Kindertagesstätte in Bad Reichenhall

Wasser-Wasser-Wärmepumpe und große Betonspeichermassen sorgen für wohlige Wärme

Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr gab vielerorts den Anstoß zum Neubau von Kindertagesstätten. Im bayerischen Bad Reichenhall wurde 2017 eine Übergangslösung mit Containern geschaffen. Gleichzeitig beauftragte die Stadt im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens das Stuttgarter Büro Härtner Ito Architekten mit der Planung einer sechsgruppigen Kindertagesstätte. Das kürzlich fertiggestellte Gebäude bietet nun 124 Kindern Platz.

Eine naturbelassene, sägeraue Lärchenholzschalung prägt das Erscheinungsbild des zweigeschossigen Riegels, der sich damit gut in die ländliche Umgebung einfügt.
Deutlich setzt sich der an der Gebäudeecke angegliederte Treppenturm ab.
Die eigentliche Fassadenebene tritt durch die Laubengänge in den Hintergrund.

Nah an der Natur

Der zweigeschossige Riegel steht auf einem Wiesengrundstück in einem Wohngebiet am östlichen Ortsrand. In unmittelbarer Nähe liegt ein bewaldeter Hügel, das sogenannte Kirchholz, der auch für Gruppenaktivitäten genutzt wird. Eine naturbelassene, sägeraue Lärchenholzschalung prägt das Erscheinungsbild der Kita, die sich damit gut in die ländliche Umgebung einfügt. Weiteres prägendes Element des Flachdachbaus ist ein umlaufender, in Holz ausgeführter Laubengang, der die eigentliche Fassadenebene in den Hintergrund rückt. Der Umgang dient als überdachte Spielfläche, als Schattenspender für die dahinterliegenden Räume sowie als Fluchtweg. Korrespondierend mit der dahinterliegenden Fassade wechseln sich in der Ansicht offene und geschlossene Flächen ab, sodass die räumliche Gliederung ablesbar bleibt.

Treppentürme an der Süd- und Nordecke des Gebäudes ermöglichen den Kindern aus dem Obergeschoss den direkten Zugang zum Garten und dienen ebenfalls als Fluchtweg. Sie lassen sich auch als Spielturm nutzen und bieten Lagerraum für Spielgeräte. Auch an eine Außentoilette wurde gedacht. Hinter dem Haus sind Hochbeete, eine Kräuterschnecke und ein Komposthaufen angelegt, die den Kindern die Grundlagen einer gesunden Ernährung näherbringen sollen. Beerensträucher und Obstbäume ergänzen das Konzept.

Klares Raumkonzept

Man betritt das Gebäude auf der nordöstlichen, zur Straße und zum Parkplatz gelegenen Seite. Ein Windfang leitet in einen großzügigen Flurbereich. Das linke Gebäudedrittel nimmt ein für alle Gruppen nutzbarer Mehrzweckraum mit Nebenräumen ein. Nach rechts und nach vorne erschließen Flure die beiden Krippengruppen für die Kinder unter drei Jahren. Das Obergeschoss steht für die vier Kindergartengruppen zur Verfügung. Man erreicht es direkt vom Windfang aus über eine großzügige Treppe.

Die Aufenthaltsräume beider Geschosse sind auf der Südwestseite geplant, während Verwaltungs- und Nebenräume nach Nordosten ausgerichtet sind. Jedem Gruppenraum ist ein weiterer Raum zugeordnet. Bei den Kleinen sind das die Schlafräume, bei den größeren Kindern die sogenannten Intensivräume, die beispielsweise zum Werken oder zum Vorschulunterricht genutzt werden. Die breiten Flure mit den Garderoben sind als zusätzliche Spielflächen konzipiert und im Obergeschoss zusätzlich über Dachfenster natürlich belichtet.

Mit Oberflächen in weißer Farbe, Sichtbeton und Naturholz ist die Farbwahl bewusst zurückhaltend. Die naturbelassenen Materialien sollen den Kindern den Alterungsprozess dieser vor Augen führen und gleichzeitig möglichst wartungsarm sein.

Robustes Energiekonzept

Die Gebäudetechnik ist einfach und robust gestaltet. Das Gebäude wird über eine geothermisch gestützte Wasser-Wasser-Wärmepumpe beheizt. Verteilt wird die Wärme über eine Fußbodenheizung. Da die Baukonstruktion sowie das Dach aus Betonbauteilen mit außenliegender Wärmedämmung bestehen, bietet das Gebäude eine hohe Speichermasse. Das kommt dem Niedertemperatur-Heizsystem entgegen. Auch im Sommer erweist sich die Speichermasse als vorteilhaft. In Kombination mit dem als Verschattung wirksamen Laubengang und der extensiven Dachbegrünung hält sie das Gebäudeinnere angenehm kühl. Weil dadurch auf mechanische Sonnenschutzanlagen verzichtet werden konnte, sinken die Kosten für den Bauunterhalt.

Auch die Lüftung erfolgt größtenteils natürlich. Lediglich in den Sanitärräumen befinden sich dezentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Photovoltaikmodule auf dem Flachdach liefern Strom, die den Eigenbedarf anteilig decken. Damit erreicht das Gebäude den KfW-55-Standard. -dg

Bautafel

Architekten: Härtner Ito Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: HFS Ingenieure, Bad Reichenhall (Tragwerksplanung); Ingenieurbüro Gollwitzer, Bad Reichenhall (Gebäudetechnik); Elektroplanung Weber, Rosenheim (Elektroplanung); Kurz und Fischer, Winnenden (Bauphysik); Trias Brandschutzplanung, Stuttgart (Brandschutz)
Bauherrschaft: Stadt Bad Reichenhall
Fertigstellung: 2019
Standort: Kirchholzstraße 4, 83435 Bad Reichenhall
Bildnachweis: Simon Sommer, Ostfildern; Härtner Ito Architekten, Stuttgart

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