Franz-Liszt-Saal in Raiding/A

Fichten-Holzbox mit Blob-Platten

Der Konzertsaal im österreichischen Raiding liegt im Garten des Geburtshauses des Komponisten und Klaviervirtuosen Franz Liszt. Er ist als klarer, symmetrischer und zurückhaltender Baukörper gestaltet, der im Zusammenhang mit der umgebenden dörflichen Bebauung qualitätvolle Außenräume erzeugt. Der Kubus des Konzertsaals mit 600 Sitzplätzen wird von einem flacheren Kubus mit Foyer und den Garderoben eingefasst. Den geschlossenen Baukörper öffnen die Architekten im Erdgeschoss mit einem großflächigen Fensterausschnitt, womit auch der Aufgang zum oberen Rang inszeniert wird. Das umgebende Foyer im Innern wird so in den Außenraum erweitert.

Großflächiger Fensterausschnitt im Erdgeschoss
Inszenierung des Aufgangs zum oberen Rang
Der Konzertsaal mit einer Innenschale aus bombiertem Fichtenholz

Bei der Materialwahl für das Konzerthaus brechen die Architekten mit der klassischen Strenge ihrer Konzeption: Die Außenhaut besteht aus einer weißen Kunststoffschicht, die einfach auf die Dämmplatten aufgespritzt wurde. Die Türen des Gebäudes bestehen dagegen aus Lärchenholz, die großen Öffnungen zum Garten sind nicht mit Glas gefüllt, sondern mit Acrylglasplatten, die aus einem Stück angefertigt werden können: Die größte misst 4 x 18 m.

Akustik
Die Architekten wollten für den eingestellten Konzertsaal einen synthetischen und ganzheitlichen Raum erzeugen. Dabei greifen sie auf das klassische Konzept des Konzertsaals als "Schuhschachtel" zurück. Es wurde eine Raumproportion kreiert, die vergleichbar ist mit Musiksälen des 19. Jahrhunderts. Der Raum wird dabei aus Holzleimbindern konstruiert, die ein vereinheitlichendes Raster mit einem maximalen konstruktiven Abstand von ca. 2,60 bis 3,60 m formen, wobei Wand und Decke gleichartig behandelt werden. Dadurch entsteht eine sehr gute akustische Grundstruktur.
In 4,00 m Höhe umschließt ein umlaufender Balkon den gesamten Saal. Dieser bietet gute Sichtbedingungen und wirkt sich ebenfalls günstig auf die Raumakustik aus.

Das Leimbinderraster wurde mit Dreischichtplatten aus Fichtenholz ausgefacht. Damit die gewünschte starke Resonanz erzielt wird, sind diese Platten mit einem Gewicht von bis zu 350 kg pro Stück (40 kg/m²) außergewöhnlich schwer. Um ein Flatterecho zwischen den Wänden zu vermeiden und eine möglichst diffuse Verteilung des Tones im Raum zu erzeugen, wurden die Platten dreidimensional zur Mitte hin gekrümmt. Dies wurde möglich durch den Einsatz einer CNC-Fräse, wobei allein die Oberschicht der Dreischichtplatte bearbeitet wurde (der Vorgang wird "bombieren" genannt). Die Platte variiert in ihrer Dicke zwischen 12 cm in der Mitte und 8 cm am Rand.

Der Fußboden des Saales wurde als Doppelboden realisiert und ist – wie das Foyer - mit Eichenparkett versehen. Der entstehende Zwischenraum innerhalb des Fußbodens wird als Plenum für die Belüftung des Raumes mit Quellluft benutzt. Das Absaugen der Luft erfolgt über Fugen in der Decke.

Bautafel

Architekten: Atelier Kempe Thill, Rotterdam/NL
Projektbeteiligte: Vasko Woschitz, Eisenstadt (Tragwerksplanung); Manfred Draxl, Mils (Licht); Karlheinz Müller, Planegg (Akustik)
Bauherr: Franz-Liszt-Gesellschaft Burgenland, Eisenstadt
Fertigstellung: Oktober 2006
Standort: Raiding
Bildnachweis: Ulrich Schwarz, Berlin

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