Haus Johannisthal in Windischeschenbach

Umbau und Erweiterung eines Gebäudeensembles aus drei Jahrhunderten

Die Bestandsgebäude wurden modernisiert und behutsam ergänzt
Die beiden ältesten Gebäude stammen aus dem Jahr 1848
Holz, Granit und Putz prägen das Ensemble

Zwischen Falkenberg und Windischeschenbach in der Oberpfalz liegt das Naturschutzgebiet Waldnaabtal. Mit seinen Wäldern und hoch aufragenden Felsformationen ist es von dem Flusslauf der Waldnaab geprägt, der sich in Jahrmillionen tief in das Granitmassiv eingeschnitten hat. Inmitten dieser Landschaft bietet das Haus Johannisthal einen Ort der Besinnung und Begegnung. Seit 1948 lädt das Bildungshaus der Diözese Regensburg Ruhe- und Erholungsuchende zu Besinnungswochenenden, Exerzitien oder Einkehrtagen ein.

2007 beauftragte das Bistum die Architekten Brückner und Brückner das Gebäudeensemble, dessen erste bauliche Spuren auf eine Glasschleiferei im Jahr 1848 zurückgehen, den zeitgemäßen Anforderungen entsprechend umzugestalten. Dabei sollte es jedoch um mehr gehen, als die funktionale, energetische und (brandschutz)technische Aufrüstung. Für die Architekten galt es, die innere Struktur und Logik der vier Häuser neu zu ordnen und die baulichen Maßnahmen mit der inhaltlichen Neustrukturierung des Hauses und seines Programms in Einklang zu bringen.

Die vier Bestandsbauten gruppieren sich an drei Seiten um einen nahezu quadratischen Platz; im Süden die beiden riegelförmigen Gebäude der ehemaligen Glasschleiferei sowie im Westen und Norden die Zweckbauten aus den 1960er und 70er-Jahren. Die Häuser wurden in zwei Bauabschnitten zwischen 2010 und 2014 modernisiert. Ihnen wurden klar getrennte Funktionen zugewiesen: So gibt es ein Haus für das gemeinsame Essen, zwei Häuser für die Ruhe und ein Haus für Gespräche. Die bis dato unverbaute Ostseite füllt heute eine neue Kapelle.

Sämtliche Gebäude folgen einer einfachen Architektursprache mit der Typologie von Bauernhäusern oder Scheunen der nördlichen Oberpfalz. Bei der Sanierung achtete man darauf, die regionale Baukultur durch Verwendung der Materialien fortzuschreiben und durch den sensiblen Einsatz neuer Bausteine den Charakter dieses Ortes zu bewahren. Die Glasschleifereibauten wurden weiß verputzt und erhielten im Sockelgeschoss eine rustizierende Verblendung aus Flossenbürger Granit. Das Erdgeschoss des westlichen Ergänzungsbaus wurde ebenso gestaltet, die oberen Stockwerke allerdings mit Holz verkleidet. Die Gebäudehülle des nördlichen Baukörpers wiederum besteht vollständig aus Holz.

Als Mittelpunkt der dorfartigen Anlage übernimmt die neue Kapelle mit dem steilen Satteldach die Formgebung der anderen Bauten. Die von nur wenigen Öffnungen durchbrochenen Außenwände sind mit Granit verkleidet. Im Innern ist helles Fichtenholz das vorherrschende Material: Es bedeckt die Wand- und Deckenoberflächen und kam auch für das schlichte Mobiliar zum Einsatz. In den anderen Häusern wurde das Holz mit weißem Putz kombiniert.

Wie die Wohn- und Seminargebäude ist auch die Kapelle von einer klaren Gestaltung geprägt. Nichts soll ablenken, alles dient der Kontemplation und der Besinnung. Nur wenige Schmuckelemente, wie etwa eine Madonna mit Kind, sind vorhanden. Allein ein Lichtband im First und ein hohes, schmales Fenster hinter dem Altar bieten je nach Tages- und Jahreszeit ein wechselndes Spiel von Licht und Schatten.  

Dach:
Das Satteldach der Kapelle ist steiler als die der Nachbargebäude, aber mit den gleichen grauen, glatten Ziegeln gedeckt. Im Innern der Kapelle geht die Holzverkleidung der Wände nahtlos in die des Daches über. Dort wirken die weiß lasierten abgetreppten Dreischichtplatten aus Fichte wie ein Zeltdach aus leichtem Stoff. Für Licht sorgen eingelassene kleine Strahler.     

Dachaufbau (von außen nach innen):

  • Glattziegel
  • Konterlattung 40 x 60 mm
  • Traglattung 40 x 60 mm
  • Unterspannbahn
  • Schalung 24 mm
  • Sparren 120 x 440 mm
  • Dämmung 200 mm
  • Dampfsperre
  • Weißes Fließ blickdicht
  • Unterkonstruktion aus Stegen über Gewindestangen von Sparren angehängt
  • Fichte Dreischichtplatte, weiß lasiert, abgetreppt

Bautafel

Architekten: Brückner & Brückner Architekten, Tirschenreuth / Würzburg
Bauherr: Bistum Regensburg, Besondere Klerikalstiftung St. Jakob
Projektbeteiligte: Statikbüro Graf, Regensburg (Tragwerksplanung); Grünwald & Ach Planungsgesellschaft, Weiden (HLS Planung); Horst Dittmann Elektroplanungsbüro, Plößberg (Elektroplanung); Winkler & Seidl Ingenieurbüro, Hauzenberg (Küchenplanung); Dipl.-Ing. (FH) Norbert Thiel, Sachverständiger für vorbeugenden Brandschutz,  Hersbruck (Brandschutzplanung); Thomas Kurzeck Landschaftsarchitekt, Tirschenreuth
Standort:
Johannisthal 1, 92670 Windischeschenbach
Fertigstellung: 2014
Bildnachweis: Constantin Meyer, Köln; Peter Manev, Selb; Brückner & Brückner Architekten, Tirschenreuth / Würzburg

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