Hotelumbau in Hall/A

Saniertes Welzenbacher Gebäude mit Zusatzturm

Am Turmhotel Seeber aus den Jahren 1930/31 des Tiroler Architekten Lois Welzenbacher waren nur mehr Spuren seiner einstigen Erscheinung vorhanden. An dem Gebäude stechen charakteristische Gestaltungsmerkmale des berühmten Architekten hervor: Die Lage und kubische Ausbildung der Balkone unterstreichen die dynamische Horizontalen, ohne die Vertikale zu schwächen. Die Stadt Hall erwarb das Gebäude 1997, um es durch den Neubau eines Seminarhotels zu ersetzen. Mit einer österreichweiten Unterschriftenaktion und einem anschließenden Symposium gelang es, die Stadtväter zu überzeugen, das nicht geschützte Turmhotel zu erhalten und für ein schlüssiges Gesamtkonzept einen öffentlichen Architektenwettbewerb durchzuführen. Die betraute Jury bewertete zunächst den Entwurf von Wiederin /Konzett mit dem 1. Preis: Ein einzeln stehender Baukörper bildet neben dem sechs geschossigen Welzenbacherturm eine freie Konstellation autonomer Volumen. Dies war jedoch betriebstechnisch nicht im Sinne der Stadt. Die Gewinner und die Stadtwerke Hall als Bauherrin fanden trotz Versuchen nicht zusammen. Daraufhin kamen die Verfasser des 2. Preises, das in Wien tätige Architektenpaar Dieter Henke und Marta Schreieck ins Spiel. Auf die verständlichen Unstimmigkeiten und Querelen, die sich nach dieser Entscheidung der Stadt Hall auftaten, soll hier nicht nähereingegangen werden. Es sei nur soviel gesagt: Der Qualität des Ergebnisses haben sie nicht geschadet.
Das gekurvte Bestandsgebäude bringt städtebauliche Bewegung in Richtung des benachbarten Kurparks. Dieser "Drive" wird von einer Gartenmauer an der Ostseite fort geführt. Das Projekt der Architekten Henke und Schreieck führt diesen Schwung in einem neuen eingeschossigen Verbindungsbauwerk weiter. Aus jener Basisplattform erhebt sich in respektvollem Abstand zum Altbau ein sich nach oben konisch aufspreizender neuer Turm mit sieben Geschossen. Während der Welzenbacherturm in weiß gekalkter Massivbauweise dominiert, ordnet sich der neue Turm, dessen dunkle Sonnenschutzlamellen die Geschosse überspielen, dem Altbestand unter. Dadurch entsteht ein Spannungsbogen, der den bauhistorisch wertvollen Turm in Beziehung zu einem modernen Gegenüber setzt. Obwohl der Neubau ein Geschoss höher ist und beinahe doppelt so viele Zimmer enthält wie der Altbau, wirkt das Übergewicht dank der zylindrischen Form nicht erdrückend.

Behutsames Vorgehen zeichnet den Umgang mit dem architektonischen Erbe, hier im Treppenhaus des Bestands aus.

Sanierung/Modernisierung
Nach dem Rückbau und Abbruch beschädigter Bauteile war bei Welzenbachers Turmhotel der Rohbau weitgehend erhalten geblieben. Dennoch bestanden - entsprechend seiner Bauzeit - gelinde gesagt bauphysikalisch grobe Mängel. Zudem war Welzenbachers Planarchiv im Krieg zerstört worden, und so war man für die Ergänzung der seither abgeschnittenen, frei auskragenden Balkonköpfe auf historische Fotografien angewiesen. Die zum Teil nur noch rudimentäre Bewehrung der Balkonplatten musste mit Kohlefaser-Streifen verstärkt werden. Zudem wurden in allen Geschossen als Aussteifungsgerüst Stahlbetonscheiben eingezogen. Ebenso mussten auf Grund heutiger Treppenbaunormen im freien Auge des Treppenhauses die Geländer erhöht werden. Um den Einbau neuer Bäder zu ermöglichen, wurde pro Geschoss ein Zimmer aufgegeben, was aber als Nebenprodukt dazu führte, dass die stirnseitigen Ausblicke aus den winkelförmigen Innenfluren wieder hergestellt werden konnten. Die fast puristische Detaillierung Welzenbachers wurde im Ausdruck gewahrt und feinfühlig ergänzt. Das Erdgeschoss wurde als Frühstücksraum mit angrenzender großzügiger Terrasse umgebaut. Er bildet die Verbindung zwischen dem neuen Hotelfoyer im Norden und dem zum angrenzenden Kurhaus hin orientierten Restaurant. Die Küche befindet sich ebenfalls im Verbindungsbau, angedient von einem verglasten Flur. Die Zimmereinrichtung wurde klassisch modern und nüchtern gehalten und wird in den Bädern und der Möblierung fortgesetzt.

Bautafel

Architekten: henke und schreieck Architekten, Wien
Projektbeteiligte: Dieter Henke, Christian Farcher (Projektleitung); Daniela Ferrigni, Ralf Rüssel, Felix Siegrist (Mitarbeiter); Ing. Büro Manfred Gmeiner und Martin Haferl, Wien (Tragwerksplanung); Auböck & Kárász, Wien (Landschaftsarchitekten); conceptlicht GmbH, Mils (Lichtplanung)
Bauherr: Stadtwerke Hall
Fertigstellung: 2003
Standort: Thurnfeldgasse 1 , Hall in Tirol
Bildnachweis: Bruno Klomfar, Margherita Spiluttini