Kino Delphi Lux in Berlin

Bespannte Plattenschwinger, Loch- und Mehrschichtplatten

In den 1920er-Jahren boten etwa 400 Lichtspieltheater in Berlin dem Publikum Unterhaltung, Zerstreuung und in der Wochenschau aktuelle Informationen. Eine besonders hohe Dichte an opulenten Kinopalästen wies die Gegend um den Kurfürstendamm auf. Heute werden rund um die einstige Filmmeile der Hauptstadt weniger als ein Dutzend Häuser betrieben. Doch es gibt Hoffnung: Seit Kurzem erweitert das Delphi Lux die Kinolandschaft in der City West. Es befindet im Erdgeschoss eines verklinkerten Bestandsgebäudes und wurde von Bruzkus Batek Architekten geplant.

Das neue Kino wurde nach Plänen von Bruzkus Batek Architekten in das Erdgschoss eines Bestandsgebäudes eingebaut
Die Planer entwarfen verschiedene Raumboxen für die unterschiedlich großen Säle
Farbe und Licht sind die wesentlichen Gestaltungsmittel

Parallel zur S-Bahntrasse gelegen, bietet das neue Kino sieben Säle mit insgesamt 600 Plätzen. Nach außen zeigt es sich mit messingfarben umrahmten Schaufenstern. Davor verläuft in Nord-Südrichtung eine Passage, die als Yva-Bogen entlang des Stadtbahnviadukts zwei mehrspurige Straßen verbindet und zum Eingang des 1.700 Quadratmeter großen Filmtheaters führt. Großflächige Verglasungen und ein langer, schmaler Grundriss sind eigentlich keine idealen Bedingungen für ein Kino. Doch Ester Bruzkus und Patrick Batek fanden eine innenarchitektonische Lösung, indem sie unterschiedlich große Raumboxen für die Säle entwarfen sowie geschickt Licht und Farbe als prägnante Gestaltungsmittel einsetzten.

Die eingestellten Saalboxen erstrecken sich beidseitig des zentralen Foyers, wo ein Kassentresen und ein Wartebereich mit apricotfarbener Polsterlandschaft die Besucher empfängt. Nördlich sind hinter türkis lackierten Grobspanplatten die beiden großen Säle mit 137 und 119 Plätzen untergebracht, südlich die anderen fünf, wovon der kleinste 35 Plätze bietet. Angrenzend an Saal drei mit einer rustikalen Astkieferverkleidung folgen eine in Limettengrün leuchtende Box und einige Stufen, die zu einem leicht erhöhten Gang entlang der Fenster leiten. Die weiteren Kinos sind ebenfalls eindeutig farblich und materiell differenziert: An einer marineblauen Wandfläche mit der Leuchtziffer fünf vorbei weitet sich der Flur ein wenig, hier geht es durch eine mit rosa und pink gestrichenen Holzschindeln verkeidetete Wand in Saal sechs. Im offenen Raum ist eine kleine Bar am Ende des Flurs angeordnet.

Wie bei den Hüllen der Boxen spielt Farbe auch in den einzelnen Kinosälen eine zentrale Rolle, vereinheitlichendes Element ist der Bodenbelag aus Teakholzparkett. Jeder Raum zeigt sich anders und ist jeweils konsequent ein- bis zweifarbig getönt – von den Wänden über die Decke bis zu den Sitzbezügen und dem Vorhang. Die Farbpalette reicht von kräftigem Rot über Pink, eine Kombination aus Grün und Violett bis zu Schwarz und Petrol. Unterstützt wird die Intensität der Farbigkeit durch steuerbare RGB-LED: Die Grundfarben Rot, Grün und Blau der Leuchtdioden lassen sich zu Tönen wie Pink, Petrol, aber auch zu Weißabstufungen mischen. Als markante, dimmbare Lichtbänder formen sie an den Decken und Wänden Linien, Strahlen, Zacken und andere geometrische Muster.

Akustik
Für die Filmprojektion sind sowohl die Belichtung als auch gute Vorführgeräte unerlässlich, für den Klang Lautsprecher und eine gute Bau- und Raumakustik. Die Säle mussten akustisch voneinander sowie von den Erschließungswegen abgeschirmt werden und bedurften Maßnahmen, damit der Schall innerhalb des Kinoraumes optimal verteilt wird.

Anders als die vorhandende Betonkonstruktion, die aufgrund der nahen Bahngleise vibrationsfrei ausgeführt wurde, bestehen die neu eingebauten Saalwände aus Gipskartonplatten. Jeder der sieben Räume hat den gleichen Wand- und Deckenaufbau sowie ansteigende Podeste mit gepolsterter und dadurch Schall absorbierender Bestuhlung. Die Wände sind mit stoffbespannten Akustikelementen ausgestattet. Darin eingelassen sind LED-Lichtbänder sowie in einigen Sälen zusätzliche Akustikabsorber als gestalterische Elemente. Die Montagepositionen hierfür wurden in der Ebene der ersten Schicht bereits berücksichtigt.

Die Wandflächen beidseitig der Leinwand sind bis zum Anfang der ersten Sitzreihe mit 75 mm Mineralwolle gedämmt, dahinter bedecken 75 mm dicke weißzementgebundene Holzwolle-Dreischichtplatten mit Steinwollekern die Seitenwände von Oberkante Fertigfußboden bis zu einer Höhe von 1,50 m. Ihre harte Oberfläche schützt die offenporigen Holzwolleplatten vor Beschädigungen in den Bereichen, an die sich die Kinobesucher anlehnen könnten. Oberhalb von 1,50 m Höhe sind abwechselnd Lochplatten (Gipskarton mit Rundlochung, Akustikvlies und Mineralwolle) und Plattenschwinger (Hohlraum ausgebildet aus Gipskartonplatten mit Einlage aus Mineralwolle) in rund 1,80 m breiten Feldern angebracht. An der gegenüberliegenden Seitenwand ist der Wechsel genau umgekehrt. Auf der Rückwand absorbiert auf ganzer Höhe eine 120 mm dicke Mineralwollschicht die Basstöne. Dazu kommt jeweils ein circa 1,00 Meter breiter Plattenschwinger in den hinteren beiden Raumecken, der ebenfalls zur Absorption tieffrequenter Schallanteile beiträgt.

An der Decke sind 75 mm dicke, Holzwolle-Dreischichtplatten mit Steinwollekern montiert, um die Schallreflexion zu reduzieren. Hier ist die Oberflächenstruktur, die der von Sauerkrautplatten ähnelt, sichtbar belassen worden und lediglich farbig (passend zur Stoffbespannung der jeweiligen Wände) gestrichen. Technische Installationen sind ummantelt und Lüftungsschächte mit Schalldämpfern versehen. Insgesamt wurden knapp 820 m² Akustikplatten und textile Wandbespannungen in den Sälen verbaut. -jb

Bautafel

Architekten: Bruzkus Batek Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: ACM, Wörthsee/Steinebach (Akustikplanung), Stefan Gessler, Berlin (Bauakustik)
Bauherr: Yorck Gruppe, Berlin
Fertigstellung: 2017
Standort: Yva Bogen – Kantstraße 10, 10623 Berlin
Bildnachweis: Marcus Wend

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