Grenzstation in Tisis/A

Weit auskragendes, dünnes Stahldach

Am Grenzübergang bei Tisis, auf der Landstraße von Feldkirch nach Liechtenstein, steht ein Gebäude, in dem die Zollabfertigung zentral für je zwei Ein- und Ausreisespuren abgewickelt wird. Kernstück des Projekts, das als Visitenkarte des Landes gesehen werden kann, ist seine Überdachung: ein weit auskragendes, verblüffend dünn ausgebildetes Dach. Es ähnelt dem Flügel eines Flugzeugs und lagert auf nur zwei Stützen. Darunter liegt eine Glasbox, die den Beamten uneingeschränkte Rundumsicht ermöglicht.

Grenzstation bei Nacht
Einzelne Lichtakzente lassen das architektonisch und ingenieurmäßig anspruchsvolle Projekt zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen

Das Konstrukt erscheint wie ein Strich in der Landschaft, wahrt die Silhouette der umgebenden Bergwelt und ermöglicht eine schonende Einbettung in das bestehende Ensemble mit Zollamtsgebäude und Veterinärgrenzkontrolle. Nur der Verzicht auf Dichtungsbahnen und Blechabdeckungen machte die minimalistische Erscheinung möglich. Erst in der Untersicht werden die Dimensionen deutlich: eine Fläche von 38 x 22 m balanciert auf zwei ovalen Stahlstützen, die im Gebäude verschwinden und von außen kaum wahrnehmbar sind.

Flachdach
Das Zollamt wurde mit zwei Dächern ausgeführt. Das eigentliche Gebäude besitzt ein Flachdach mit einer lose verlegten und mit Kies beschwerten TPO-Abdichtung. Eine Lage aus 1,3 mm dicken TPO-Dachbahnen wurde zusätzlich unter der Kieslage als Schutzschicht aufgebracht. In Vollholz verkleidete und isolierte Stahlträger bilden das statische Gerüst dieses Daches. Unter, zwischen und oberhalb der Stahlträger wurden jeweils Lagen von Wärmedämmung eingebaut, wobei raumseitig die Dampfbremse angeordnet wurde.

Das Hauptdach ist - ähnlich einem Flugzeugflügel - komplett in Stahl ausgeführt. Die obere und untere Dachfläche besteht aus Stahlblechen unterschiedlicher Stärke, die werkseitig mit innen liegenden senkrechten Stegen zu 19 Fertigteilen verschweißt wurden. Die Bleche wurden mit Nut und Feder ineinander gesteckt, um die Schweißnähte verlässlich dicht auszubilden. Die Fertigteile wurden dann nahe der Baustelle an den mittigen Torsionskasten als konstruktiven Einheit zusammengeschweißt. Das Dach ist mittig auf ca. 70 cm überhöht und verjüngt sich nach außen auf ca. 4 cm; hier sammelt eine verdeckte und komplett umlaufende Rinne das Regenwasser, welches wiederum über vier Abläufe zurück in die Stützen geleitet wird.

Die eigentliche Fertigstellung der Dachkonstruktion musste gut organisiert sein, denn der Grenzübergang durfte nur für einen Tag gesperrt werden. Die 150 Tonnen schwere Stahlkonstruktion wurde mittels dreier Tieflader hydraulisch angehoben und mit je einer Zugmaschine vorne und hinten zur Grenzstation transportiert. Dort hoben drei Autokräne das Dach an, während die Stützen montiert wurden.

Nachdem die Entwässerungsrohre mit den Fallleitungen vermufft worden waren, wurde das Dach schließlich auf die Stützenköpfe geschweißt. Außer der notwendigen Schutzbeschichtung der Bleche wurde eine reflektierende Beschichtung aus Eisenglimmer aufgebracht, die das Dach als Reflektor erscheinen lässt: Auf dem inneren Flachdach des Inselgebäudes wurden Scheinwerfer montiert, die das Hauptdach anstrahlen, das das Kunstlicht wiederum flächig und blendfrei nach unten lenkt. In der Dämmerung fängt die Grenzstation an zu schimmern; einzelne Lichtakzente lassen das architektonisch und ingenieurmäßig anspruchsvolle Projekt zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen.

Bautafel

Architekten: Aix Architects, Feldkirch/A
Projektbeteiligte: Josef Truog, Michelangelo Zaffignani, Thomas Stangl
Bauherr: Bundesimmobiliengesellschaft, Wien/A
Fertigstellung: 2003
Standort: Liechtensteinerstrasse 139, Feldkirch/A
Bildnachweis: Ignacio Martinez, Navia/E

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