Gesetz der ersten Wellenfront

Präzedenz- oder Haas-Effekt

Vor allem in der Raumakustik ist das Verhalten des Gehörs bei gleichzeitiger Wahrnehmung mehrerer Schallquellen bedeutungsvoll. Befinden sich zwei gleiche Schallquellen, die kohärente Schallsignale abstrahlen, in ein- und demselben Abstand vom Hörer, so entsteht ein Mitteneindruck. Im Ergebnis dieses so genannten Summenlokalisationseffektes wird also nur eine fiktive Schallquelle auf der Winkelhalbierenden wahrgenommen. Ist eine der beiden Schallquellen lauter als die andere, so liegt die fiktive Quelle näher in deren Richtung. Wird das Signal einer der beiden Quellen zeitverzögert, so verschiebt sich die Lage der fiktiven Quelle in Richtung auf die früher einwirkende. Das gilt aber nur bis zu Zeitverzögerungen von etwa 1 bis 5 ms. Größere Zeitverzögerungen bis zu ungefähr 25 bis 50 ms haben zur Folge, dass nur noch die früher einwirkende Quelle geortet wird.

Man bezeichnet das als Gesetz der ersten Wellenfront (auch Präzedenz- oder Haas-Effekt). Es wird nur die Schalleinfallsrichtung des Primärschalles wahrgenommen, und das selbst dann, wenn das verzögert eintreffende Schallsignal um 5 bis 10 dB höhere Schalldruckpegel aufweist. Das bedeutet, dass die Schallquelle in einem Auditorium durch kurzzeitige Reflexionen verstärkt wird, ohne dass sich der Richtungseindruck der Schallwahrnehmung ändert.

In der Beschallungstechnik lässt sich das Gesetz der ersten Wellenfront dazu nutzten, den Schalldruckpegel vor allem im hinteren Zuhörerbereich durch Lautsprecher, die mit entsprechender Verzögerung betrieben werden, zu erhöhen, ohne dass diese geortet werden. Von dieser Möglichkeit wird bei Beschallungsanlagen für große Auditorien und für Freilichtbühnen in umfangreichem Maße Gebrauch gemacht.

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