Kraftwerk in Leipzig-Möckern

Preisgekrönte Energieversorgung

Kraftwerke kennt man für gewöhnlich eher als rein funktionale Gebäude, denen allenfalls eine praktische Schönheit innewohnt. Für den Leipziger Vorort Möckern allerdings hat das Büro Thoma Architekten im Auftrag der Stadtwerke ein Blockheizkraftwerk entworfen, dessen schimmerndes Fassadenkleid über den reinen Nutzwert hinausgeht. Die technischen Anlagen im Inneren generieren Wärme und Strom für die Stadt.

Die preisgekrönte Fassade besteht aus eloxierten, rautenförmigen Aluminiumschindeln, die an schimmernde Drachenhaut denken lassen.
Von der kompakten BHKW-Technik, die sich im Inneren befindet, ist außen nur wenig zu sehen.
Zwei BHKW-Module liefern nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme für die Stadt Leipzig.

Der Stadtteil Möckern gehört zu einer ganzen Reihe kleinerer Ansiedlungen, die sich von der Leipziger Innenstadt nach Nordwesten Richtung Flughafen erstrecken. Fünfgeschossige Zeilenbauten mit viel Grün dazwischen prägen das eher beschauliche Stadtbild. An der Schnittstelle von Wohnbebauung, Schrebergartensiedlung, S-Bahnlinie und einer Haupteinfallstraße in die City wurde das neue Blockheizkraftwerk errichtet. Das Grundstück liegt gegenüber der Schule Diderotstraße und einem Sportplatz.

Nutzgebäude mit architektonischem Anspruch

Die Stadtwerke Leipzig wünschten sich insbesondere aufgrund dieser Lage des Kraftwerks, dass der Entwurf dem eigentlich technisch-pragmatischen Gebäude eine Gestalt mit architektonischem Wert verleihe. Die Gestaltung sollte zum einen die Funktion des Gebäudes offenbaren, zugleich sollte es sich in das urbane Umfeld einfügen. „Es war die Herausforderung des Fassadenkleides sich einerseits in Zurückhaltung zu üben und gleichzeitig städtische Anziehungskraft auszustrahlen“, beschreibt die Projektleiterin Susann Stiehl die Bauaufgabe. Außerdem wollten die Verantwortlichen eine langlebige Fassade entwickeln, die sich später in ihre Einzelkomponenten zerlegen und wiederverwerten lässt. So entstand die Idee eines Metallkleides, das als vorgehängte hinterlüftete Fassade konstruiert ist.


Die Fassadenplatten bestehen aus eloxierten, rautenförmigen Aluminiumschindeln in zehn unterschiedlichen Dimensionen. Die Falze sind dabei so angeordnet, dass sie ein dreidimensional wirkendes, bewegtes Linienmuster ergeben, mit dem die komplette Fassadenfläche überzogen ist. Assoziationen mit schimmernder Drachenhaut liegen nicht fern. Durch die Fassadengestaltung gelingt es, die strenge Gebäudeform aufzubrechen. „Der Entwurf setzt ein Zeichen dafür, dass alles Gestaltungsaufgabe ist und gute Architektur etwas nach außen zurückgibt“, heißt es in der Jurybegründung des Deutschen Fassadenpreises 2022 für Vorgehängte Hinterlüftete Fassaden, bei dem das Bauwerk mit dem ersten Preis prämiert wurde.

Strom und Wärme für Leipzig

Die Kubatur des Bauwerks mit den notwendigen Öffnungen und Durchdringungen orientiert sich an den technischen Erfordernissen. Im Gebäude befindet sich eine von Jander Energietechnik geplante gasbetriebene Blockheizkraftwerksanlage, die genau genommen aus zwei BHKW-Modulen besteht. Die Module besitze jeweils eine Feuerungswärmeleistung (FWL) von 10 MW, eine elektrische Leistung von ca. 4,5 MW und eine thermische Leistung 4,5 MW. Die elektrische Energie, die von dem aufgeladenen Gas-Otto-Motor und dem Generator erzeugt wird, wird ins 10 kV-Stromnetz von Leipzig eingespeist. Die Abwärme des Motors wird in das Fernwärmenetz der Leipziger Stadtwerke übertragen.


Für die Abgasreinigung und damit die Einhaltung der aktuellsten Abgasgrenzwerte (gemäß 44. BImSchV) sorgt ein Kat mit Harnstoffeindüsung. Beide Module haben jeweils einen separaten Raum, sodass eine größtmögliche Schalldämmung möglich ist. Die Zu- und Abluftkanäle, die die Außenansicht prägen, und die Katalysatoren sind im Obergeschoss untergebracht. Auch die elektro- und die leittechnischen Anlagen sowie die Erdgasanbindung und ein Eigenbedarfstrafo haben separate Betriebsräume. Der markante Schornstein für die Abgase der BHKWs schließlich ist mittig zu beiden Modulen angeordnet, wirkt gleichzeitig jedoch prägend für die Gestalt des gesamten Bauwerks. -tg

Bautafel

Architektur: thomas architekten, Leipzig
Projektbeteiligte: jander energietechnik, Tautenhain (Gebäudetechnik); Fleischer Metallfaszination, Neuhaus am Rennweg (Fassade Verarbeitung und Teilplanung)
Bauherr/in: Stadtwerke Leipzig
Fertigstellung: 2022
Standort: Diderotstraße 36, 04159 Leipzig
Bildnachweis: Ralf Dieter Bischoff, Nürnberg; thomas architekten, Leipzig

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