Klassenräume in Camarines-Sur auf den Philippinen/RP

Prototyp eines Klassenraums aus Bambus

Zwischen Mai und September wird die Halbinsel Bicol, wie viele Regionen in den Philippinen, von starken Winden oder sogar Taifunen heimgesucht. Um an diesem Standort Klassenräume zu bauen, die den klimatischen Risiken standhalten, schrieb die gemeinnützige Gesellschaft My Shelter Foundation vor einiger Zeit einen Wettbewerb aus: Für ein Baugrundstück der Nato High School in Camarines-Sur sollte ein Prototyp aus nachhaltigen und möglichst natürlichen Materialien entwickelt werden, der die bestehenden, zum Teil vom Klima stark beschädigten Übergangsklassenräume ersetzt. Die Errichtung der neuen Gebäude sollte - in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Mitteln - nach und nach erfolgen.

Luft durchströmt den Klassenraum, Licht tritt von oben und von den Seiten ein
Die Bambusrohre sind durch einfache Schrauben und Bänder miteinander verbunden
Verwobenes Schilfrohr schließt die Dachunterseiten

Der erste Prototyp, das Gewinnerprojekt des Wettbewerbs, ist inzwischen fertiggestellt. Er besteht aus zwei identischen Klassenräumen - luftdurchflutete Orte mit einem schönen Licht- und Schattenspiel, die sich entlang einer überdachten Veranda erstrecken. Konstruiert ist das Gebäude aus einem einfachen Ortbetonrahmen, der die Klassen räumlich definiert, und einer Serie von Bambusrahmen, welche die Veranda und das alles übergreifende Dach bilden. Die Gebäudeform ist inspiriert von den ortstypischen Wohnhäusern, deren Erscheinungsbild von einem großen, geneigten Dach und einer verschatteten Veranda geprägt ist. Auch die Materialwahl ist eng mit dem Ort verknüpft: Ortbeton wird von den Einheimischen schon lange als Baumaterial benutzt, das Bauen mit Bambus ist in der Bautradition der Philippinen verankert. Bambus ist ein schnell wachsendes Gras, das in philippinischen und südasiatischen Wäldern in Fülle zu finden ist. Die Anforderung, starken Winden standzuhalten, erfüllt das Material besonders gut: Im Gegensatz zu Holz besitzt Bambus eine geringe Masse und ist hoch elastisch, es passt sich verschiedenen Windstärken an und bricht nicht plötzlich durch. Die Bambusrohre sind untereinander mit Bändern und Schrauben verbunden, damit das Tragwerk beweglich bleibt - ein Grundprinzip bei der Planung von Bauwerken in Erdbeben- und Taifungebieten.

Um den Boden der Klassenräume und vor allem auch die Bambuskonstruktion vor dem Hochwasser der Regenzeit zu schützen, liegt das Gebäude mehr als einen halben Meter über dem Erdboden. Die Klassenräume sind so geplant, dass sich die Schüler darin auch im heißen und schwülen Wetter der Philippinen wohlfühlen: Das versetzte Pultdach lässt Licht von oben in den Raum ein- und die heiße Luft aus dem Gebäude austreten. Gleichzeitig sorgt diese Konstruktion dafür, dass der Druck bei heftigen Winden reduziert wird. Große Öffnungen in den Wänden, bestückt mit vertikal gestellten Bambusrohren, sorgen dafür, dass diffuses Tageslicht auch von den Seiten in den Raum fällt. Die Unterseite der Dachs besteht über den Klassenräumen wie auch über der Veranda aus lokalem Schilfgras, das in traditioneller Weise verwoben wurde.
 
Für die Zukunft ist die Errichtung weiterer Klassenräume dieser Art geplant. Verbindungen zwischen den Veranden sollen dabei einen überdachten Weg formen, der die Klassenräume miteinander und mit anderen akademischen Einrichtungen verbindet. Die überdachten Veranden, die jeweils in der Mitte einer Gebäudeeinheit als informeller Lernbereich aufgeweitet sind, sollen sich dann zu einem zentralen Grünbereich öffnen. -cr

Bautafel

Architekten: Eleena Jamil Architect, Malaysia
Bauherr: Department of Education, Philippines
Projektbeteiligte: My Shelter Foundation, Philippines (Auslober des Wettbewerbs/Initiator des Projekts); DCCD Engineering Corporation, Philippines (Tragwerk); ACC Engineering Services, Philippines (Mechanical & Engineering)
Standort: Nato High School, Camarines-Sur, Philippines
Fertigestellung: 2010

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