Kirche und Gemeindezentrum in Karlsruhe

Lichtdurchfluteter Gottesdienstraum aus massiven Stampflehmwänden

Die Nordstadt von Karlsruhe entstand im Jahr 1996, kurz nach dem Abzug der amerikanischen Soldaten. Fünfzehn Jahre später ließ die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde dort eine Kirche mit Gemeindezentrum als erstes Kirchenbauwerk des Stadtteils errichten. Das vom ortsansässigen Planungsbüro PIA-Architekten entworfene Bauwerk basiert auf einem quadratischen Grundriss, in dem die drei wesentlichen Nutzungen – Raum der Stille, Gottesdienstraum und Diakonie – als separate Räume bzw. Raumgruppen angeordnet sind. Unterschiedliche Höhen, verschiedene Materialien und verbindende Elemente wie Durchgang, Innenhof und Foyer sorgen für die Ablesbarkeit der Nutzungen in den Fassaden.

Foyer mit sichtbarer Stampflehmwand des Gottesdienstraums
Der von oben belichtete Gottesdienstraum ist von Stampflehmwänden umhüllt
Altartisch

Erschlossen wird das Kirchenzentrum von Osten über einen Vorplatz mit großer Eiche, die zum alten Baumbestand des Grundstücks gehört. Von dort gelangen die Besucher durch einen Durchgang in den gepflasterten Innenhof, der wiederum den Raum der Stille, die Räumlichkeiten der Diakonie und das Foyer mit Gottdienstraum erschließt.

Der südlich gelegene, schmale und rund 8,00 m hohe Raum der Stille besteht aus Sichtbeton. Er ist der Öffentlichkeit frei zugänglich und wird teils von oben, teils durch vertikale Fensterschlitze in den Fassaden belichtet. Die Räumlichkeiten der Diakonie sind in einem zweigeschossigen Riegel auf der Westseite untergebracht. Dieser Gebäudeteil wurde aus Kalksandsteinmauerwerk und sichtbaren Betondecken erbaut. Der im Osten angeordnete Gottesdienstraum ist mit der Diakonie über ein Foyer verbunden, das die Architekten als „Straße der Begegnung“ konzipierten. Hier finden Konzerte, Feiern und Ausstellungen statt.

Als wichtigster Raum des Bauwerks ist der Gottesdienstraum durch seine Materialität besonders hervorgehoben: Seine 50-60 cm starken, massiven Wände bestehen aus Stampflehm. Erdfeucht wurde dieser in rund 10 bis 15 cm hohen Schichten mit einer Rohdichte von rund 1.700 bis 2.200 kg/m³ in eine druckfeste Schalung geschüttet und mit hydraulischen Stampfgeräten verdichtet. Die rund 8,00 m hohen Wände funktionieren ohne eine zusätzliche Tragkonstruktion. Im Innenraum reguliert der Lehm die Luftfeuchtigkeit und sorgt für angenehme Raum- und Oberflächentemperaturen. Außerdem erzeugt er eine gute Akustik. Für die Gemeindemitglieder hat der Baustoff vor allem einen symbolischen Charakter, denn nach der Bibel schuf Gott den Menschen aus Lehm.

Tageslicht gelangt von oben in den zweigeschossigen Gottesdienstraum, wobei ein größeres Oberlicht über dem Altar platziert wurde. Zusätzlich sind schmale Öffnungen in den Außenwänden sowie ein großes Fenster im Bereich des Taufbeckens angeordnet. Die Stampflehmwände sind im Gebäude an verschiedenen Stellen sichtbar: Auf der Südseite durchbricht der Lehm die Fassade aus hellem Klinker, im Foyer bildet er die Ostwand, die mit ihrer warmen Farbe die Atmosphäre des Raumes prägt.

Bautafel

Architekten: PIA-Architekten, Karlsruhe
Projektbeteiligte: Conluto, Blomberg/Istrup (Lehm); Hubert Heinrichs, Hiddenhausen (Ausführung Lehmbau); Holzbau Großmann, Höfen/Enz (Holzbau)
Bauherr:
Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde, Karlsruhe
Fertigstellung: 2011
Standort: Ohiostraße 17, Karlsruhe
Bildnachweis: Oliver Rieger, Stuttgart für PIA-Architekten, Karlsruhe

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