Gegenwärtige Situation der Ballungsräume

Aufstockungen können dem Wonraummangel entgegenwirken

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist, vor allem in Metropolregionen, Ballungsräumen sowie Groß- und Universitätsstädten, mittlerweile ein bekanntes Problem. Diese Entwicklung wird durch akkumulierte Wanderungsbewegungen und das Schwarmverhalten junger Generationen verstärkt, die für Ausbildung, Studium und Berufseinstieg in Metropolen und Großstädte ziehen. Laut der 2017 veröffentlichten Studie Bevölkerungsentwicklung in den deutschen Bundesländern bis 2035 des Instituts der deutschen Wirtschaft, die die Bevölkerungsentwicklung am Beispiel 41 deutscher Großstädte untersuchte, wuchs die Bevölkerung dort von 2010 bis 2015 von 17,9 Mio. auf 18,9 Mio; dieser Trend wird sich laut der Forschenden auch in den kommenden Dekaden fortsetzen. Allerdings dämpfe die Coronopandemie die Zuwanderung, weshalb die Zunahme etwas geringer ausfallen wird als bisher angenommen, so eine neue Studie des Hamburger GEWOS Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung aus dem Jahr 2020. Laut dieser liege Leipzig mit einem Zuwachs von 12,7 Prozent bis 2035 ganz vorn, gefolgt von Berlin mit einem Zuwachs von 6,6 Prozent und Frankfurt am Main mit 6,2 Prozent.

Eine weitere Versiegelung von Freiflächen durch die Erschließung neuer Baugebiete hätte jedoch weitreichende negative Folgen für die Umwelt und das Klima: Von den 357.409 Quadratkilometern Fläche in Deutschland sind zum Zeitpunkt 2019 bereits 13,7 Prozent als Gebäude-, Siedlungs- und Verkehrsfläche ausgewiesen – pro Tag nimmt die Fläche um sechzig Hektar zu. Eine systematische Nachverdichtung, vor allem in Form von Dachaufstockungen, hat das Potenzial dem Wohnraummangel entgegenzuwirken, ohne die Versiegelung weiterer Freiflächen in Kauf zu nehmen.

Die Bundesregierung reagierte bereits auf die zunehmende Flächenversiegelung und setzte sich das sogenannte „30-Hektar-Ziel“, nach dem täglich nur noch dreißig Hektar neue Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrsflächen in Anspruch genommen werden sollen. Die zwei Deutschlandstudien 2016 und 2019 der Technischen Universität Darmstadt und des Pestel Instituts Hannover untersuchten, wie es gelingen kann, zusätzlichen Wohnraum einschließlich der dazugehörigen sozialen und technischen Infrastruktur zu schaffen und dabei bereits versiegelte Flächen durch Aufstockungen oder Umnutzungen effizienter zu nutzen.

Im Rahmen der Studien wurden verschiedene Typologien in Innenstädten in ungesättigten Wohnungsmärkten betrachtet, bei denen Möglichkeiten der Umnutzung oder Aufstockung bestehen. Aus den Untersuchungen ergaben sich folgende Potenziale:

  • 1,1 bis 1,5 Mio. Wohneinheiten auf Wohngebäuden der 1950er bis 1190er-Jahre
  • 20.000 Wohneinheiten oder soziale Infrastruktur auf Parkhäusern der Innenstädte
  • 560.000 Wohneinheiten durch Aufstockung von Büro- und Verwaltungsgebäuden
  • 350.000 Wohneinheiten durch Umnutzung des Überhangs (Leerstand) von Büro- und Verwaltungsgebäuden
  • 400.000 Wohneinheiten auf den Flächen von eingeschossigem Einzelhandel, Discountern und Märkten, bei Erhalt der Verkaufsflächen

Insgesamt bieten die betrachteten Gebäudetypologien somit ein Potenzial von 2,3 Mio. bis 2,7 Mio. Wohnungen.

Verglichen mit der Einwohnerdichte europäischer Metropolen, zeigt sich ein ungenutztes Entwicklungspotenzial in deutschen Großstädten. Dabei geht es aber nicht allein um die Quantität der geschaffenen Wohnräume, sondern auch um die Qualität der stadträumlichen Situation und die Verbesserungspotenziale für Umfeld und Anwohnende. Mithilfe einer strategischen Nachverdichtung kann also auch die Attraktivität einer Stadt gesteigert werden. -si

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