritten Obergeschoss ist zusätzlich eine Fußbodenheizung eingebaut.

Die Luft im Zwischenraum der Glasfassade wird von einem Ventilator am Boden abgesaugt und führt sie zum Zentralgerät mit Wärmerückgewinnung (WRG) im zweiten Obergeschoss. Dort strömt sie über einen Kreuzwärmetauscher, der die Wärme aus der Abluft für die Beheizung des Gebäudes zurückgewinnt. Elektromotorisch betriebene Parallelausstellfenster (PAF) in der Fassade unterstützen die Lüftung. Die Oberlichtverglasung über dem Treppenhaus kann für die Nachtauskühlung geöffnet werden.

Die PV-Module der Solaranlage befinden sich integriert in der Südfassade und im Oberlicht. Zusätzlich sind auf dem Flachdach 45 Module mit einer Gesamtleistung von 10 kWp aufgeständert. Die gebäudeintegrierten, halbdurchsichtigen Glasmodule bestehen aus monokristallinen Siliziumzellen. Durch quadratisch eingelaserte Aussparungen in den Zellen fällt Tageslicht ins Rauminnere. Die Module erreichen Leistungen von 1,246 kWp. Die Gesamtleistung beträgt 23,2 kWp. Trotz der Semitransparenz erzielen sie einen Wirkungsgrad von 14,4%. Die Leistung der Oberlichtverglasung liegt bei 3 kWp.

Bautafel

Architekten: Arnold Wild (Stadtwerke Konstanz), Konstanz
Projektbeteiligte: IPF-Integrale Fassadenplanung - Gerhard Weber & Partner, Argenbühl (Fassadenplanung); Fischer u. Leisering, Konstanz (Statik); Prof. Stötzer, Stuttgart (Freiflächengestaltung); Greiner Engineering, Konstanz (Planung und Bauleitung Versorgungstechnik); Braik, Hilzingen, (Ausführung Heizung/Sanitär); Lindner Group, Arnstorf (Glasfassade); Ertex Solartechnik, Amstetten/A (Solarfassade), Sunways, Konstanz (transparente Solarzellen); aix-o-therm Geoenergien, Marl (Planung Geothermie)
Bauherr: Stadtwerke Konstanz
Standort: Max-Stromeyer-Str. 21-29, 78467 Konstanz
Fertigstellung: 2011

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