Krematorium in Berlin-Treptow

Eine Balance von Raum und Licht meisterhaft inszeniert

Das Krematorium am Baumschulweg liegt im Berliner Stadtteil Treptow. Die Pläne für den Neubau stammen aus dem Büro von Axel Schultes und Charlotte Frank (Berlin), den Architekten des Bundeskanzleramtes. Das vergleichsweise kleine und kompakte Bauwerk kann man als Vorläufer des Bundeskanzleramtes lesen: Auch das Krematorium ist als dreischiffige Anlage innerhalb einer Spur geplant worden. Nach außen weisen drei skulptural ausgeformte Schornsteine, die bündig aus der Westseite des ansonsten streng symmetrischen Baukörpers stoßen, auf die Funktion des Krematoriums hin.

Tempel der Geometrie: Balance aus Raum und Licht
In der zentralen Halle ist über jedem Stützenkopf eine kreisrunde Öffnung aus der Betondecke ausgespart, die punktuell und dramatisch Tageslicht hineinfallen lässt
2,50 x 3,00 und 2,50 x 4,80 m große Schalungselemente wurden über Aufstocklaschen auf 7,80 m Schalungshöhe gebracht und später in einem Guss betoniert

Dem Entwurf ist die Begeisterung für die Arbeiten von Louis Kahn unschwer anzusehen: Kahns Umgang mit archaisch anmutenden Großformen, hergestellt mit den Materialen und in der Formensprache der Moderne und seine Inszenierung des Tageslichtes inspirierten die Planer zu ihrer modernen Interpretation eines nicht an eine Konfession gebunden Raumes zum Abschied.

Die zentrale Halle stellt dabei den eindrücklichsten Raum dar: Auf quadratischem Grundriss generiert sie ihre Wucht insbesondere aus den unregelmäßig im Raum verteilten, schlanken Stützen, die die Architekten mal zu Gruppen zusammen, mal einzeln in der Leere gestellt haben. Über dem Stützenkopf ist jeweils eine kreisrunde Öffnung aus der Betondecke ausgespart, die punktuell und dramatisch Tageslicht in den Saal fallen lässt. Die Verbindung zwischen Decke und Stütze bleibt dem Betrachter zunächst verborgen, hergestellt wird er über einen schmalen Anschluss in der Deckenebene. Leere, zum Teil mit feinem Sand angeschüttete Nischen in den haushohen Wänden vermitteln das Gefühl, in einer antiken Grabkammer und nicht in einem Neubau des 21. Jahrhunderts zu stehen.


Gerüste und Schalungen
Gigantische Sichtbetonflächen mit positiv sichtbaren Fugen vermitteln den Eindruck riesiger Gesteinsblöcke. Unterstrichen wird dies durch ein aufsteigend variables Höhenraster von 82 bis 105 cm. Die Wände wurden teilweise bis 10,15 Meter in einem Guss betoniert.

Alle verwendeten Schalungselemente waren 3,84 Meter breit. es handelt sich um eine Sonderschalung mit glatter, beschichteter Schalhaut, die von hinten befestigt wurde. Haushohe Vorräume mit bis zu 55 cm dicken Wänden und die Dachplatte sind von definierten Schattenfugen und den regelmäßig angeordneten Ankerstellen geprägt, die mit speziellen Betonkonen erstellt wurden. In den Übergangsbereichen Wand/Decke wurden die gewünschten Oberflächen durch jeweils 1/4 versetzte Plattenstöße erzielt.

Bautafel

Architekten: Axel Schultes und Charlotte Frank, Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Bilfinger + Berger, NL Berlin (Bauunternehmen) und Schalungsbau Roxheim; Peri, Berlin und Stuttgart (Projektbetreuung) und Schalung (Vario GT 24)
Bauherr: Stadt Berlin
Fertigstellung: 2001
Standort: Kiefholzstraße 221,12437 Berlin
Bildnachweis: Peri, Weißenhorn

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Die Wahl der Schalung hat entscheidenden Einfluss auf die Erscheinung der Sichtbetonflächen (Abbildung: St. Canisius-Kirche in Berlin; Architektur: Büttner, Neumann, Braun).

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