Kulturzentrum Daoíz y Velarde in Madrid

Revitalisierung eines alten Kasernengeländes aus dem 19. Jahrhundert

In den 1880er Jahren errichtete das spanische Militär fünf Kasernen auf einem fast 23.000 m² großen Gelände im Herzen von Madrid. Über 3.500 Soldaten und 500 Pferde der spanischen Armee waren in den zweigeschossigen Backsteinbauten untergebracht, bis der Standort 1981 geschlossen wurde. Einige Jahre später beschloss die Regierung ein Programm zum Schutz und Erhalt der gesamten Garnison als Wahrung des baukulturellen Erbes der spanischen Hauptstadt. Infolgedessen wurden die Gebäude nach der Jahrtausendwende renoviert und der Außenraum neu organisiert.

Fuge im Norden: Hier befindet sich der Haupteingang, das ehemals eingegrabene Erdgeschoss wurde in diesem Bereich von außen freigelegt
Die Materialien von Alt- und Neubau kontrastieren miteinander
Blick durch das Gebäude von Norden nach Süden

Heute beherbergen die Kasernen einen bunten Mix verschiedener Nutzungen: ein Sportzentrum, eine Turnhalle und eine Tanzschule. In den nördlich auf dem Areal gelegenen Altbau zogen Gemeinderat und Polizei ein – zur Erweiterung kam hier ein Neubau hinzu (siehe Abb. 1). Der Block im Osten wurde zum Kulturzentrum Daoíz y Velarde umgebaut, die Planung übernahm das ortsansässige Büro Rafael de La-Hoz Arquitectos. Unter Berücksichtigung der charakteristischen Merkmale der Kaserne konnten die Sheddach-Konstruktion aus Stahl und Glas sowie das alte, rötlich gefärbte Ziegelmauerwerk erhalten bleiben.

Das Kulturzentrum erstreckt sich auf trapezförmiger Grundfläche in Nord-Süd-Richtung. Während es sich nach Osten hin zweigeschossig zeigt, hier waren einst die ebenerdigen Stallungen der Pferde untergebracht, ist auf den anderen drei Seiten das Erdgeschoss teilweise eingegraben. Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen wurden die schmalen Giebelseiten im Norden und Süden freigelegt und mit unterschiedlich breiten Außentreppen zugänglich gemacht.

Um eine Hülle für die neuen kulturellen Funktionen mit einer Gesamtfläche von 6.500 m² zu schaffen, wurde das Innere der Kaserne vollständig entkernt und zwei weitere Ebenen im Untergeschoss hinzugefügt. Anschließend platzierten die Planer nach dem Haus-im-Haus-Prinzip einen großen Beton-Quader innerhalb des Gebäudes, der die neuen Räume aufnimmt. Während der Quader im Westen zu großen Teilen direkt an die Außenwand anschließt, trennt auf den anderen Seiten eine breite, umlaufende Fuge die alte und neue Bausubstanz. Die Fuge dient der Erschließung und nimmt unterschiedlich breite Treppen und Plattformen zum Verbinden der einzelnen Ebenen auf.

Der Haupteingang des Kulturzentrums befindet sich im Norden auf der nun freigelegten Giebelseite. Von dort gelangt der Besucher in einen abgesenkten, doppelgeschossigen Raum mit quadratischer Grundfläche. Er fungiert als zentraler Platz und großzügiger Gemeinschaftsraum – die Architekten sprechen hier von einer „überdachten Agora“. Dahinter folgt fensterloser Raum, in dem z.B. Vorträge stattfinden können. Ein recht großer Saal mit abgetreppten Sitzreihen und breiter Bühne im Süden des Gebäudes soll künftig als städtisches Theater dienen. Über der Bühne erhielt die ehemalige Kaserne eine Aufstockung mit einem aluminiumverkleideten Quader. Sanitäre Einrichtungen und Nebenräume sind zwischen den großen Raumvolumen angeordnet; in den unteren Ebenen befinden sich Garderoben, Lager- und Technikräume.

Auf der Deckenplatte des großen Beton-Quaders erstreckt sich die große Ausstellungsfläche im obersten Geschoss. Hier beeindruckt vor allem das gut erhaltene Stahltragwerk des Sheddaches, welches von außen an Sägezähne erinnert. Im Inneren zusätzlich eingezogene filigrane Stahl-Stützen dienen der verbesserten Statik. Die zuvor einfach verglasten, gen Norden ausgerichteten Dachflächen wurden, wie alle anderen Fenster auch, durch neue Isoliergläser ersetzt – sie versorgen das Innere mit ausreichend Tageslicht. Im Westen schließt die Ausstellungsfläche direkt an die Außenwand an. Von hier ist ein ebenerdiger Austritt ins Freie möglich.

Mit der beispielhaften Revitalisierung der einstigen Garnison konnten nicht nur die alten Kasernen erhalten bleiben. Darüber hinaus wurde ein öffentlicher Begegnungsort mit hoher Aufenthaltsqualität für die madrilenische Bevölkerung inmitten des dicht bebauten Wohnquartiers geschaffen. -kt

Bautafel

Architekten: Rafael de La-Hoz Arquitectos, Madrid
Projektbeteiligte: Eneres, Madrid (Geothermie); Microclima, Madrid (Belüftung); ALS Lightning, Madrid (Lichtplanung und -ausführung); Férnández Molina Obras y Servicios, Madrid (Ausführende Baufirma)
Bauherr: Madrid City Council, Área de Gobierno de las Artes. Dirección General de Infraestructuras Culturales
Fertigstellung: 2013
Standort: Avenida Ciudad de Barcelona 162 in Madrid
Bildnachweis: Alfonso Quiroga, Madrid

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