Kita „Schöne Aussicht“ in Frankfurt-Riedberg

Baukastensystem mit Decken aus Holz, viel Weiß und hellgrünem Linoleumboden

Mit bis zu 6.000 neuen Wohnungen wird im Norden Frankfurts dringend benötigter Wohnraum für die hessische Metropole geschaffen. Zur seit Anfang des 21. Jahrhunderts entstehenden Siedlung Riedberg gehören außerdem Läden, Schulen, Büros und Sportstätten sowie ein Hochschulgelände. Damit genügend Betreuungseinrichtungen für den Nachwuchs vorhanden sein werden, lobte die Stadt 2009 einen Wettbewerb für Typenentwürfe modular aufgebauter, an unterschiedlichen Orten realisierbarer Kindertagesstätten aus. Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten aus Stuttgart gehörten mit einem Baukasten-Konzept zu den Gewinnern. Eine von sechs Kitas nach ihrem Entwurf wurde 2013 im Riedberg-Quartier „Schöne Aussicht“ fertiggestellt.

Großflächige, Senkrechtmarkisen in blassem Grün lassen sich einzeln bewegen und erzeugen ein wechselhaftes Erscheinungsbild der Kita
Ein umlaufender Laubengang ist über zwei Treppen mit dem Erdgeschossniveau verbunden und erfüllt gleichzeitig die erhöhten Brandschutzanforderungen an Kindertagesstätten
Zusammenspiel von Holz, Metall und zartgrünem Stoff für den Sonnenschutz

Der nüchterne zweistöckige Bau mit quadratischer Grundfläche steht auf dem oberen Teil eines terrassierten Grundstücks. Ein Stahlgerüst ist der Fassade vorgelagert und macht die Modularität des Raumgefüges nach außen hin sichtbar. Es bildet einen umlaufenden Laubengang, der über zwei Treppen mit dem Erdgeschossniveau verbunden ist und gleichzeitig die erhöhten Brandschutzanforderungen an Kindertagesstätten erfüllt. Für den Sonnenschutz sind an der Außenseite im breiten Stützenraster großflächige Senkrechtmarkisen in blassem Grün angebracht, die sich einzeln bewegen lassen und so ein wechselhaftes Erscheinungsbild erzeugen.

Die räumliche Organisation der Kita basiert auf einer klaren Grundrissgestaltung: In jedem Geschoss sind vier gleich große, quaderförmige Bausteine um einen zentralen, offenen Erschließungsraum gruppiert, den die Architekten den „Dorfplatz“ nennen. Die Kisten sind jeweils um 90° zueinander gedreht, sodass eine windmühlenartige Figur entsteht. Zwischen ihnen verlaufen Gänge vom Zentrum nach außen zum Stahlvorbau. Dort lassen verglaste Türen Licht ins Innere einfallen und stellen Blickbezüge sowie eine direkte Verbindung zum Außenraum her. Die Mitte des Dorfplatzes nimmt eine offene zweiläufige Treppe in einem Atrium ein, darüber liegt ein 36 m² großes Oberlicht. Sechs der Kita-Bausteine enthalten flexibel einteilbare Gruppenräume mit dezentralen Materiallagern und Sanitärbereichen, die anderen beiden sind Sonderbausteine, die zentrale Einrichtungen und weitere Nebenräume aufnehmen.

Die flexible Konstruktion der Baukasten-Kita besteht aus vorgefertigten Holzrahmenbau-Elementen mit Brettsperrholzdecken. Die unterste, sichtbare Holzlage der Rippen- und Kastendecken ist mit einer feinen Profilierung in Spannrichtung versehen. In die Decke integrierte Absorber wirken schalldämmend und machen weitere akustische Maßnahmen unnötig. Das verglaste Oberlicht über dem Dorfplatz ist als markanter, hoher Trägerrost aus Brettschichtholzelementen konstruiert. Steuerbare Öffnungen im Oberlicht ermöglichen eine effiziente Querlüftung des Gebäudes.

Um die Planungsvorgabe Passivhausstandard zu erreichen, sind die Außenwände hoch gedämmt. Die Gliederung der von dem Stahlgerüst umgebenen Fassaden entspricht den dahinter liegenden Kita-Bausteinen: Die Stirnseiten der inneren Quader sind jeweils mit einer horizontalen Leistenschalung aus sibirischer Lärche verkleidet. Dagegen öffnen sich die Längsseiten mit raumhohen Verglasungen zum Laubengang oder zu den Freiflächen. Die Passivhaus-Pfosten-Riegel-Fassade ist als Holz-Aluminium-Konstruktion aus Fichten-Brettschichtholz ausgeführt.

Boden
Die Palette der Farben und Materialien, die zur Gestaltung der Fassaden und Innenräume zum Einsatz kommen, ist sehr reduziert und unterstreicht dadurch die klare Wirkung der Raumkomposition sowie der mehrschichtigen Hülle. Korrespondierend mit der Holzschalung der Außenwände und den blass-grünen Sonnenschutzscreens, sind die Innenräume von warmen Holzoberflächen an den Decken, weißen Wänden und einem durchgehenden, hellgrünen Linoleumboden geprägt. Dieses Zusammenspiel von Materialien setzt sich in allen Räumen fort. Lediglich die Garderobennischen, Sanitärräume und das Treppenmöbel sind durch wenige zusätzliche Grün- und Gelbtöne farblich akzentuiert.

Der Boden aus Marmorette-Linoleum im Farbton „antique green“ dient als ein wesentliches Gestaltungselement. Die hellgrüne Farbe harmoniert mit den Holzoberflächen und soll die Farben des Außenraums in den Innenraum übertragen. Das Linoleum wurde auf schwimmendem Zement- bzw. Calciumsulfatestrich verlegt, im Bewegungsraum mit 2 mm Korkment-Unterlage. Die vorgefertigten Vollholzstufen der Treppe sind direkt mit dem Linoleum beklebt und mit Kantenschutzprofilen aus Aluminium versehen. Der durchgängig in allen Räumen sowie auf den Treppenstufen verlegte Linoleumboden verbindet die unterschiedlichen Bereiche und Geschosse miteinander, es entsteht ein luftig-helles Raumkontinuum. -sm

Bautafel

Architekten: Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: Biek Architektur, Frankfurt am Main (Bauleitung); DLW Flooring, Bietigheim-Bissingen (Linoleum)
Bauherr: HA Hessen Agentur, Wiesbaden
Standort: Christiane-Vulpius-Straße 11, 60438 Frankfurt am Main
Fertigstellung: 2013
Bildnachweis: Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart; Fotos: Eibe Sönnecken, Darmstadt

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