Fuglsang Kunstmuseum in Toreby Lolland

Klar und dezent in Weiß

Während die meisten Museen in einem städtischen Kontext stehen, erreicht man das Fuglsang Kunstmuseum im dänischen Lolland erst nach einer langen Reise durch eine weite, offene Landschaft. An deren Ende empfängt den Besucher ein eher loses Ensemble von Bauten. Diese wie zufällig verteilten Gebäude, eine lang gestreckte Scheune im Westen und ein aus hellem Ziegel errichtetes Verwalterhaus im Norden, deuten einen Hof mehr an, als dass sie ihn tatsächlich fassen. Die südliche Begrenzung des Ensembles bildet, etwas abgesetzt von den übrigen Gebäuden, ein Herrenhaus aus roten Ziegeln, das in den vergangenen Jahren bereits für Konzerte und andere Veranstaltungen genutzt wurde.

Fuglsang Kunstmuseum in Toreby Lolland
Fuglsang Kunstmuseum in Toreby Lolland
Fuglsang Kunstmuseum in Toreby Lolland

Hier errichtete der englische Architekt Tony Fretton einen Museumsneubau, der in seiner eigenwilligen Schlichtheit das Areal neu ordnet. Nach Osten, zum nahen Meer hin, ließ er den Hof offen und stellte das Ausstellungsgebäude mit dem Verwalterhaus in eine Flucht. Der Blick auf die besondere Landschaft soll das Erste sein, was Besucher wahrnehmen, wenn sie sich dem Museum nähern. Mit dieser Vorstellung richtete sich der Architekt gegen die Vorgaben des eingeladenen Wettbewerbs.

Die Fassade springt im Eingangsbereich ein Stück zurück und macht so Platz für die Besucher; Meer und Landschaft verschwinden vorübergehend aus dem Blickfeld. Eine Überdachung in Form eines ausgeschnittenen, offenen Würfels bietet Schutz vor Regen und mündet in den exakt gleich dimensionierten gläsernen Windfang, der in die Eingangshalle eingestellt ist. Das Foyer nimmt neben einem Café auch einen Buchladen, den Empfang und weitere öffentliche Räume auf. Große Fenster geben den Blick auf den Hof und ein Atelier sowie auf einen rückwärtigen Garten frei. Im ersten Stock befinden sich eine Bücherei und die Verwaltung.

In direkter Verlängerung des Foyers liegt der zentrale Ausstellungssaal, um den sich weitere Räume gruppieren. Der Saal bietet den gleichen Meerblick, der im Eingangsbereich der Anlage zu sehen ist. Die umliegenden Räume sind abhängig von den Exponaten unterschiedlich groß und unterschiedlich stark belichtet: Es gibt solche mit Oberlichtern, Panoramafenstern oder auch ganz ohne Tageslichteinfall. Zwischen den Ausstellungssälen können sich die Besucher in kleinen Zwischenräumen, so genannten „Pockets“, jeweils auf ein einzelnes Kunstwerk konzentrieren. Das Ende der Ausstellung markiert ein „Zimmer mit Aussicht“, das anstelle von Bildern und Objekten den Blick auf die Landschaft frei gibt.

Mauerwerk
Subtil nimmt der Neubau Stilelemente des Herrenhauses auf und interpretiert sie dann eigenständig: Die beiden gleich langen Häuser sind geprägt durch Backsteinfassaden - rot das Herrenhaus, weiß gestrichen der Neubau. Die Giebel des Herrenhauses finden ihre Entsprechung in drei diagonal gestellten Dachaufbauten aus grauem Backstein, die der gezielten Belichtung des Museums dienen.

Die Museumsräume hätten sich im Laufe des Entwurfs „empirisch entwickelt“ und analog zu den bestehenden Bauten in Fuglsang werde die Verbindung einzig über gewisse Ähnlichkeiten in Form und Material geschaffen, so Tony Fretton. Das Museum solle sich durch "vage Unterschiede auszeichnen, die auf eine zurückhaltende Weise stimulieren".

Das Besondere an diesem Museum ist gewiss die Virtuosität, mit der hier tief gestapelt wird:  Im Mittelpunkt steht eben nicht eine vordergründige und selbstgefällige Ausstellungsarchitektur, sondern ein raffinierter Baukörper, der viel Raum für die Kunst lässt.

Bautafel

Architekten: Tony Fretton Architects, London
Projektbeteiligte: BBP Arkitekter, Copenhagen (Ausführungsplanung);  Birch & Krogboe, Virum (Statik);  Schønherr Landskab, Copenhagen (Landschaftsarchitektur); Randers Tegl, Bad Bramstedt (Mauerwerk)
Bauherr: Bygningsfonden / The Building Foundation, Nystedvej
Fertigstellung: 2008
Standort: Nystedvej 71, Nysted
Bildnachweis: Hélène Binet, London (1, 2 und 12); Ingrid Fotografi, Nykobing (4, 5); Klaus Bang (6), Finn Brasen, Bandholm (8), Peter Cook (9 - 13), Tony Fretton Architects, London (14, 15)

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