Haushaltsgerätemuseum in Qingdao

Fünf Meter hohe LED-Wände

Wie kann man die Geschichte von Kühlschränken, Herden und anderen Haushaltselektrogeräten spannend erzählen und gestalterisch aufbereiten? Vor dieser Frage stand Atelier Brückner bei der Inszenierung einer Markenwelt für den chinesischen home appliances-Herstellers Haier. Im Fokus der Ausstellung: fünf Meter hohe LED-Wände und jede Menge überraschende Lichtlösungen.

Die Architektur stammt von DC Alliance und Snøhetta. Schon an der Außenfassade spielt Licht eine wichtige Rolle.
'Prolog': Entrée zur Markenwelt mit dem Sofaklassiker Togo in knalligem Orange. Fünf Meter hohe LED-Leinwände weisen auf das Thema Haushaltselektrogeräte hin.
Grafische Strukturen und Dreiecks-Motiv: Szenographie für den Bereich 'Smart Home'.

Der chinesische Haushaltselektrogerätehersteller mit dem markigen Werbespruch „Haier and Higher" hat einen rasanten Aufstieg hinter sich. 1984 gegründet, macht das Unternehmen inzwischen einen Milliardenumsatz und beschäftigt weltweit 70.000 Mitarbeiter. Der Hauptsitz liegt in der Hafenmetropole Qingdao in der Provinz Shandong im Osten Chinas. Hier wurde auch das neue Haier Home Appliance Museum eröffnet.

Eisberg am Meer
Auf einem Entwurf des norwegischen Architekturbüros Snøhetta basierend, lag die Ausführung des Projekts bei DC Alliance aus Shanghai. Bei dem Gebäude, das in seiner Form an einen Eisberg erinnert, handelt sich um ein sogenanntes brand land: Hier sollen die Besucher das Unternehmen und seine Marken visuell und sinnlich erleben, angereichert mit Geschichte(n) rund um die Themen Technik, Design, Smart Home. Das Stuttgarter Büro Atelier Brückner hat die Ausstellungsfläche des Museums dazu in vier Bereiche unterteilt: Prolog, History, Village, Kinder. Das Entrée zu den Ausstellungsräumen bildet ein floating space, der vorwiegend Weiß gehalten und mit farbigen Möbeln ausgestattet ist – darunter ein Sofa in knalligem Orange. Den Farben zugeordnet sind mehrere fünf Meter hohe LED-Wände. Sie erzählen über die natürlichen Elemente Feuer, Wasser und Wind und verweisen in abstrahierender Weise auf die ausgestellten Produkte wie Öfen, Kühlschränke und Klimaanlagen.

Gang durch die Geschichte(n)
Wer eintauchen will in die Geschichte des Interior Design und der dazu passenden Hausgeräte, wer etwas erfahren will vom Lebensgefühl und den technischen Neuerungen vergangener Zeiten, der kommt im Ausstellungsbereich History auf seine Kosten. Fünf dunkel gehaltene Räume widmen sich jeweils einer Dekade des 20. Jahrhunderts, dargestellt anhand von Filmen, Möbeln, Accessoires, Elektrogeräten und Erfindungen der Zeit. So lernt man, dass es in den Dreißigerjahren den ersten elektrischen Kühlschrank gab, man in den Sixties auf Stühlen mit rotem Kunstlederbezug an einem Tisch aus Resopal saß und die Elektrogeräte als Standgeräte einzeln im Raum angeordnet waren; die Neunzigerjahre hingegen können in einer typischen Shanghaier Wohnung nacherlebt werden. Wo die Ausstellungsobjekte im dazugehörigen Film gezeigt werden, kommt Interaktion ins Spiel: Sie werden im Ausstellungsraum mit einem Spot beleuchtet oder es öffnet sich beispielsweise die Tür des Eisschranks.

Wie auf einer Zeitschiene geht es dann Richtung Gegenwart und Zukunft, die im Ausstellungsbereich Village veranschaulicht wird. Über einen kleinen Zen-Garten werden sieben Häuser erschlossen, in denen das aktuelle Sortiment präsentiert wird, eingebettet in wohnraumartige Inszenierungen. Atelier Brückner hat dafür auch Ausstattungselemente wie Möbel und Leuchten kuratiert. Die Ausstellung wird komplettiert durch einen separaten Bereich für Kinder, der im Unterschied zu den gestalterisch zurückhaltenden anderen Räumen auffällig farbig gehalten ist. Hier darf gespielt, ausprobiert, gewerkelt und gebastelt werden: Im Bereich Electric World erforschen die Kinder die physikalischen Grundlagen der Elektrogeräte, im Digital Hub werden sie selbst zu Konstrukteuren, wenn sie an der digitalen Staffelei Haushaltsgeräte gestalten.

Lichtplanung: Spiel zwischen Hell und Dunkel

Cord Grothe, der verantwortliche Projektleiter von Atelier Brückner, erklärt die grundlegende Idee der Ausstellungsgestaltung als Kontrast zwischen dem riesigen, weiß glänzenden Saal und den kleineren Raumeinheiten, die innen komplett schwarz und matt gehalten sind. Es sei ein Spiel zwischen Hell und Dunkel. An der Decke der tageslichtbeleuchteten Ausstellungsfläche befinden sich dreieckige LED-Lichtfelder, die die Architekten des Gebäudes vorgegeben hatten. Das Motiv des Dreiecks hat Atelier Brückner im Interieur aufgenommen – in Form von dreieckigen Eingängen und kleinen Häusern im Ausstellungsbereich Village.

Im Eingangsbereich des Museums, dem Prolog, befinden sich mehrere große LED-Wände. Zur Einstimmung werden auf den Leinwänden Geschichten erzählt – über die Grundelemente wie Feuer und Wasser, die gebändigt in den Elektrogeräten auftauchen. Ein weiteres wichtiges Element sind die LED-Lichtringe in Blau-, Grün- und Orangetönen in der Ausstellung für Kinder, die sich um schräg gestellte Säulen winden und mit einem Durchmesser von vier Metern wie riesige, moderne Kronleuchter wirken. Man kann sie auch von außen sehen, weil sie durch die Fassade scheinen. „Sie sind bewusst so gestaltet, dass sie eine Wirkung nach innen entfalten und zugleich die äußere Wirkung der Fassade komplettieren", erklärt Grothe. Ebenso wie die Lichtkomposition an der Fassade des Gebäudes sind die LED-Ringe darauf ausgelegt, Flächen und Tiefen herzustellen, ergänzt er. Die Lichtplanung für das Museum entwickelte Atelier Brückner in Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Büro Belzner Holmes Light-Design. -csh

Bautafel

Architektur: Snøhetta, Oslo; DC Alliance, Shanghai
Projektbeteiligte: Atelier Brückner, Stuttgart (Szenografie); Belzner Holmes Light-Design, Stuttgart (Lichtplanung)
Bauherr: Haier Electronics Group
Fertigstellung: 2019
Standort: Donghai Road 52, Laoshan District, Qingdao, Shandong, China
Bildnachweis: Klaus Reinelt, Essen

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