Gleichrichterwerk 106 in Berlin

Zweischalige Sichtbetonkonstruktion mit Punktrelief

Für den Betrieb von Straßenbahnen muss Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt werden. Dies geschieht in sogenannten Gleichrichterwerken. Mehr als 80 davon gibt es in Berlin; eines der jüngsten ist das Gleichrichterwerk 106. Es entstand nach Plänen von Bolwin Wulf Architekten in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof und war aufgrund der Verlängerung der Straßenbahnlinie M10 in Richtung Westen notwendig geworden.

Die Stirnseiten des rahmenartigen Sichtbetonbaus sind mit leuchtend gelben Blechpaneelen geschlossen
Zur neuen Clara-Jaschke-Straße hin definiert das Gleichrichterwerk die Flucht der hier zukünftig entstehenden Gebäude
Die Ostfassade ist mit einem Relief in Brailleschrift verziert

Die Berliner Architekten schufen einen rahmenartigen, zweischaligen und kerngedämmten Sichtbetonbau mit teils schrägen Wänden, dessen Stirnseiten sie mit leuchtend gelben Blechpaneelen in der Firmenfarbe der Berliner Verkehrsbetriebe schlossen. Anders als viele Betriebsgebäude dieser Art zeigt dieses kleine Bauwerk mit einer Bruttogeschossfläche von 215 Quadratmetern den hohen Gestaltungsanspruch der Planer. Und der ist berechtigt, kommt ihm doch stadträumlich eine nicht ganz unbedeutende Rolle zu: An der neuen Clara-Jaschke-Straße soll es die Flucht der hier zukünftig entstehenden Gebäude aufnehmen, außerdem die Lücke zwischen dem 1978 errichteten Landeslabor an der Invalidenstraße und dem Bahnviadukt soweit wie möglich schließen und damit dem bislang unstrukturierten Straßenraum eine gewisse Ordnung verleihen. Zur Aufwertung des Areals trägt auch die Gestaltung der dreieckigen Freifläche westlich des Neubaus bei. Sie erhielt einen neuen Bodenbelag, der teils aus Sand und Kies, teils aus Beton besteht und eine landschaftsplanerische Fortführung der Gebäudehülle darstellt. Anschauen kann man sich das am besten von der Betonbank aus, die in die Westwand eingelassen ist.

Die Ostfassade zur Clara-Jaschke-Straße ist mit einem Relief in Brailleschrift verziert, das dem Raster der Betonspannlöcher folgt und auf die ehemalige Nutzung des Areals hinweist. Die Zeichen stehen für ULAP, kurz für Universum-Landes-Ausstellungs-Park, einem zwischen 1880 und den 1920er-Jahren genutzten Platz an dieser Stelle. Ein einziges, schmales Fenster ermöglicht den Blick auf die technischen Anlagen im Inneren des Gebäudes. Die Zugänge sind in die jeweils deutlich zurückgesetzten Blechverkleidungen der Nord- und Südfassade planeben eingelassen. In diese sind auch die erforderlichen Zu- und Abluftöffnungen der Trafoanlagen integriert. Sie zeichnen sich als Lochfelder in der mit Mineralwolle gedämmten Blechbeplankung ab.

Beton
Beide Längswände und das nahtlos anschließende Dach sind als zweischalige Betonkonstruktion mit Kerndämmung ausgeführt. Die innere Schale besteht wie die Bodenplatte aus WU-Beton und ist 25 cm dick, die Kerndämmung 8 cm und die äußere Stahlbetonschicht 27 cm. Letztere wurde monolithisch in einem Guss hergestellt. Ein einziges mittiges Festlager verbindet die Schalen miteinander. Die Außenflächen wurden überwiegend glatt geschalt, in Teilbereichen aber auch durch Sandstrahlen optisch nachbehandelt. Abschließend wurde ein Graffitischutz aufgetragen, innenseitig erhielten die Oberflächen eine farblose Lasur.

Bautafel

Architekten: Bolwin Wulf, Berlin
Projektbeteiligte: Sabine Krischan, Berlin (Ausführungsplanung, Baubegleitung); BIG Architekten und Ingenieure, Berlin (Bauleitung); BWE-Ingenieurgesellschaft, Mittenwalde (Gebäudetechnik); Bleck & Söhne Hoch- und Tiefbau, Berlin (Bauunternehmen)
Bauherr: Berliner Verkehrsbetriebe BVG
Standort: Clara-Jaschke-Straße, 10557 Berlin
Fertigstellung: 2014
Bildnachweis: Kerstin Ehmer, Berlin für Bolwin Wulf Architekten

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Technische Bearbeitung

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