Kleist-Museum in Frankfurt (Oder)

Nüchterner Natursteinquader aus Wachenzeller Dolomit

Die Zusatzbezeichnung Kleiststadt, die Frankfurt an der Oder seit 1998 im Namen führt, ist ein Hinweis darauf, welche Bedeutung dem hier 1777 geborenen Heinrich von Kleist beigemessen wird. Obwohl er nur seine ersten 14 Lebensjahre in der brandenburgischen Stadt am westlichen Ufer der Oder verbrachte, widmete man ihm Anfang der 1920er Jahre ein eigenes Museum. Nach dessen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg zog die Sammlung 1969 in die Räume einer ehemaligen Garnisonsschule, die im Geburtsjahr Kleists errichtet worden war. Diesem zweigeschossigen spätbarocken Bau ist jetzt ein Erweiterungsbau zur Seite gestellt worden, den Lehmann Architekten aus Offenburg und Berlin entworfen haben. Der geradlinige, nüchterne Baukörper unterscheidet sich mit seiner klaren Form, der größeren Dimension und der kaum strukturierten Natursteinfassade deutlich vom Bestandsgebäude, steht aber mit diesem in einer Flucht an der Straße und orientiert sich in der Höhe an der Knicklinie des Mansarddaches.

Das Gebäude ist mit geschosshohen Natursteinplatten aus Wachenzeller Dolomit verkleidet
Mit dem Erweiterungsbau hat das Kleist-Museum nun genügend Fläche, mit einer neuen Dauerausstellung das Leben und Werk des hier geborenen zu würdigen
Zum Hof auf der Rückseite der beiden Häuser hat das Foyer mit der Cafeteria einen Ausgang. Auch stehen hier Repliken von Grabmählern wichtiger Wegbegleiter Kleists

Das Kleist-Museum liegt nur ein paar Schritte von der Oder-Promenade entfernt in der Frankfurter Innenstadt. Der sieben Fensterachsen breite Bestandsbau und der Erweiterungsbau stehen als zwei selbstständige Baukörper nebeneinander, sind aber durch einen gläsernen Verbindungsbau auf zwei Ebenen verbunden. Die Eingänge liegen im Westen an der Faberstraße, wo der neue Haupteingang nun beiden Gebäuden gemeinsam dient und als eingeschossiger Einschnitt ausgebildet ist. Dahinter öffnet sich ein die gesamte Gebäudetiefe durchmessendes Foyer. Von hier geht es links durch den verglasten Gang hinüber in den Altbau oder rechts zum Veranstaltungsbereich und zu den Räumen der Museumspädagogik oder die einläufige Treppe hinauf zur gebäudeübergreifenden Ausstellung. Ein Oberlicht erhellt diesen in der mittleren Längsachse platzierten Erschließungsbereich, in dem auch der Fahrstuhl liegt, durch den nun auch das Obergeschoss des Altbaus für jedermann erreichbar ist. Im 2. Obergeschoss gibt es eine Bibliothek und einen Seminarraum sowie die Büros der Mitarbeiter. Im Keller des Neubaus sind die Technik und konservatorisch angemessene Lagerräume für die Sammlungsbestände untergebracht. Die Bruttogeschossfläche des 26 Meter langen und knapp 17 Meter tiefen Neubaus beträgt insgesamt 2.316 Quadratmeter.

Im Zuge der Erweiterung hat das Museum auch eine neue Dauerausstellung zum Leben und Werk Heinrich von Kleists konzipiert, die das gesamte 1. Obergeschoss beider Häuser einnimmt. Während im Neubau mit seinen Schriften sein Werk präsentiert wird, widmet sich der im Altbau platzierte Teil dem Leben, der Biografie des Literaten. In fünf Räumen werden hier seine Jugend und Ausbildung, seine Reisen, seine Tätigkeit als Zeitungsherausgeber und schließlich sein früher Selbstmord im Jahr 1811 veranschaulicht. Die weiteren Räume des Museums werden für Wechselausstellungen und Veranstaltungen genutzt. Im rückwärtigen offenen Hof erinnern Repliken der Grabmäler von Heinrichs Lieblingsschwester Ulrike und dem Freund und Hauslehrer Martini an zwei wichtige Begleiter Kleists.

Fliesen und Platten
Die sowohl in der Vertikalen wie in der Horizontalen klar strukturierte Fassade basiert auf einem Raster, das dafür sorgt, dass die sehr unterschiedlich großen und verschieden genutzten Räume im Inneren nach außen zu einem einheitlichen und abstrakten Erscheinungsbild kommen. Als Fassadenmaterial wählten die Architekten Wachenzeller Dolomit, der in geschosshohen Platten den Baukörper umschließt. Exakt eingepasst sind die ebenfalls geschosshohen vertikalen Fensterschlitze, die in Gruppen über die Fassade verteilt sind. Bei aller Nüchternheit der Gliederung wird durch die rau poröse Oberfläche des gräulich braunen Natursteins und das erkennbare Fugenbild eine leise Verwandtschaft zu den Putzreliefs und Pilastern des Nachbargebäudes hergestellt.

Der zur Gruppe der Kalksteine gehörende Wachenzeller Dolomit ist verwitterungsresistent und absolut frost-tausalzbeständig – ein Sonderfall bei den Weichgesteinen. Eine weitere Besonderheit ist seine Bruchfestigkeit, die es erlaubt, sehr große Platten zu schneiden. Im Fall des Frankfurter Kleist-Museums, das als Stahlbetonbau konstruiert ist, sind die vorgehängten Dolomitplatten 52 cm breit, zwischen 2,75 und 3,10 m hoch und 6 cm stark. Dahinter liegt eine 4 cm dicke Luftschicht, eine rund 12 cm starke mineralische Dämmung und schließlich die 20 cm messende tragende Stahlbetonwand, an der die Natursteinplatten mittels justierbaren Metallankern befestigt sind.

Bautafel

Architekten: Lehmann Architekten, Berlin/Offenburg
Projektbeteiligte: Erfurth + Mathes Beratende Ingenieure, Chemnitz (Tragwerksplanung); Arge Panatom, Berlin/Stuttgart und Szenographie Valentine Koppenhöfer, Friedrichroda (Ausstellungsgestaltung); Sein & Schein, Höchstadt (Lichtplanung); Barbara Gribnitz, Kleist-Museum, Frankfurt (Kuratorin); Kehlheimer Naturstein, Essing (Wachenzeller Dolomit)
Bauherr: Stiftung Museum und Stadt Frankfurt (Oder) als Bauherrnbeauftragte
Förderung: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, Land Brandenburg, Frankfurt (Oder)
Standort: Faberstraße 6-7, 15230 Frankfurt (Oder)
Fertigstellung: 2013
Bildnachweis: Anastasia Hermann, Berlin

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