Hotel in Tsinandali

Künstlerisches Lichtkonzept in alten Gewölben

Im Osten Georgiens wurde ein 200 Jahre altes, zwischenzeitlich verfallenes Weingut durch Sanierung und einen Anbau in ein Luxusresort verwandelt. Ein Besuch in Tsinandali offenbart imposante Gewölbe, farbenfrohe Kelims und ein ausgeklügeltes Lichtkonzept, das von Ingo Maurer stammt.

Der New Yorker Architekt John Fotiadis hat einen geradlinigen Neubau mit 124 Zimmern und Suiten entworfen. Er ist auf verschiedenen Ebenen mit dem Altbau verbunden.
Der 2019 verstorbene Münchner Designer und Lichtgestalter Ingo Maurer war für das künstlerische Konzept sowie die Lichplanung des Altbaus verantwortlich. Die Halle des Altbaus zieren seine Flying Discs-Leuchten.
Die Lobby des Neubaus ist mit einem Counter für das Check-in und gemütlichen Sitzgelegenheiten versehen. Wände und Decken sind mit Korkfliesen bedeckt.

Von Tiflis aus geht es über unwegsame Straßen rund 80 Kilometer Richtung Nordosten. Hat man die Stadt Telawi passiert, ist es nicht mehr weit bis zum Hotel in Tsinandali, das am Rande eines weitläufigen Parks liegt. Zugleich beherbergt der Landschaftsgarten das Alexander-Chavchavadze-Museum, das durch den gleichnnamigen georgischen Poeten ins Leben gerufen wurde.

Weingut in Kachetien

Der Hotelkomplex überrascht durch das kontrastierende Nebeneinander von Bestandsgebäude und neuer Architektur. Während der New Yorker Architekt John Fotiadis einen geradlinigen Hotelbau mit 124 Zimmern und Suiten entworfen hat, befinden sich in den historischen Räumen des Weinguts von 1886 die gemeinschaftlichen Bereiche des Hotels, wobei die künstlerische Leitung Ingo Maurer oblag. Die Gestaltung von Restaurant, Café, Bar und Ballsaal ist bestimmt von der jahrhundertealten Weinkultur Kachetiens. Besonders interessiert an der georgischen Kultur, war dem im Oktober 2019 verstorbenen Lichtdesigner vor allem am Erhalt historischer Elemente wie Gewölbe und Natursteinwände gelegen. Zugleich steht das eigens entworfene Mobiliar – zu dem Holzbänke mit Kissen aus georgischen Kelims und ein Bronzetisch mit dem eingelassenen Wappen des Weinguts gehören – in einem spannungsvollen Kontrast zu den extravaganten Leuchten des Designers.

Lichtplanung: Grenzenlose Fantasie

Neben den Standardserien von Ingo Maurer kommen auch Leuchten und Installationen zum Einsatz, die speziell für den Ort geschaffen wurden und zum Teil direkt auf ihn Bezug nehmen. Während beispielsweise im sogenannten Secret Room, der sich hinter einer imposanten Drehtür versteckt, fünfzig scheinbar schwebende Leuchten mit echten Kerzen atmosphärisch von der Decke hängen, sind im verschwenderisch großen Vorraum opulente Kronleuchter aus jeweils 136 LED-beleuchteten Weinflaschen angebracht – eine Reminiszenz an die Vergangenheit des Weinguts, das als Teil des Hotels noch immer produziert. Ebenfalls eine Sonderanfertigung von Ingo Maurer ist die über dem Bronze-Wappen-Tisch angebrachte Hängeleuchte, eine um zwanzig Prozent vergrößerte Version der Originalleuchte aus dem Jahre 2007.

Unterm Sternenhimmel

Exemplarisch für das gestalterische Konzept des Hotels steht die kleine Lounge mit einem Kreuzrippengewölbe, aus der man auf die grüne Parkanlage blickt. Von der georgischen Künstlerin Tamara Kvesitazde in ein tiefes Blau getaucht und mit goldenen Sternen versehen, fasziniert sie durch Kunstwerke, Möbel und Leuchten, die speziell für den Ort geschaffen wurden. Die Ausstattung anderer Bereiche weist hingegen über das Weingut hinaus – so ist das Deckengemälde des Restaurants von den Höhlenmalereien in Lascaux inspiriert, während im VIP Dinner Room auffällige Leuchten hängen, die an Tragflächen von Flugzeugen erinnern. Indessen kommen in einem Zwischenraum, der sich neben dem Hauptrestaurant befindet, Maurers künstlerische Ambitionen besonders zur Geltung. Hier finden sich zwei  Metalltische mit weißen Marmorplatten, die der Präsentation der vor Ort produzierten Weine in einem Holzdisplay dienen. Unter einem Stahlgerüst mit acht Kupferleuchten, die jeweils einen Durchmesser von zwei Meter aufweisen, erzählen scherenschnittartige Kupferfiguren eine fantasievolle Geschichte rund um das Thema Wein.

Neben Architektur und Design ist es insbesondere die umgebende Natur, die das Hotel zu einem Sehnsuchtsort macht. Der Blick von der Dachterrasse schweift über den angrenzenden Park zu den schneebedeckten Gebirgszügen des Kaukasus. Schaut man vom Zimmer durch die bodentiefen Fenster, sieht man nichts als Himmel, Berge und Bäume. -csh

Bautafel

Architektur: John Fotiadis Architecture, New York
Projektbeteiligte: Septiembre Arquitectura, Mexico City (Innenarchitektur Neubau),Tamara Kvesitadze (Innenarchitektur Bibliothek und öffentliche Toiletten); Fabre Speller Architectes, Clermond Ferrand (Akustik Konzerthalle); Ingo Maurer, München (Künstlerische Leitung Altbau und Lichtplanung, Leuchten Fly Candle Fly!, Oh Mei Ma Kabir, Glowing Wings)
Bauherrschaft: Silk Road Group, Tiflis
Fertigstellung: 2019
Standort: Tsinandali Village, 2217 Tsinandali, Georgien
Bildnachweis: Ingo Maurer/ Tom Vack, München; Ingo Maurer/ Hagen Sczech, München; Radisson Hotels

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