Hängende Verglasung

Hängende Scheibentragwerke, bei denen das Eigengewicht durch Zug und die horizontalen Lasten durch Biegung abgetragen werden, sind Tragwerke die sich vor allem in zwei Dimensionen dehnen. Die Verglasung trägt sich selbst und hat gegenüber stehenden Glasscheiben den Vorteil, nicht zusätzlich gegen Knicken stabilisiert werden zu müssen. Die dadurch "eingesparten" Bauteile ermöglichen eine äußerst filigrane Ausführung.

Kritisch bei solchen Systemen und damit häufig die Grenze der Realisierbarkeit definierend, ist neben den maximalen bisher realisierten Scheibengrößen von 3,20 m Breite und 13,00 m Höhe die statische Fixierung der Scheiben am hochbelasteten oberen Ende. Die bei einteiligen hängenden Fassaden übliche Klemmung ist nur so lange möglich, wie die verbindende PVB-Folie von VSG-Scheiben nicht unter der Klemmlast, welche proportional mit den Eigengewicht der Fassade zunimmt, zu fließen beginnt.
Die Befestigung durch Punkthalter hat ihre Grenzen in der maximalen Lochlaibungspannung, welche aufgrund des geringen Flächenquerschnitt einer Lochbohrung schnell erreicht ist, zumal nicht beliebig viele Punkthalter an eine Scheibe befestigt werden können.
Der Widerstand des Systems gegen horizontale Lasten muss durch zusätzliche, quer zur Glasebene liegende, Tragelemente gewährleistet sein. Dabei können Seilverspannungen, Druckstäbe sowie Glasschwerter zur Anwendung kommen.
Seilverspannungen bestehen aus jeweils zwei sich selbstaussteifenden, verschneidenden Seilbögen und Druckstäben für die Vorspannung der Seile, an welchem über angebrachte Halter die einzelnen Glasscheiben befestigt werden und dadurch die Reihung aneinanderhängender Glasscheiben ermöglichen.
Die Last aus der Vorspannung muss in das Primärtragwerk eingeleitet, sowie die Seilbögen zusätzlich mittels Rückverspannung an das Bauwerk befestigt werden, wodurch die Fassade gegen Windsog gesichert wird. Allerdings wird dadurch formal eine Verzahnung der Glasfassade mit dem Bauwerk in Kauf genommen, vergleichbar einer mittels Druckstäben unmittelbar vor das massive Bauwerk abgehangenen Glasfassade.

Anders dagegen sieht die Situation bei aussteifenden Glasschwertern aus. Diese kommen bei entsprechender Dimensionierung ohne zusätzliche Rückverspannungen aus. Mit der hängenden Verglasung durch Verkleben oder Halterung im Verbund ermöglichen sie einen vom Gebäude unabhängigen Umgang.
Besondere Aufmerksamkeit sollte beim Planen dem Verhalten der angewandten Materialien bezüglich der zu erwartenden Wärmedehnung geschenkt werden. So müssen bei großformatigen Fassaden neben Dehnungsfugen bei Systemen mit Seilverspannungen zusätzlich besondere zu dimensionierende Federn gestalterisch integriert werden, die die Dehnungskräfte aufnehmen, ohne dabei das System aus dem Kräftegleichgewicht zu bringen.

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