Hochhaus Mjøstårnet in Brumunddal

18 Geschosse in Holzbauweise

Am Ufer des Sees Mjøsa ragt ein hölzerner Turm in den Himmel. Mit seinen 85,4 Metern bietet der Mjøstårnet in Brumunddal auf 18 Geschossen einen weiten Blick über das Wasser und die umgebende südnorwegische Landschaft. Der Investor, der an diesem größten See Norwegens aufgewachsen ist, wünschte sich ein Hochhaus aus dem Baustoff Holz, wobei nicht das Material an sich, sondern auch sein nachhaltiger Anbau, seine regionale Herkunft und Verarbeitung berücksichtigt werden sollten. Darüber hinaus war von Anfang an angestrebt, einen neuen Höhenrekord aufzustellen. Das Büro Voll Arkitekter aus Trondheim, das für den Entwurf verantwortlich zeichnet, nahm die Herausforderung an. Im April 2019 erhielt der Bau die Auszeichnung für das derzeit weltweit höchste in Holz konstruierte Gebäude.

Der Entwurf für das Ensemble aus multifunktional genutztem Hochhaus und öffentlichem Schwimmbad stammt von Voll Arkitekter aus Trondheim.
In dem 84,5 Meter hohen Turm sind Büros, Wohnungen, ein Restaurant und ein Hotel untergebracht.
Durch die Öffnungen der Lochfassade ist die Primärkonstruktion aus Brettschichtholzelementen ablesbar.

Ein Turm, viele Nutzungen

In dem multifunktional genutzten Turm sind ein Restaurant, Büro- und Konferenzräume, ein Hotel und Wohnungen untergebracht. An das Gebäude schließt unmittelbar ein niedrigerer Bau mit einem öffentlichen Schwimmbad an. Wer den Turm nur kurz besuchen will, kann die öffentlich zugängliche Dachterrasse erklimmen und den weiten Blick genießen.

Während das Erdgeschoss zum See hin großzügig verglast wurde und einen direkten Blick auf die dahinter liegende Holzkonstruktion erlaubt, prägt die oberen Stockwerke eine Lochfassade. Durch die Öffnungen lassen sich Blicke auf die Stützen und diagonalen Streben des Tragwerks erhaschen. Zudem geben die hölzerne Bekleidung sowie die Konstruktion der Balkone im oberen Bereich Hinweise auf das ungewöhnliche Baumaterial des Hochhauses.

Restaurant, Büros, Hotel und Apartments

Das Erdgeschoss besetzen neben der Lobby die Rezeption des Hotels und das Restaurant. Im Stockwerk darüber sind Konferenzräume und Technik untergebracht. Es folgen fünf Bürogeschosse, darüber sind die vier Etagen des Hotels mit seinen 72 Zimmern. Die Apartments, die vor allem in den Stockwerken 12 bis 16 angeordnet sind, besitzen großteils Balkone, die sich zum See hin orientieren. Zwei weitere Apartments sowie ein Veranstaltungssaal, der etwa für Hochzeiten oder größere Konferenzen genutzt werden kann, befinden sich im 17. Obergeschoss. Die Aussichtsterrasse sowie ein Penthouse schließen das Gebäude nach oben hin ab. Der Erschließungskern mit zwei Treppenhäusern und drei Aufzügen ist mittig auf der Nordseite angeordnet.

Erbaut in sechs Schritten

Die Fertigstellung des hölzernen Hochhauses erfolgte in sechs Abschnitten, wobei das Planungsteam dort, wo die Konstruktion abgeschlossen war, die Fassade anbringen ließ, während der Turm weiter in die Höhe wuchs. Die Holzelemente mussten dabei nur an den besonders exponierten Stellen vor Wetter und Feuchtigkeit geschützt werden. Mit dem fünften Abschnitt stellte man die Außenhaut fertig und montierte die Balkone. Der letzte Abschnitt umfasste die Pergola auf dem Dach.

Tragwerk: Millimetergenau vorgefertigt

Die auch aufgrund des Brandschutzes großzügig dimensionierten Stützen, Träger und diagonalen Streben des primären Tragwerks bestehen aus Brettschichtholz. Das Rohmaterial stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern der Umgebung und wurde im nur 15 Kilometer entfernten Werk zugeschnitten und vorgebohrt. Die Elemente haben in der Regel einen Durchmesser von 60 mal 60 Zentimeter. Vor Ort wurden sie zu Einheiten von bis zu fünf Geschossen zusammengesetzt, die schließlich mithilfe von Kränen montiert wurden. Bei der Konstruktion der Pergola entschied man sich für Brettschichtholzträger mit abgerundetem Profil, um die Windlasten zu reduzieren.

Auf die übliche Testmontage der vorgefertigten Brettschichtholzelemente im Werk verzichtete man bei dem Turm in Brumunddal – die Einzelteile wurden direkt auf die Baustelle geliefert. Da die Toleranzen für Abweichungen sehr gering ausfielen, war diese Strategie durchaus riskant. Eine relevante Maßabweichung konnte jedoch nur bei einer einzigen Strebe festgestellt werden, die dann wieder ausgebaut und innerhalb einer Woche ersetzt wurde.

Decken: unten Holz, oben Beton

Der Erschließungskern mit Aufzügen und Treppenhäusern wurde in Brettsperrholz (CLT) ausgeführt; eine aussteifende Funktion übernimmt dieser Gebäudeteil laut der Architekten nicht. Die Geschossdecken bestehen in den unteren 11 Stockwerken aus gedämmten Holzfertigteilelementen, die aus Brettschichtholzträgern und Furnierschichtholzplatten zusammengesetzt sind. Ab dem 12. Obergeschoss – also ab dort, wo die Wohngeschosse beginnen – wurden in dem Turm Ortbetondecken verbaut. Damit soll die gewünschte Masse und die notwendige Stabilität bei starken Winden erreicht werden.

Fassade: verspielte Hülle

Die Außenwände wurden als Sandwichpaneele in Holz vorgefertigt, mit einer nicht-brennbaren Dämmung versehen und geschossweise montiert. Der Übergang von einem Stockwerk zum nächsten ist mit Abdeckungen aus säurebeständigen Edelstahl verblendet. Um eine wirtschaftliche Vorfertigung der Wandbauteile zu gewährleisten, sollten die Fensteröffnungen nicht zu sehr verspringen und ähnliche Größen haben.

Auch die hölzerne Bekleidung der Sandwichpaneele muss den Brandschutzanforderungen genügen. Die gewählten Kieferholzelemente sind auf der Fassade großteils vertikal angeordnet, lediglich im Bereich der Öffnungen wird dieses Prinzip gelegentlich durchbrochen. Die horizontale Montage der Hölzer erfolgte unter und zwischen den Fenstern, sodass mehrere Öffnungen optisch zu Bändern zusammengefasst werden. Zudem sind auf die glatte vertikale Bekleidung in unregelmäßigen Abständen Leisten montiert, durch die sich eine reliefartige Struktur ergibt. Durch diese Gestaltung wird die Fassade mit Textur und Schattenwurf belebt.

Mehr Holz wagen

Der Höhenrekord des Turms in Brumunddal wird wahrscheinlich nicht lange bestehen bleiben: Rund um den Globus entstehen derzeit neue Hochhäuser in Holz. Um diesen Trend zu stützen, sollen die Erfahrungen beim Bau des Mjøstårnet ausgewertet und weitergegeben werden. Ein Monitoring, das während der Bauzeit erfolgte und auch die Nutzung begleiten wird, könnte wertvolle Hinweise zur Optimierung der Konstruktion hoher Bauten in Holz geben.

Bautafel

Architektur: Voll Arkitekter, Trondheim
Projektbeteiligte: Hent, Oslo (Generalunternehmen); Moelven, Moelv (Holzkonstruktion); Sweco (Architektur- und Ingenieurdienstleistungen)
Bauherr: AB Invest, Hamar
Standort: Nils Amblis veg 1A, 2380 Brumunddal, Norwegen
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Øystein Elgsaas/Voll Arkitekter

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