Kinderhaus Birkenweg in Beilstein

Holzrahmenbau mit Fassade aus Lärchenholz

Seit 2013 gibt es für Kinder ab einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Das hat in vielen Kommunen den Bau neuer Erziehungseinrichtungen erfordert. So auch in der kleinen Gemeinde Beilstein, die zwischen Heilbronn und Ludwigsburg liegt. Den Neubau des Kindergartens mit Krippe für fast 100 Schützlinge im Alter von ein bis sechs Jahren realisierte das Stuttgarter Büro Harris + Kurrle Architekten, die als Sieger aus einem Wettbewerb hervorgingen.

Die drei aneinandergrenzenden Baukörper für Kinderkrippe, Kindergarten und mittigem Gemeinschaftshaus sind im Inneren miteinander verbunden
Holzfassaden, Glasflächen und das Titanzinkdach prägen den Neubau von außen
Außen wurde unbehandelte, vorvergraute Lärche verwendet, innen helle Fichtenholzplatten und Holzwolleplatten an der Decke

Das Grundstück vom Kinderhaus Birkenweg liegt nah am Ortskern. Im Norden grenzt kleinteilige Wohnbebauung an, im Süden ein Gewerbegebiet. Das neue Gebäude übernimmt also städtebaulich eine vermittelnde Rolle. Komponiert ist es aus drei ähnlichen Baukörpern, die leicht versetzt aneinandergrenzen. Im Inneren ist das Trio miteinander verbunden. Dominiert werden die eingeschossigen Holzbauten jeweils von einem leicht geneigten, großflächigen Walmdach mit Zinkdeckung, das oben mit einer Laterne abschließt. An den Fassaden wechseln sich geschlossene, mit Vollholz verschalte Bereiche mit großzügigen Fensterflächen ab. Die Dreiteilung des Bauvolumens spiegelt auch die unterschiedlichen Nutzungen wider: Kinderkrippe, Kindergarten und ein Gemeinschaftshaus, das allen insgesamt acht Gruppen, aber auch für externe Veranstaltungen zur Verfügung steht.

Der Haupteingang liegt, zurückgesetzt von der Straße, an einem gepflasterten Platz, der sich durch die Staffelung der Baukörper ergibt. Die Glasfassade ist hier leicht eingezogen und leitet Ankommende ins Gebäude. Über einen Windfang betritt man ein großzügiges Foyer. Hier befinden sich, neben einer Garderobe, die Zugänge zu einem Essens- und einem Bewegungsraum sowie zum Garten. Speisesaal und Turnraum lassen sich zu einem großen Saal zusammenlegen und sind auch öffentlich nutzbar. In einem zentralen Kern sind die Küche und der Sanitärbereich untergebracht. Das Foyer dient zugleich als zentraler Erschließungsraum zu den beiden anderen Gebäudetrakten. Krippe und Kindergarten sind nach dem gleichen Schema organisiert: An einen zentralen, von oben belichteten Raum mit Garderobenbereich grenzt ein Kern mit Nebenräumen. Die Gruppen- und Funktionsräume sind entlang der Fassade angeordnet. Die Bodenbeläge sind aus robustem Kautschuk. Die Gestaltung der Sanitärbereiche, Garderoben, Schlafräume sowie der Mensa in unterschiedlichen, kräftigen Farben soll den Kindern bei der Orientierung im Haus helfen.

Bei der Gebäudetechnik wurde auf Ressourcenschonung Wert gelegt: Eine Gasabsorptionswärmepumpe übernimmt die Wärmeversorgung des Gebäudes, unterstützt von einem Gaskessel für die Spitzenlast. Die innen liegenden Räume werden über eine Abluftanlage entlüftet. Die künstliche Beleuchtung erfolgt über sparsame LED-Leuchten. Auf den nach Süden orientierten Dachflächen sind Anschlusspunkte vorgesehen, um Photovoltaikanlagen nachzurüsten, die bei Bedarf zukünftig einen Teil des im Gebäude verbrauchten Stroms kompensieren.

Gesund Bauen / Konstruktion

Die Entscheidung für einen Holzbau mit vorgefertigten Wandelementen gewährleistete eine kurze Bauzeit des Kinderhauses. Die tragenden Außenwände des Gebäudes bestehen aus geschlossenen Holzrahmenelementen, die sich mit offenen Pfosten-Riegel-Konstruktionen abwechseln. Für den Dachstuhl wurde eine leichte Sparrenkonstruktion gewählt. Holzwerkstoffplatten bilden die aussteifende Dachschalung. Da im Inneren nur wenige Elemente die Lasten des Dachs abtragen, sind die Raumzuschnitte flexibel. Räumliche Änderungen, beispielsweise aufgrund eines neuen pädagogischen Konzepts, sind dadurch leichter umzusetzen.

Der nachwachsende Rohstoff Holz ist sehr vielseitig eingesetzt. Nicht nur für die tragende Konstruktion, sondern auch für die Fassaden- und Innenwandverkleidung. Das natürliche Material erzeugt eine warme Atmosphäre für die Kinder und hat eine natürliche, lebendige Oberflächenstruktur. Entsprechend der Anwendung ist die Holzart gewählt: unbehandelte, vorvergraute Lärche für den Außenbereich, helle Fichtenholzplatten innen. Die Innenwände sind lasiert und in Bereichen, die von Kinderhänden erreicht werden, zusätzlich geschliffen. Holzwolle-Leichtbauplatten unter den Dachschrägen unterstützen durch ihre schallabsorbierende Wirkung die Raumakustik – im Kindergarten ein essenzielles Thema – und tragen dazu bei, die Raumluftfeuchte zu regulieren.

Außerdem war wichtig, dass viel natürliches Licht die Räume erhellt, was sich positiv auf die circadiane Rhythmik auswirkt. Die großen, bodentiefen Fensterflächen in der Fassade und die Oberlichter in den rechteckigen Laternen sorgen für viel Tageslichteinfall in allen Räume. -dg

Bautafel

Architekten: Harris + Kurrle Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: Merz Kley Partner, Dornbirn (Tragwerksplanung); IB Heimann, Berlin/Lorsch (Haustechnik-/Elektrotechnikplanung); EGS-Plan, Stuttgart (Thermische Bauphysik); Jetter Landschaftsarchitekten, Stuttgart (Außenanlagen); Zimmerei Thomas Bauer, Beilstein (Holzbau)
Fertigstellung: 2017
Standort: Birkenweg 9, 71717 Beilstein
Bauherr: Stadt Beilstein, Landkreis Heilbronn
Bildnachweis: Roland Halbe, Stuttgart; Werner Kuhnle, Freiberg

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