Flughafen Guelmim

Perforierte Metallblenden in Wüstenfarben

Das marokkanische Guelmim liegt in den südlichsten Ausläufern des Atlasgebirges, einem Gebiet, das durch das trockenheiße Klima der Sahara geprägt ist. Weit über hunderttausend Menschen leben in der Stadt, die als Militärstützpunkt dient und bereits seit dem 11. Jahrhundert ein Handelszentrum ist. 2018 wurde der neue Regionalflughafen eröffnet und aus pragmatischen Gründen in den Militärstützpunkt integriert – wichtige Infrastruktur, wie nicht zuletzt die Landebahn, war bereits vorhanden. Die marokkanischen Groupe 3 Architekten planten eine An- und Abflughalle, die sich wie „Land Art“ ins Terrain fügen soll. Die Konturen des lang gestreckten, kantigen Quaders zeichnen sich vor der kargen Gebirgslandschaft im Norden klar ab; die Farben des metallischen Sonnenschutzes jedoch, der das Gebäude bis auf eine verglaste Zone im Erdgeschoss komplett umhüllt, zitieren mit erdigen Tönen die Umgebung.

Schutz vor der Sahara-Sonne bietet eine mit Abstand vorgehängte Fassade aus perforierten Metallplatten.
Das skulpturale Erscheinungsbild des Bauwerks, das sich gleichsam als riesiger Block aus der Landschaft hebt, wird durch die im Erdgeschoss zurückgesetzte Glasfassade noch betont.
Durch die wechselvolle Anordnung innerhalb der Fassade und eine landschaftlich inspirierte Farbpalette aus sechs erdigen Tönen zwischen Rostrot, Ocker und Dunkelbraun entsteht ein lebendiges Relief.

Dachgarten zur Durchlüftung und Belichtung der Hallen

Neben der Abfertigungshalle (Terminal 1) umfasste die Bauaufgabe mehrere Betriebsgebäude sowie Parkplätze. Dabei entfielen 7.000 Quadratmeter auf das Terminalgebäude und 2.000 Quadratmeter auf Nebenfunktionen. Damit der Flughafen in dieser unwirtlichen Gegend nördlich von Guelmim langfristig nutzbar ist, standen Einfachheit, Effizienz, ökologische Nachhaltigkeit und bauliche Erweiterbarkeit im Vordergrund der Planung. Inspiriert durch die oftmals geradlinigen Horizonte der vegetationslosen Landschaft, entstand ein lineares Gebäude mit rechteckigem Grundriss, ausgerichtet am Verlauf der Start- und Landebahn. Es ist in Längsrichtung dreigeteilt: Auf einer Seite befindet sich die öffentliche Halle mit den Schaltern der Fluggesellschaften, auf der anderen Seite der Sicherheitsbereich mit Wartezonen, Abfluggates und Duty Free. Zwischen den hohen, von Pultdächern bedeckten Hallen befindet sich ein zweigeschossiger Betonkern. Im Erdgeschoss ist die Kontrollzone untergebracht, in der Passagiere und Handgepäck auf gefährliche Gegenstände überprüft werden. Außerdem befinden sich hier Büros und Nebenfunktionen wie Sanitärräume. Darüber durchzieht ein sogenannter Patio-Garten das Bauwerk: Der mittige Dachgarten dient der Durchlüftung und Belichtung der Hallen und setzt sich mit Galerien zu beiden Seiten fort.

Thermische Hülle aus Glas und Metallvorhang

Das Terminalgebäude hat eine thermische Hülle aus Glas – eine Pfosten-Riegel-Konstruktion – und eine im Abstand von etwa vier Metern vorgehängte Konstruktion als Sonnenschutz: Perforierte Aluminiumplatten, die an den Stahlträgern der auskragenden Pultdächer aufgehängt sind. Mit sich überlagernden Kanten wurden die rechteckigen Platten in variierender Tiefe montiert. Durch die wechselvolle Anordnung innerhalb der Fassade und eine landschaftlich inspirierte Farbpalette aus sechs erdigen Tönen zwischen Rostrot, Ocker und Dunkelbraun entsteht ein lebendiges Relief. Das auf den ersten Blick zufällige Muster erweist sich als repetitiv. Die Verteilung der Plattentiefen im pixeligen Zick-Zack ist eine Anspielung auf die zinnenartig getreppten Traufkanten traditioneller Berberarchitektur.

Farbmuster in Wüstentönen

In der Taktung des Reliefs wiederholt sich das Farbmuster. Mit zunehmender Entfernung verschwimmen die Farbfelder und tragen zum monolithischen Gesamteindruck bei, verstärkt durch ihre Zonierung von dunklen über helle bis hin zu rötlichen Brauntönen im obersten Drittel. Das skulpturale Erscheinungsbild des Bauwerks, das sich gleichsam als riesiger Block aus der Landschaft hebt, wird durch die im Erdgeschoss zurückgesetzte Glasfassade noch betont.

Perforierte Aluplatten

Die unregelmäßig gestreuten Perforationen der Aluminiumplatten variieren in Größe und Form. So entsteht ein insgesamt poröses Fassadenbild, das analog zu den Farbtönen an Ton, Lehm, Sand und andere Gesteinsschichten denken lässt. Die Halle erhält damit Tageslicht, die direkte Sonneneinstrahlung aber wird vermieden. Durch den weiten Dachüberstand entsteht ein zeitweise schattiger Umgang. Natürliches Licht gelangt zusätzlich über den begrünten Patio auf dem Dach der Sicherheitskontrolle in die Hallen. Der Dachgarten ist überspannt mit textilen Sonnensegeln, um eine Überhitzung und Blendung der Innenräume zu verhindern. Warme Luft, die sich tagsüber unterhalb der Hallendächer sammelt, kann beidseitig über die geschützte Vorzone und den Dachgarten ventilieren (Abb. 25).

Bautafel

Architekten: Groupe 3 Architectes, Rabat
Projektbeteiligte:
Omar Tijani, Skander Amine (Entwurfsteam); Vincent Missemer (Projektleitung); Atelier Bertrand Houin (Landschaftsarchitektur); Eurocoustic Saint-Gobain, Courbevoie (Deckenplatten); Rockwool, Gladbeck (Rockfon Akustik-Baffeln); Imat, Vitoria-Gasteiz (Sitzmöbel); PMS Alüminyum, Bursa (Perforierte Metallverkleidung)
Bauherr:
Office National Des Aéroports, Casablanca (ONDA)
Fertigstellung:
2018
Standort:
81000 Guelmim, Marokko
Bildnachweis: Fernando Guerra, Lissabon; Groupe 3 Architectes, Rabat

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Sonnenschutz und Fassade

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