Innovation Center in Darmstadt

Schwungvoll verbunden

Außen ein gläserner Quader, innen geschwungene Skulptur: Das neue Innovation Center, das Henn in Darmstadt geplant haben, überrascht durch sein komplexes Innenleben. Der Bau begrenzt eine Seite des neu gestalteten Platzes, der den Auftakt zum Imperium von Merck formt. Der Pharma- und Chemiekonzern ist einst aus einer Darmstädter Apotheke hervorgegangen und hat seinen Hauptsitz heute auf einem riesigen Gewerbeareal im Norden der Stadt. Die neue Empfangssituation basiert auf dem Wunsch der Konzernleitung, die Ansammlung von Verwaltungsbauten und Produktionsstätten schrittweise zu einem Technologie- und Wissenscampus zu entwickeln.

Entworfen und geplant hat den Bau das Büro Henn.
An das Innovation Center schließt ein dreigeschossiger Bau an, in dem unter anderem die Kantine untergebracht ist.
Außen ein gläserner Quader, innen geschwungene Skulptur: Foyer des Innovation Center

Das fünfgeschossige Innovation Center ist im Erdgeschoss über einen geschlossenen Durchgang, im ersten Obergeschoss über eine Terrasse mit einem dahinter liegenden, dreigeschossigen Baukörper verbunden. Dort ist das Mitarbeiterrestaurant untergebracht, das ebenfalls von Henn geplant wurde, sodass die beiden Bauten als Einheit erscheinen. Nach außen zeigt sich das Innovation Center mit einer gläsernen Doppelfassade. Vor geschosshohen Fensterbändern sitzen vertikale Außenlamellen, die abschnittsweise entweder parallel zum Baukörper oder in unterschiedlichen Winkelstellungen schräg dazu angeordnet sind. Durch seine Orthogonalität fügt sich das Volumen in die Umgebung ein und formt eine klare Platzkante; die scheinbar bewegte, raumhaltige Hülle hingegen weist über das Bestehende hinaus.

Die Idee für die offenen Arbeitsbereiche im Inneren entwickelte sich aus der Vorstellung eines Raumkontinuums. Brückenartige Verbindungen und eine frei im Raum platzierte, vertikale Erschließung über geschwungene Treppen und Rampen sollen Interaktion und Austausch der Mitarbeitenden fördern. Ein geschwungenes Atrium, das sich zentral in der Gebäudemitte befindet und von der Erschließung umschlossen wird, belichtet den Innenraum zusätzlich und sorgt für eine vertikale Verbindung der Geschosse.

Die Lasten werden von zwei ovalen Kernen und von Stützen aufgenommen. Letztere wirken durch eine spiegelnde Hülle aus poliertem Edelstahl nahezu entmaterialisiert. In einigen Abschnitten der Randbereiche finden sich auch kleinere, abgeschlossene Büroeinheiten und Meetingräume, die zum Teil auf Zwischengeschossen liegen. Im Parterre sind darüber hinaus ein Café, eine Lounge und ein Auditorium untergebracht; im ersten Obergeschoss befindet sich eine Bibliothek, im obersten Stockwerk eine Werkstatt.

Schalung

Beim Innovation Center handelt es sich um eine Stahlbetonverbundkonstruktion mit Spannweiten von bis zu 20 Metern. Die Druckfestigkeitsklasse der verwendeten Transportbetone reichte von C30/37 bis C50/60, als Sichtbetonqualität war SB3 vorgegeben. Auf aufhellende Zuschläge wurde verzichtet.

Geschwungene Betonflächen

Die geschwungenen Betonflächen an den Treppenkernen oder auch an den Deckenrändern wurden ebenfalls in Ortbeton erstellt. Dafür ließ man auf eine vertikale Holzträgerschalung speziell für dieses Projekt gefertigte Schalelemente aufschrauben, die aus schablonenartigen Rippen und einer gebogenen Schaltafel bestanden. Die präzise Form der Schablonenelemente wurde dabei mithilfe von CNC-Maschinen erreicht, die millimetergenau entsprechend der eingegebenen Daten frästen. Eine Beschichtung der Schalhaut mit Melaminharz und eine Vorversiegelung der Kanten sorgte für glatte, fugenarme Betonoberflächen.

Der hohe Bewehrungsgrad erforderte eine besondere Sorgfalt bei der Verdichtung, für die Innen- und Außenrüttler zum Einsatz kamen. Die Schalelemente ließen sich bis zu sieben Mal wiederverwenden. Nach dem Ausschalen und Aushärten erfolgte eine kosmetische Nachbehandlung des Betons, um ein homogenes Erscheinungsbild zu erreichen.

Bautafel

Architekten: Henn, München
Projektbeteiligte: Bollinger + Grohmann Ingenieure, Frankfurt a.M. (Tragwerksplanung), ZWP Ingenieur-AG, Köln (TGA), Müller-BBM, Planegg (Bauphysik), Ed. Züblin, Stuttgart (Rohbau); Implenia, Bobenheim-Roxheim (Schalungsplanung); Westag & Getalit, Rheda-Wiedenbrück (melaninbeschichtete Schalhaut Betonplan Top MF); KFE - Kucharzak Fassaden Engineering, Berlin (Fassadenplanung), Lumen³, München (Lichtplanung), Topotek 1, Berlin (Freianlagenplanung)
Bauherr: Merck, Darmstadt
Standort: Frankfurter Str. 250, 64293 Darmstadt
Fertigstellung: 2018
Bildnachweis: HG Esch

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