Hotel Alex Lake Zürich

Heizenergie aus dem Zürichsee

Über vierzig Kilometer weit erstrecken sich die beiden Uferseiten des Zürichsees zwischen der schweizerischen Hauptstadt und der Gemeinde Schmerikon. Die Uferkante ist dicht bebaut mit privaten Villen, Strandbädern und Bootsvereinen. Eines der wenigen Gästehäuser direkt am Wasser ist das Hotel Alex Lake Zürich in Thalwil. Nach Jahrzehnten der Nutzung des Gebäudes als Hotel war eine Renovierung dringend notwendig. Um die örtliche Bautradition zu unterstützen, beauftrage der Betreiber für die technische und architektonische Sanierung der bestehenden Struktur sowie für einen Ergänzungsbau das Züricher Büro Marazzi + Paul Architekten.

Verantwortlich für die technische und architektonische Sanierung der bestehenden Struktur sowie für einen Ergänzungsbau zeichnet das Züricher Büro Marazzi + Paul Architekten.
Die Bar und das Restaurant im Erdgeschoss sind in einem neuen, weit aus dem Bestandsgebäude auskragenden und aufgrund des zum Wasser abfallenden Geländes freischwebenden, eingeschossigen Gebäudeteil untergebracht.
Über raumhohe Verglasungen zu drei Seiten können die Gäste vom Restaurant aus die Aussicht über den See genießen.

Übergeordnetes Ziel der Verantwortlichen war es, den See so oft wie möglich visuell in das sechsgeschossige Gebäude zu holen. Alle wichtigen Räume sind deshalb gen Wasser auf der Ostseite ausgerichtet, große, stehende Fensteröffnungen lassen viel Licht in die Innenräume und betonen die Vertikale der weiß verputzten Lochfassade. Die Bar und das Restaurant im Erdgeschoss sind in einem neuen, weit aus dem Bestandsgebäude auskragenden und aufgrund des zum Wasser abfallenden Geländes freischwebenden, eingeschossigen Gebäudeteil untergebracht. Dieser ist ebenso wie der Rest der Sockelzone und der neue eingeschossige Anbau im Norden mit Travertin bekleidet. Über raumhohe Verglasungen zu drei Seiten können die Restaurantgäste die Aussicht über den See genießen. Der See dient allerdings nicht nur der Kontemplation, sondern wird auch für die Beheizung und Kühlung des gesamten Gebäudes genutzt.

Modern interpretierter Art-Déco-Stil

Das Gebäude demonstriert seinen Luxus vor allem durch ausgesuchte, natürliche Materialien und feine Handwerkskunst. Die Gestaltung hier – vor allem die Materialauswahl und die Konzeption der Möbel und Einbauten – wurde von dem Londoner Innenarchitekturbüro Brady Williams entwickelt. Ein wichtiger Werkstoff im Entwurf ist Holz, verbaut an Böden, Wänden und teilweise Decken. So entsteht in den öffentlichen Bereichen eine Art modern interpretierter Art-Déco-Stil, vor allem durch die grafisch-anmutenden Designs und die Verwendung von bronzefarbenen Metallelementen, Marmor-Applikationen und einer lebhaften, aber nicht aufdringlichen Farbigkeit. Diese charakteristische Atmosphäre setzt sich in den Zimmern in ruhigerer Form fort.

Heizen mit Seewasser

Neben der architektonischen Um- und Neugestaltung war auch die technische Aufrüstung eine Herausforderung. Die benötigte Energie für den Gebäudebetrieb wird dem Seewasser des Zürichsees entzogen. Damit ist es den Planerinnen gelungen, den Minergie-Standard zu erreichen. Das Seewasser wird dabei über Kunststoffrohre zur Haustechnikanlage geleitet, wo Wärmepumpen dem Wasser Wärmeenergie entziehen und für die Heizung und Warmwasserbereitung verwenden. Das Seewasser wird bei diesem Prozess nur um etwa drei Grad Celsius abgekühlt und über eine Rückgabeleitung dem See wieder zugeführt. Beide Leitungen enthalten alle erforderlichen Filter und Ansaugeinrichtungen und sind nach den technischen und gesetzlichen Grundlagen des Gewässerschutzes ausgelegt.

Zum Schutz des Seewassers ist zudem ein Wärmetauscher verbaut, der die Energie zunächst in einen mit einem Frostschutzgemisch betriebenen Zwischenkreis überträgt. So soll eine Übertragung von Kältemittel in den See ausgeschlossen werden. Zur Laufzeitoptimierung und zur hydraulischen Trennung von Wärmeerzeugung und Wärmeverteilung ist ein Heizungsspeicher installiert. Danach wird die Wärme über Bodenheizungen, Radiatoren, Klimakonvektoren und die Lüftung im Gebäude verteilt.

Ähnlich funktioniert die Erzeugung des Brauchwarmwassers, über eine kleine, separate Wärmepumpe, die ebenfalls Energie aus dem Zwischenkreis erhält. Ein Warmwasserspeicher sorgt dafür, dass einerseits stets genügend Brauchwarmwasser zur Verfügung steht und andererseits die Wärmepumpe jeweils mit einem optimalen Wirkungsgrad betrieben werden kann. Zusätzlich ist dem Speicher ein Boiler vorgeschaltet, der durch die Abwärme der Kälteanlage gespeist wird. So wurden insgesamt drei Speicher mit einem Gesamtinhalt von 5.500 Liter installiert, alle Umwälzpumpen sind in der Energieeffizienzklasse A geplant.

Free Cooling

Da die Wärmepumpen reversibel sind, können sie auch zu Kühlung des Gebäudes genutzt werden. Dabei wird dem Seewasser keine Wärmeenergie entzogen, sondern zugeführt. Erste Priorität zur Deckung des kompletten Kältebedarfs hat jedoch ein „Free-Cooling-System“, das sich ebenfalls das Seewasser zunutze macht. Die Wärmepumpe wird nur zugeschaltet, wenn die Temperatur des Wassers zur natürlichen Kühlung zu hoch ist. Lediglich die Serverräume werden das ganze Jahr über mit Kältemaschinen gekühlt. -tg

Bautafel

Architektur: marazzi+paul Architecture and Urban Design, Zürich
Projektbeteiligte: Hunziker Partner, Winterthur (HLKS); pbp ag engineering, Zürich (Elektroplaner); Aschwanden & Partner, Rüti (Tragwerksplanung); Gatenmann Engineering, Zürich (Bauphysik); Atelier Verde, Freienbach (Landschaftsarchitektur); Brady Williams, London (Innenarchitektur); Coneco, Zürich (Bauleitung)
Bauherrschaft: Corim, Zürich
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: James McDonald; marazzi+paul, Zürich; Hunziker Partner, Winterthur

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