Kulturspeicher in Würzburg

Umnutzung eines Hafengebäudes

Mit zunehmender Ablösung unserer Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft sind alte Industrieanlagen und Hafenviertel in den Mittelpunkt städtebaulicher Interessen gelangt. Von den Londoner Docklands über das markante Guggenheimmuseum im Hafen von Bilbao kann man das Phänomen beobachten, dass man den Charme des 19. Jahrhunderts nicht nur an den Gründerzeitvillen sondern auch an profanen Lagerhallen und Werkstätten festmachen kann. So hatten auch die Stadtväter von Würzburg beschlossen, den ehemaligen Hafenbereich zu einem Sanierungsgebiet zu erklären und die dort bestehenden Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen.
Ein alter Getreidespeicher, der kurz nach der Jahrhundertwende 1904 errichtet worden war sollte in ein Museum umgewandelt werden und damit als zentraler Kristallisationspunkt die Attraktivität des Viertels steigern. Den ausgeschriebenen Wettbewerb gewannen die beiden Brüder Christian und Peter Brückner mit einem schlüssigen Entwurfskonzept, das einen großen Respekt vor dem Bestand zeigt.

Sichtbare erhaltene alte Holzkonstruktion in der Eingangshalle
Renovierte Sandsteinmauern spiegeln sich in bedruckten Glaspaneelen der neuen Rückfassade.

Sanierung/Modernisierung
Die monumentale Wucht der 150 Meter langen Steinfassade mit den drei Quergiebeln wurde saniert und zeigt sich ungebrochen auf der Eingangseite. Lediglich ein asymetrisch zum Giebel gesetztes Eingangsportal aus Beton weist auf die neu Nutzung hin. Um zusätzliches Volumen für das Raumprogramm zu gewinnen, ergänzen Neubauten an beiden Kopfseiten den langen Riegel. Hinter deren Sandsteinlamellen verbergen sich Stahlglasfassaden, die das durch die Lamellen gefilterte Licht in die Innenräume lenken. In der Eingangshalle blieb die alte Holzkonstruktion sichtbar erhalten.

Alle übrigen Bereiche wurden komplett entkernt, um neu eingestellte Betonbauten aufzunehmen, die die eigentlichen Ausstellungsräume beherbergen. Die Sandsteinfassaden wurden mit einer Innenschale und Stahlträgern gegen Knicken gesichert. Innen aufgesetzte Rahmen halten die Isoliergläser der Öffnungen. Den verbleibenden Raum zwischen Betoneinbauten und Außenschale nimmt ein breiter Flur ein, der die Besucherströme in der Fuge zwischen Alt und Neu über die gesamte Länge des Gebäudes lenkt. Der Verzicht auf Oberlichtgaden in den Ausstellungssälen reduziert den Wärmeeintrag, so dass zum einen eine niedrige Kühllast den Verzicht auf teure Kälteaggregate ermöglichte und andererseits eine Temperierung der Wandflächen als Heizungsquelle ausreicht.

Bautafel

Architekten: Brückner + Brückner, Tirschenreuth
Projektbeteiligte: Ing. Büro Brückner + Brückner, Tirschenreuth (Tragwerksplanung), abi Ingenieure, Würzburg (Energietechnik Heizung-Lüftung); Zumtobel Staff und Brückner& Brückner (Lichtplanung); U. Bauer Bornemann, Bamberg (Restaurierung Steinfassaden)
Bauherr: Stadt Würzburg
Fertigstellung: 2002
Standort: Alter Hafen, Würzburg
Bildnachweis: Jochen Helle, Zooey Braun und Can Cobanli

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